Werke
in Schmerz aufgelöst, verzehrt von den Qualen einer Sehnsucht, die alles, was Tugend, was Jungfräulichkeit heißen mag, frech verhöhnt! – Sie wollen von mir selbst hören? – Nun, mit eben der Inbrunst, mit all dem Wahnsinn, wie Amalia den verruchten Bruder liebt, ja! – ebenso liebte ich schon, da ich kaum zum Jünglinge gereift, das Kind von zwölf Jahren. Älter geworden, von ihr verworfen, glaubte ich eine Leidenschaft, die mir verderblich werden mußte, besiegen zu können, indem ich sie preisgab aller anlockenden Lust der Welt. Ich durchreiste Frankreich, Italien, aber ihr Bild – ihr Bild, glaubt’ ich es verblichen, strahlte immer wieder auf in neuem Glanz! – Tötendes Gift gärte in meinem Innern! – Nirgends Ruhe, nirgends Rast! – Wie der Nachtvogel immer enger und enger die Flamme umkreist und endlich in der Glut seines Sehnens sein Grab findet, so kam ich, mit dem festen Vorsatz, Amalien niemals wiederzusehen, ihr doch immer näher und näher, bis ich, dem Willen des Vaters nur scheinbar nachgebend, zurückkehrte in das Schloß. Mein Vater sieht meine Qual, er verabscheut Amaliens unwürdige Neigung, er glaubt, daß ihr verwirrter Sinn endlich gesunden werde – trostlose Hoffnung! – Und doch, indem ich mich selbst als einen Wahnsinnigen betrachte, kann ich nicht lassen von der, die, in meinem Wesen lebend, mein Wesen zerstört! – Und doch! nie bin ich bei dieser steten unnennbaren Qual so wie von den Gedanken der Hölle zerrissen worden, als in dem verhängnisvollen Augenblick, da Sie das fürchterliche Bild jenes Trauerspiels mir vor Augen brachten, und ich dann Amalia, die ich in ihren Zimmern glaubte, in dem Pavillon einsam fand. Alle Wut der brünstigsten Liebe erwachte in mir, und zu ihr gesellte sich der wilde Zorn der Verzweiflung. – Es ist vorüber, ich reiße mich los mit Gewalt, – man spricht von dem Ausbruch eines neuen Krieges – ich nehme Dienste.«
»Was sagst,« sprach Willibald, als die Freunde sich allein befanden, »was sagst du zur dem allem?« »Ich meine,« erwiderte Hartmann, »daß dem Herrn Grafen Franz gar nicht zu trauen ist. Er ist ganz gewiß in seiner Leidenschaft ein wilder Mensch, und ich bedaure die reizende Gräfin Amalia aus dem Grunde meines Herzens. – Wenigstens war es sehr seltsam oder vielmehr unzart, daß der Graf, nur um sich des Auftritts in dem Pavillon halber zu entschuldigen, uns in die Geheimnisse des Hauses einweihte und vor unsern Augen den Namen des Bruders an den Schandpfahl schlug.«
In dem Augenblick entstand auf dem Schloßhofe ein großer Tumult. Die Jäger des Grafen nebst einigen Husaren brachten eine gute Anzahl eingefangener, zum Teil schon verwundeter Räuber ein. Menschen von wildem, zum Teil ganz fremdem Ansehen, die, gelang es, sie zum Reden zu bringen, welches schwer hielt, da sie auf alle Fragen trotzig schwiegen, nur ein gebrochenes Deutsch und ein verdorbenes, kaum verständliches Italienisch sprachen. Andere konnten die zigeunerische Abkunft gar nicht verleugnen und sprachen fertig böhmisch. Mit Recht konnte man daraus schließen, daß das Räubergesindel von der italienischen Grenze herübergekommen und sich in Böhmen durch Zigeunerhorden verstärkt haben müßte. Als man die Räuber nach ihrem Hauptmann fragte, lachten sie laut auf und sagten, der sei in guter Ruhe und Sicherheit, der sei nicht so leicht zu fangen, als man wohl denke. Wirklich hatte sich, wie die Jäger erzählten, ein Trupp der Räuber mit der Wut der Verzweiflung durchgeschlagen und war, da die Nacht eingebrochen, im Dickicht des Waldes entkommen. – »Ein Grund mehr,« sprach der Graf anmutig lächelnd zu den Freunden, »warum ich Sie noch durchaus nicht von mir lassen kann. Jede Gefahr muß erst aus dem Wege geräumt sein.«
Abends war Willibald aus der Gesellschaft, die wie gewöhnlich aus den beiden Grafen, dem Geistlichen und dem Wundarzt bestand, – Amalia fehlte – verschwunden. Schon wollte man ihn aufsuchen, als er eintrat. Hartmann merkte es dem Freunde an, daß ihm etwas ganz Seltsames begegnet sein müsse, und es war dem wirklich so. Kaum waren die Freunde auf ihrem Zimmer allein, als Willibald losbrach: »Nein, es ist die höchste Zeit, daß wir forteilen. Das unheimlich Seltsame häuft sich zu sehr, und es will mich bedünken, daß wir dem Räderwerk, das hier ein besonderes böses Verhängnis zu treiben scheint, zu nahe kommen und, von dem Schwungrad ergriffen, unaufhaltsam hineingeschleudert werden könnten ins
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