Werke
gehangen, der ihnen mit mehrern kann gemein sein, daß, sage ich, dieser die Tragödie entkräften und zur Geschichte erniedrigen würde.
Aber Aristoteles sagt auch, daß die Poesie auf dieses Allgemeine der Personen mit den Namen, die sie ihnen erteile, ziele, ( όυ σοχαζεται ή ποιησις ονοματα επιτιϑεμενη ;) welches sich besonders bei der Komödie deutlich gezeigt habe. Und dieses ist es, was die Ausleger dem Aristoteles nach zu sagen sich begnügt, im geringsten aber nicht erläutert haben. Wohl aber haben verschiedene sich so darüber ausgedrückt, daß man klar sieht, sie müssen entweder nichts, oder etwas ganz falsches dabei gedacht haben. Die Frage ist: wie sieht die Poesie, wenn sie ihren Personen Namen erteilt, auf das Allgemeine dieser Personen? und wie ist diese ihre Rücksicht auf das Allgemeine der Person, besonders bei der Komödie, schon längst sichtbar gewesen?
Die Worte: εσι δε καϑολου μεν, τω ποιω τα ποι’ αττα συμβαινει λεγειν, η πραττειν κατα το εικος, η το αναγκαιον, όυ σοχαζεται ή ποιησις ονοματα επιτιϑεμενη , übersetzt Dacier: une chose generale, c’est ce que tout homme d’un tel ou d’un tel caractere, a dû dire, ou faire vraisemblablement ou necessairement, ce qui est le but de la Poesie lors même, qu’elle impose les noms à ses personnages. Vollkommen so übersetzt sie auch Herr Curtius: »Das Allgemeine ist, was einer, vermöge eines gewissen Charakters, nach der Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit redet oder tut. Diese Allgemeine ist der Endzweck der Dichtkunst, auch wenn sie den Personen besondere Namen beilegt.« Auch in ihrer Anmerkung über diese Worte, stehen beide für einen Mann; der eine sagt vollkommen eben das, was der andere sagt. Sie erklären beide, was das Allgemeine ist; sie sagen beide, daß dieses Allgemeine die Absicht der Poesie sei: aber wie die Poesie bei Erteilung der Namen auf dieses Allgemeine sieht, davon sagt keiner ein Wort. Vielmehr zeigt der Franzose durch sein lors même, so wie der Deutsche durch sein auch wenn, offenbar, daß sie nichts davon zu sagen gewußt, ja daß sie gar nicht einmal verstanden, was Aristoteles sagen wollen. Denn dieses lors même, dieses auch wenn, heißt bei ihnen nichts mehr als ob schon; und sie lassen den Aristoteles sonach bloß sagen, daß ungeachtet die Poesie ihren Personen Namen von einzeln Personen beilege, sie dem ohngeachtet nicht auf das Einzelne dieser Personen, sondern auf das Allgemeine derselben gehe. Die Worte des Dacier, die ich in der Note anführen will, (144) zeigen dieses deutlich. Nun ist es wahr, daß dieses eigentlich keinen falschen Sinn macht; aber es erschöpft doch auch den Sinn des Aristoteles hier nicht. Nicht genug, daß die Poesie, ungeachtet der von einzeln Personen genommenen Namen, auf das Allgemeine gehen kann: Aristoteles sagt, daß sie mit diesen Namen selbst auf das Allgemeine ziele, όυ σοχαζεται . Ich sollte doch wohl meinen, daß beides nicht einerlei wäre. Ist es aber nicht einerlei: so gerät man notwendig auf die Frage; wie zielt sie darauf? Und auf diese Frage antworten die Ausleger nichts.
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Neunzigstes Stück
Den 11ten März, 1768
Wie sie darauf ziele, sagt Aristoteles, dieses habe sich schon längst an der Komödie deutlich gezeigt: Επι μεν ουν της κωμωδιας ηδη τουτο δηλον γεγονεν συσησαντες γαρ τον μυϑον δια των εικοτων, όυτω τα τυχοντα ονοματα επιτιϑεασι, και ουχ ώσπερ όι ιαμβοποιοι περι των καϑ’ έκασον ποιουσιν. Ich muß auch hiervon die Übersetzung des Dacier und Curtius anführen. Dacier sagt: C’est ce qui est déja rendu sensible dans la Comedie, car les Poetes comiques, après avoir dressé leur sujet sur la vraisemblance imposent après cela à leurs personnages tels noms qu’il leur plait, et n’imitent pas les Poetes satyriques, qui ne s’attachent qu’aux choses particulieres. Und Curtius: »In dem Lustspiele ist dieses schon lange sichtbar gewesen. Denn wenn die Komödienschreiber den Plan der Fabel nach der Wahrscheinlichkeit entworfen haben, legen sie den Personen willkürliche Namen bei, und setzen sich nicht, wie die jambischen Dichter, einen besondern Vorwurf zum Ziele.« Was findet man in diesen Übersetzungen von dem,
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