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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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mit starren Augen immer auf eine Stelle gesehen. Woran denken Sie? Sie hören mich nicht?
    Von Tellheim
zerstreut. O ja! Aber sagen Sie mir doch, mein Fräulein, wie kam der Mohr in venetianische Dienste? Hatte der Mohr kein Vaterland? Warum vermietete er seinen Arm und sein Blut einem fremden Staate? –
    Das Fräulein
erschrocken. Wo sind Sie, Tellheim? – Nun ist es Zeit, daß wir abbrechen; – Kommen Sie! Indem sie ihn bei der Hand ergreift. – Franziska, laß den Wagen vorfahren.
    Von Tellheim
der sich von dem Fräulein los reißt und der Franziska nachgeht. Nein, Franziska; ich kann nicht die Ehre haben, das Fräulein zu begleiten. – Mein Fräulein, lassen Sie mir noch heute meinen gesunden Verstand, und beurlauben Sie mich. Sie sind auf dem besten Wege, mich darum zu bringen. Ich stemme mich, so viel ich kann. – Aber weil ich noch bei Verstande bin: so hören Sie, mein Fräulein, was ich fest beschlossen habe; wovon mich nichts in der Welt abbringen soll. – Wenn nicht noch ein glücklicher Wurf für mich im Spiele ist, wenn sich das Blatt nicht völlig wendet, wenn –
    Das Fräulein
. Ich muß Ihnen ins Wort fallen, Herr Major. – Das hätten wir ihm gleich sagen sollen, Franziska. Du erinnerst mich auch an gar nichts. – Unser Gespräch würde ganz anders gefallen sein, Tellheim, wenn ich mit der guten Nachricht angefangen hätte, die Ihnen der Chevalier de la Marliniere nur eben zu bringen kam.
    Von Tellheim
. Der Chevalier de la Marliniere? Wer ist das?
    Franziska
. Es mag ein ganz guter Mann sein, Herr Major, bis auf –
    Das Fräulein
. Schweig, Franziska! – Gleichfalls ein verabschiedeter Offizier, der aus holländischen Diensten –
    Von Tellheim
. Ha! der Lieutenant Riccaut!
    Das Fräulein
. Er versicherte, daß er Ihr Freund sei.
    Von Tellheim
. Ich versichere, daß ich seiner nicht bin.
    Das Fräulein
. Und daß ihm, ich weiß nicht welcher Minister, vertrauet habe, Ihre Sache sei dem glücklichsten Ausgange nahe. Es müsse ein Königliches Handschreiben an Sie unterwegens sein. –
    Von Tellheim
. Wie kämen Riccaut und ein Minister zusammen? – Etwas zwar muß in meiner Sache geschehen sein. Denn nur jetzt erklärte mir der Kriegszahlmeister, daß der König alles niedergeschlagen habe, was wider mich urgieret worden; und daß ich mein schriftlich gegebenes Ehrenwort, nicht eher von hier zu gehen, als bis man mich völlig entladen habe, wieder zurücknehmen könne. – Das wird es aber auch alles sein. Man wird mich wollen laufen lassen. Allein man irrt sich; ich werde nicht laufen. Eher soll mich hier das äußerste Elend, vor den Augen meiner Verleumder, verzehren –
    Das Fräulein
. Hartnäckiger Mann!
    Von Tellheim
. Ich brauche keine Gnade; ich will Gerechtigkeit. Meine Ehre –
    Das Fräulein
. Die Ehre eines Mannes, wie Sie –
    Von Tellheim
hitzig . Nein, mein Fräulein, Sie werden von allen Dingen recht gut urteilen können, nur hierüber nicht. Die Ehre ist nicht die Stimme unsers Gewissens, nicht das Zeugnis weniger Rechtschaffenen – –
    Das Fräulein
. Nein, nein, ich weiß wohl. – Die Ehre ist – die Ehre.
    Von Tellheim
. Kurz, mein Fräulein, – Sie haben mich nicht ausreden lassen. – Ich wollte sagen: wenn man mir das Meinige so schimpflich vorenthält, wenn meiner Ehre nicht die vollkommenste Genugtuung geschieht; so kann ich, mein Fräulein, der Ihrige nicht sein. Denn ich bin es in den Augen der Welt nicht wert, zu sein. Das Fräulein von Barnhelm verdienet einen unbescholtenen Mann. Es ist eine nichtswürdige Liebe, die kein Bedenken trägt, ihren Gegenstand der Verachtung auszusetzen. Es ist ein nichtswürdiger Mann, der sich nicht schämet, sein ganzes Glück einem Frauenzimmer zu verdanken, dessen blinde Zärtlichkeit –
    Das Fräulein
. Und das ist Ihr Ernst, Herr Major? – Indem sie ihm plötzlich den Rücken wendet. Franziska!
    Von Tellheim
. Werden Sie nicht ungehalten, mein Fräulein –
    Das Fräulein
bei Seite zur Franziska. Jetzt wäre es Zeit! Was rätst du mir, Franziska? –
    Franziska
. Ich rate nichts. Aber freilich macht er es Ihnen ein wenig zu bunt. –
    Von Tellheim
der sie zu unterbrechen kömmt. Sie sind ungehalten, mein Fräulein –
    Das Fräulein
höhnisch. Ich? im geringsten nicht.
    Von Tellheim
. Wenn ich Sie weniger liebte, mein Fräulein –
    Das Fräulein
noch in diesem Tone. O gewiß, es wäre mein Unglück! – Und sehen Sie, Herr Major, ich will Ihr Unglück auch nicht. – Man muß ganz uneigennützig lieben. – Eben

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