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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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sich nicht wenig.
    Peregrinus bemerkte eines Tages, daß die alte Aline schalkisch vor sich hinlächelte, öfter als sonst Tabak schnupfte, sich räusperte, undeutliches Zeug murmelte, kurz, in ihrem ganzen Wesen tat wie jemand, der etwas auf dem Herzen hat und es gern los sein möchte. Dabei erwiderte sie auf alles: »Ja! – man kann das nicht wissen, man muß das abwarten!« – mochten nun diese Redensarten passen oder nicht. »Sage,« rief Peregrinus endlich voll Ungeduld, »sage Sie es nur lieber gleich heraus, Aline, was es wieder gibt, ohne so um mich herumzuschleichen mit geheimnisvollen Mienen.«
    »Ach,« rief die Alte, indem sie die dürren Fäuste zusammenschlug, »ach, das herzige allerliebste Zuckerpüppchen, das zarte liebe Ding!«
    »Wen meint Sie denn?« unterbrach Peregrinus die Alte verdrießlich.
    »Ei,« sprach diese schmunzelnd weiter, »ei, wen sollte ich denn anders meinen als unsere liebe Prinzeß hier unten bei Herrn Swammer, Ihre liebe Braut, Herr Tyß.«
    »Weib,« fuhr Peregrinus auf, »unglückliches Weib, sie ist hier, hier im Hause, und das sagst du mir erst jetzt?«
    »Wo sollte,« erwiderte die Alte, ohne im mindesten aus ihrer behaglichen Ruhe zu kommen, »wo sollte die Prinzeß auch wohl anders sein, als hier, wo sie ihre Mutter gefunden hat.«
    »Wie,« rief Peregrinus, »was sagt Sie, Aline?«
    »Ja,« sprach die Alte, indem sie den Kopf erhob, »ja, Aline, das ist mein rechter Name, und wer weiß, was in kurzer Zeit, vor Ihrer Hochzeit, noch alles an das Tageslicht kommen wird.«
    Ohne sich an Peregrinus’ Ungeduld, der sie bei allen Engeln und Teufeln beschwor, doch nur zu reden, zu erzählen, auch nur im mindesten zu kehren, nahm die Alte gemächlich Platz in einem Lehnstuhl, zog die Dose hervor, nahm eine große Prise und bewies dann dem Peregrinus sehr umständlich mit vielen Worten, daß es keinen größern, schädlichern Fehler gäbe, als die Ungeduld.
    »Ruhe,« so sprach sie, »Ruhe, mein Söhnchen, ist dir vor allen Dingen nötig; denn sonst läufst du Gefahr, alles zu verlieren in dem Augenblick, als du es gewonnen zu haben glaubst. Ehe du ein Wörtchen von mir hörst, mußt du dich dort still hinsetzen wie ein artiges Kind und mich beileibe nicht in meiner Erzählung unterbrechen.«
    Was blieb dem Peregrinus übrig, als der Alten zu gehorchen, die, sowie Peregrinus Platz genommen, Dinge vorbrachte, die wunderlich und seltsam genug anzuhören waren.
    So wie die Alte erzählte, hatten die beiden Herren, nämlich Swammerdamm und Leuwenhoek, sich in dem Zimmer noch recht tüchtig herumgebalgt und dabei entsetzlich gelärmt und getobt. Dann war es zwar stille geworden, ein dumpfes Ächzen hatte indessen die Alte befürchten lassen, daß einer von beiden auf den Tod verwundet. Als nun aber die Alte neugierig durch das Schlüsselloch guckte, gewahrte sie ganz etwas anderes, als sie geglaubt. Swammerdamm und Leuwenhoek hatten den George Pepusch erfaßt und strichen und drückten ihn mit ihren Fäusten so, daß er immer dünner und dünner wurde, worüber er denn so ächzte, wie es die Alte vernommen. Zuletzt, als Pepusch so dünn geworden wie ein Distelstengel, versuchten sie, ihn durch das Schlüsselloch zu drücken. Der arme Pepusch hing schon mit dem halben Leibe heraus auf den Flur, als die Alte entsetzt von dannen floh. Bald darauf vernahm die Alte ein lautes schallendes Gelächter und gewahrte, wie Pepusch in seiner natürlichen Gestalt von den beiden Magiern ganz friedlich zum Hause hinausgeführt wurde. In der Türe des Zimmers stand die schöne Dörtje und winkte die Alte hinein. Sie wollte sich putzen und hatte dabei die Hilfe der Alten nötig.
    Die Alte konnte gar nicht genug von der großen Menge Kleider reden, die die Kleine aus allerlei alten Schränken herbeigeholt und ihr gezeigt, und von denen eins immer reicher und prächtiger gewesen als das andere. Dann versicherte die Alte auch, daß wohl nur eine indische Prinzessin solch Geschmeide besitzen könne als die Kleine; die Augen täten ihr noch weh von dem blendenden Gefunkel.
    Die Alte erzählte weiter, wie sie mit dem lieben Zuckerkinde während des Ankleidens dies und jenes gesprochen, wie sie an den seligen Herrn Tyß, an das schöne Leben, das sonst im Hause geführt worden, gedacht, und wie sie zuletzt auf ihre verstorbene Verwandte gekommen.
    »Sie wissen,« so sprach die Alte, »Sie wissen, lieber Herr Tyß, daß mir nichts über meine selige Frau Muhme, die Kattundruckerfrau, geht. Sie war in

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