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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Talisman, meinen Zauber zerstören werde, ich hielt mich für verloren, doch begab es sich, daß – – – verhängnisvollste meines Lebens! – Wie soll ich es dir denn sagen, meine geliebte Chariton, wie dir beschreiben das unnennbare Gefühl, das mich durchdrang! – Doch laß mich zu Worten kommen. – Maria ist ein gutes liebes Kind, und obschon nicht unserer Religion zugetan, ehrt sie doch unsere Gebräuche und ist überzeugt von der Wahrheit unseres Glaubens. In der Vornacht des heiligen Johannistages entschlüpfte ich der Aufsicht meines Magus. Maria hatte sich des Hausschlüssels bemächtigt, sie wartete meiner mit einem zierlichen Gefäß, und wir gingen beide in tiefem Schweigen hinaus in den Wald und holten aus einer dort befindlichen Zisterne das heimliche Wasser, in das wir geweihte Äpfel warfen. Am andern Morgen, nachdem wir mit inbrünstiger Andacht zu dem heiligen Johannes gefleht, hielten wir das Gefäß auf unsern vier ausgestreckten Daumen empor. – Es drehte sich rechts, es drehte sich links – zitternd und schwankend! – Vergebens unser Hoffen! – Allein, nachdem ich Kopf, Hals und Brust mit dem heimlichen Wasser, in dem der geweihte Apfel lag, gewaschen, begab ich mich tief verschleiert, ohne daß [es] mein Magus, der seinen langen Traum träumte, zu bemerken schien, nach dem in der Stadt belegenen Baumgange, die Linden geheißen. – Da rief eine alte Frau mehrmals hintereinander mit starker Stimme: »Theodor – Theodor!« –
    – O meine Chariton! – durchbebt von Schreck und Wonne wäre ich beinahe ohnmächtig niedergesunken! – Ja, er ist es! – er ist es! – O all ihr Heiligen! – ein Prinz, sonst reich, groß, mächtig, jetzt heimatlos umherstreifend im Bachstelzenhabit und steifer Filzmütze – Könnt’ ich nur –
    Mein Magus hält in seiner üblen Laune wie gewöhnlich alles für närrische Einbildungen und ist zu weiterer Nachforschung nicht zu bewegen, die ihm doch so leicht werden würde, da er sich nur an die Stelle im Walde, wo ich Theodor erblickte, begeben, dort aber ein Schnittchen von meinem geweihten Apfel essen und einen Schluck von dem geheimen Wasser trinken dürfte. Aber er will nicht, er will durchaus nicht und ist überhaupt mürrischer als je, so daß ich zuweilen genötigt bin, ihn zu züchtigen, welches denn leider seine Macht über mich nur verstärkt, doch wenn mein geliebter Theodor –
    – mit Mühe eingelehrt. Jetzt tanzt aber meine Maria den Romeca so schön, wie man ihn bei uns nur sehen mag. – Es war eine schöne Nacht, warm und duftig glänzend im Mondesschimmer. Der Wald horchte in staunendem Schweigen unserm Gesange zu, und nur dann und wann flüsterte und rauschte es in den Blättern, als hüpften Elflein vorüber, und wenn wir einhielten, dann tönten wohl die seltsamen Stimmen der Geister der Nacht durch die Stille und regten uns auf zum neuen Liede. Mein Magus hatte in seinem Elektrophor eine Theorbe mitgenommen und wußte die Akkorde des Romeca recht schön und feierlich anzuschlagen, wofür ich ihm auch weißen Honig versprach zum Frühstück andern Tages –
    Endlich, Mitternacht war längst vorüber, nahten sich Gestalten durch das Gebüsch unserm einsamen Rasenplatz. Wir schlugen die Schleier über, nahmen den Magus auf die Schultern und entflohen so schnell, als wir nur vermochten. – Übereilte unselige Flucht! – Der Vogel war zum erstenmal unwillig, aber er sprach nur verwirrtes Zeug und wies meine Fragen zurück, weil er doch nur ein Papagei wäre und kein Professor. – Ja, übereilte unselige Flucht, denn gewiß war es Theodor, der sich uns nahte und – Mein Magus war so erschrocken, daß ich ihn zur Ader lassen mußte –
    – herrlicher Gedanke! – Ich schnitt heute mit meinem Messerchen in den Stamm des Baumes, unter dem ich saß, als Theodor mir gegenüber war und meine Verhüllung nicht zu durchblicken vermochte, ja, in diesen Stamm schnitt ich die Worte ein: »Theodor! vernimmst du meine Stimme? – es ist – ruft die dich – ewig – furchtbarer Tod – nimmer – ermordet – Konstantinopel – unabänderlicher Entschluß – Oheim – wohl –«
Die Reise nach Griechenland
    Den Baron Theodor von S. setzte der Inhalt des Blättleins, dessen letzte Worte leider völlig verwischt und unleserlich waren, ganz außer sich selbst.
    Freilich möchte aber auch wohl jeder andere, trug er auch nicht, so wie Theodor, beständig chimärische Abenteuer im Sinn, bei den Umständen, wie sie hier zutrafen, in große

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