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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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fort, »ich weiß auch recht gut, was es mit dem heimlichen Wasser für eine Bewandtnis hat, das die Mädchen in der Johannisnacht schweigend holen, um zu erfahren, ob sie den geträumten Geliebten haben werden, und eben deshalb kommt mir im allgemeinen alles nicht so gar sonderbar vor, und nur in Beziehung auf dich erscheint mir manches sehr zweideutig. – Es ist nämlich sehr die Frage, ob du, mag es auch den Anschein haben, der gemeinte Theodor bist, ja, ob der, der die Aufforderung einrücken ließ, sich nicht in der Person des Finders irrte. – Genug! da die Sache durchaus problematisch, so würde es ein sehr übereilter Streich sein, deshalb eine weite gefährliche Reise zu unternehmen. Daß du Aufklärung wünschest und wünschen mußt, ist billig und natürlich, warte daher den vierundzwanzigsten Julius des künftigen Jahres ab und begib dich dann in die ›Sonne‹ zur Madame Obermann, wo dich ja auch die Aufforderung hinbescheidet, um das Nähere zu erfahren.«
    »Nein,« rief der Baron, indem seine Augen blitzten, »nein, mein geliebter Oheim, nicht in der ›Sonne‹, nein, in Patras geht das Glück meines Lebens auf, nur in Griechenland reicht das holde Engelsbild, die edle Jungfrau, mir Glücklichen, der so wie sie aus griechischem fürstlichem Stamm entsprossen, die Hand!«
    »Was,« schrie der Alte ganz außer sich, »bist du ganz und gar von Sinnen? bist du rasend? du aus griechischem fürstlichem Stamm entsprossen? – Narr in Folio, war deine Mutter nicht meine Schwester? – War ich nicht zugegen bei ihrer Entbindung? – Hab’ ich dich nicht aus der Taufe gehoben? – Kenn’ ich nicht unsern Stammbaum? ist er nicht klar und deutlich seit Jahrhunderten?«
    »Sie vergessen,« sprach der Baron, indem er so mild und anmutig lächelte, wie nur irgendein griechischer Prinz zu lächeln vermag, »Sie vergessen, teuerster Oheim, daß mein Großvater, der die merkwürdigsten Reisen unternahm, eine Frau von der Insel Zypern mitbrachte, die von ganz ausnehmender Schönheit gewesen sein soll, und deren Bildnis noch auf unserm Stammschlosse befindlich.«
    »Nun ja,« erwiderte der Oheim, »man mag es wohl meinem Vater verzeihen, daß er als ein junger rascher, feuriger Mann sich in ein schönes griechisches Mädchen verliebte und die Torheit beging, sie, unerachtet sie nur gemeinen Standes und, wie mir oft erzählt worden, Blumen und Früchte feilhielt, zu heiraten. Doch sie starb sehr bald kinderlos.« –
    »Nein, nein,« rief Theodor heftig, »eine Prinzessin war dies Blumenmädchen und meine Mutter die Frucht der glücklichsten Ehe, die, ach! nur zu kurz dauerte.«
    Der Oheim prallte erschrocken zwei Schritte zurück. »Theodor,« begann er dann, »Theodor! sprichst du im Traum, im Fieber, im Wahnsinn? – Beinahe zwei Jahr war die Griechin tot, als dein Großvater meine Mutter heiratete, vier Jahre war ich alt, als meine Schwester geboren wurde. Wie um tausend Himmels willen kann denn deine Mutter die Tochter jener Griechin sein?«
    »Gestehen,« fuhr Theodor ganz ruhig und gelassen fort, »gestehen will ich, daß, betrachtet man die Sache aus dem gewöhnlichen Gesichtspunkt, die höchste Unwahrscheinlichkeit gegen meine Behauptung spricht. Aber das schöne unerforschliche Geheimnis, die sublime Mystik des Lebens tritt uns ja überall in den Weg, und das Unwahrscheinlichste ist oft das eigentlich Wahre. Sie glauben, bester Oheim, daß Sie vier Jahre alt waren, als meine Mutter geboren wurde, aber kann das nicht auf seltsamer Täuschung beruhen? – Doch ohne mich weiter auf die mysteriösen Kombinationen einzulassen, die unser Leben oft hineinziehen in ein Zauberreich, setze ich Ihnen, bester Oheim, ein Zeugnis entgegen, das alles, was Sie gegen mich aufbringen können, mit einem Schlage vernichtet! – Das Zeugnis meiner Mutter! – Sie staunen? – – Sie blicken mich an, Zweifel im Auge? – Vernehmen Sie dann! – Meine Mutter, so erzählte sie mir, mochte ungefähr sieben Jahre alt sein, als sie sich, da schon die Abenddämmerung eingebrochen, in dem Saale befand, wo das lebensgroße Bild der Griechin hing, zu dem sie sich mit unsichtbarer Gewalt hingezogen fühlte. Als sie es aber innig liebend betrachtete, belebten sich die schönen Züge des hohen Antlitzes immer mehr und mehr, bis endlich die herrliche fürstliche Frau, die teuerste der Großmütter, aus dem Bilde heraustrat und meine Mutter als ihr einziges liebes Kind begrüßte. Seit dieser Zeit wurde meine Mutter von dem teuern Bilde

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