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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Komisches; die Witwe versichert, daß ihr der Zufall des Offiziers sehr nahe gehe, daß sie ihn aber darum nicht weniger liebe; und zugleich gibt sie seinem Sohn, ihrem Liebhaber, einen Wink mit den Augen, oder bezeigt ihm sonst ihre Zärtlichkeit durch Gebärden. Das ist der Inhalt des alten Stückes vom de Brosse, (135) und ist auch der Inhalt von dem neuen Stücke des Le Grand. Nur daß in diesem die Intrigue mit der Tochter weggeblieben ist, um jene fünf Akte desto leichter in einen zu bringen. Aus dem Vater ist ein Onkel geworden, und was sonst dergleichen kleine Veränderungen mehr sind. Es mag endlich entstanden sein wie es will; gnug, es gefällt sehr. Die Übersetzung ist in Versen, und vielleicht eine von den besten die wir haben; sie ist wenigstens sehr fließend, und hat viele drollige Zeilen.
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Vier und achtzigstes Stück
    Den 19ten Februar, 1768
    Den ein und funfzigsten Abend (Montags, den 27. Julius,) ward der Hausvater des Hrn. Diderot aufgeführt.
    Da dieses vortreffliche Stück, welches den Franzosen nur so so gefällt, – wenigstens hat es mit Müh und Not kaum ein oder zweimal auf dem Pariser Theater erscheinen dürfen, – sich, allem Ansehen nach, lange, sehr lange, und warum nicht immer? auf unsern Bühnen erhalten wird; da es auch hier nicht oft genug wird können gespielt werden: so hoffe ich, Raum und Gelegenheit genug zu haben, alles auszukramen, was ich sowohl über das Stock selbst, als über das ganze dramatische System des Verfassers, von Zeit zu Zeit angemerkt habe.
    Ich hole recht weit aus. – Nicht erst mit dem natürlichen Sohne, in den beigefügten Unterredungen, welche zusammen im Jahre 1757 herauskamen, hat Diderot sein Mißvergnügen mit dem Theater seiner Nation geäußert. Bereits verschiedne Jahre vorher ließ er es sich merken, daß er die hohen Begriffe gar nicht davon habe, mit welchen sich seine Landsleute täuschen, und Europa sich von ihnen täuschen lassen. Aber er tat es in einem Buche, in welchem man freilich dergleichen Dinge nicht sucht; in einem Buche, in welchem der persiflierende Ton so herrschet, daß den meisten Lesern auch das, was guter gesunder Verstand darin ist, nichts als Posse und Höhnerei zu sein scheinet. Ohne Zweifel hatte Diderot seine Ursachen, warum er mit seiner Herzensmeinung lieber erst in einem solchen Buche hervorkommen wollte: ein kluger Mann sagt öfters erst mit Lachen, was er hernach im Ernste wiederholen will.
    Dieses Buch heißt Les Bijoux indiscrets, und Diderot will es itzt durchaus nicht geschrieben haben. Daran tut Diderot auch sehr wohl; aber doch hat er es geschrieben, und muß es geschrieben haben, wenn er nicht ein Plagiarius sein will. Auch ist es gewiß, daß nur ein solcher junger Mann dieses Buch schreiben konnte, der sich einmal schämen würde, es geschrieben zu haben.
    Es ist eben so gut, wenn die wenigsten von meinen Lesern dieses Buch kennen. Ich will mich auch wohl hüten, es ihnen weiter bekannt zu machen, als es hier in meinen Kram dienet. –
    Ein Kaiser – was weiß ich, wo und welcher? – hatte mit einem gewissen magischen Ringe gewisse Kleinode so viel häßliches Zeug schwatzen lassen, daß seine Favoritin durchaus nichts mehr davon hören wollte. Sie hätte lieber gar mit ihrem ganzen Geschlechte darüber brechen mögen; wenigstens nahm sie sich auf die ersten vierzehn Tage vor, ihren Umgang einzig auf des Sultans Majestät und ein Paar witzige Köpfe einzuschränken. Diese waren, Selim und Riccaric: Selim, ein Hofmann; und Riccaric, ein Mitglied der Kaiserlichen Akademie, ein Mann, der das Altertum studieret hatte und ein großer Verehrer desselben war, doch ohne Pedant zu sein. Mit diesen unterhält sich die Favoritin einsmals, und das Gespräch fällt auf den elenden Ton der akademischen Reden, über den sich niemand mehr ereifert als der Sultan selbst, weil es ihn verdrießt, sich nur immer auf Unkosten seines Vaters und seiner Vorfahren darin loben zu hören, und er wohl voraussieht, daß die Akademie eben so auch seinen Ruhm einmal dem Ruhme seiner Nachfolger aufopfern werde. Selim, als Hofmann, war dem Sultan in allem beigefallen: und so spinnt sich die Unterredung über das Theater an, die ich meinen Lesern hier ganz mitteile.
    »Ich glaube, Sie irren sich, mein Herr: antwortete Ricaric dem Selim. Die Akademie ist noch itzt das Heiligtum des guten Geschmacks, und ihre schönsten Tage haben weder Weltweise noch Dichter auf zu weisen, denen wir nicht andere aus unserer Zeit entgegen setzen

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