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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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freundlichen Liebesworten, daß Ihr glaubt, nur Dörtje könne Euch lieben? Geht, geht, Peregrinus, die Erfahrung wird Euch eines Bessern überzeugen. Ihr seid ein ganz hübscher stattlicher Mann, und ich müßte nicht so verständig und scharfsichtig sein, als es der Meister Floh wirklich ist, wenn ich nicht voraussehen sollte, daß Euch das Glück der Liebe noch lachen wird auf ganz andere Weise, als Ihr es wohl jetzt vermutet.« –
    Peregrinus hatte dadurch, daß er an öffentliche Örter ging, bereits die Bahn gebrochen, und es wurde ihm nun weniger schwer, Gesellschaften zu besuchen, denen er sich sonst entzogen. Meister Floh tat ihm dabei mit dem mikroskopischen Glase vortreffliche Dienste, und Peregrinus soll während der Zeit ein Tagebuch gehalten und die wunderlichsten ergötzlichsten Kontraste zwischen Worten und Gedanken, wie sie ihm täglich aufstießen, aufgezeichnet haben. Vielleicht findet der Herausgeber des seltsamen Märchens, Meister Floh geheißen, künftig Gelegenheit, manches weiterer Mitteilung Würdige aus diesem Tagebuch ans Licht zu fördern; hier würde es nur die Geschichte aufhalten und darum dem geneigten Leser eben nicht willkommen sein. So viel kann gesagt werden, daß manche Redensarten mit den dazugehörenden Gedanken stereotypisch wurden, wie z.B. »Ich erbitte mir Ihren gütigen Rat,« lautet in Gedanken: »Er ist albern genug, zu glauben, daß ich wirklich in einer Sache, die längst beschlossen, seinen Rat verlange, und das kitzelt ihn!« – »Ich vertraue Ihnen ganz!« – »Ich weiß ja längst, daß du ein Spitzbube bist u.s.w.« Endlich darf auch noch bemerkt werden, daß manche Leute doch den Peregrinus mit seinen mikroskopischen Betrachtungen in große Verlegenheit setzten. Das waren nämlich die jungen Männer, die über alles in den höchsten Enthusiasmus geraten und sich in einen brausenden Strom der prächtigsten Redensarten ergießen konnten. Unter diesen schienen am tiefsten und herrlichsten junge Dichter zu sprechen, die von lauter Phantasie und Genialität strotzten und vorzüglich von Damen viel Anbetung erleiden mußten. Ihnen reihten sich schriftstellerische Frauen an, die alle Tiefen des Seins hienieden, sowie alle echt philosophische, das Innerste durchdringende Ansichten der Verhältnisse des sozialen Lebens, wie man zu sagen pflegt, recht am Schnürchen hatten und mit prächtigen Worten herzusagen wußten, wie eine Festtagspredigt. – Kam es dem Peregrinus wunderbar vor, daß die Silberfaden aus Gamahehs Gehirn herausrankten in ein unentdeckbares Etwas, so erstaunte er nicht weniger darüber, was er im Gehirn der erwähnten Leute wahrnahm. Er sah zwar das seltsame Geflecht von Adern und Nerven, bemerkte aber zugleich, daß diese gerade, wenn die Leute über Kunst und Wissenschaft, über die Tendenzen des höhern Lebens überhaupt ganz ausnehmend herrlich sprachen, gar nicht eindrangen in die Tiefe des Gehirns, sondern wieder zurückwuchsen, so daß von deutlicher Erkennung der Gedanken gar nicht die Rede sein konnte. Er teilte seine Bemerkung dem Meister Floh mit, der wie gewöhnlich in einer Falte des Halstuchs saß. Meister Floh meinte, daß das, was Peregrinus für Gedanken halte, gar keine wären, sondern nur Worte, die sich vergeblich mühten, Gedanken zu werden.
    Erlustigte sich nun Herr Peregrinus Tyß in der Gesellschaft auf mannigfache Weise, so ließ auch sein treuester Begleiter, Meister Floh, viel von seinem Ernste nach und bewies sich als ein kleiner schalkischer Lüstling, als ein aimable roué. Keinen schönen Hals, keinen weißen Nacken eines Frauenzimmers konnte er nämlich sehen, ohne bei der ersten besten Gelegenheit sich aus seinem Schlupfwinkel hervor und auf den einladenden Sitz zu schwingen, wo er jeder Nachstellung gespitzter Finger geschickt zu entgehen wußte. Dies Manöver umfaßte ein doppeltes Interesse. Einmal fand er selbst seine Lust daran, dann wollte er aber auch Peregrinus’ Blicke auf Schönheiten ziehen, die Dörtjes Bild verdunkeln sollten. Dies schien aber ganz vergebliche Mühe zu sein; denn keine einzige der Damen, denen sich Peregrinus ohne alle Scheu mit voller Unbefangenheit näherte, kam ihm so gar hübsch und anmutig vor als seine kleine Prinzessin. Weshalb aber auch nun vollends seine Liebe zur Kleinen festhielt, war, daß bei keiner er Worte und Gedanken so zu seinen Gunsten übereinstimmend fand als bei ihr. Er glaubte sie nimmermehr lassen zu können und erklärte dies unverhohlen. Meister Floh ängstigte

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