Werke
ein alberner Tor, der...« »Gemach, gemach, Herr Leonard,« quäkte der Richter, »menagieren Sie sich, Sie könnten sonst garstig anstoßen gegen hohe Personen, und die fremde Person, die Sie, mein Herr Leonard, oder Herr... (er biß sich schnell in die Lippen) erkannt hat, ist auch weder leichtsinnig noch albern, sondern... Nun, und dann haben wir gute Nachrichten aus der...« Er nannte die Gegend, wo die Güter des Barons F. lagen, und alles klärte sich dadurch mir deutlich auf. Entschieden war es, daß Aurelie in mir den Mönch erkannt hatte, der ihren Bruder ermordete. Dieser Mönch war ja aber Medardus, der berühmte Kanzelredner aus dem Kapuzinerkloster in B. Als diesen hatte ihn Reinhold erkannt, und so hatte er sich auch selbst kund getan. Daß Francesko der Vater jenes Medardus war, wußte die Äbtissin, und so mußte meine Ähnlichkeit mit ihm, die der Fürstin gleich anfangs so unheimlich worden, die Vermutungen, welche die Fürstin und die Äbtissin vielleicht schon brieflich unter sich angeregt hatten, beinahe zur Gewißheit erheben. Möglich war es auch, daß Nachrichten selbst aus dem Kapuzinerkloster in B. eingeholt worden; daß man meine Spur genau verfolgt und so die Identität meiner Person mit dem Mönch Medardus festgestellt hatte. Alles dieses überdachte ich schnell und sah die Gefahr meiner Lage. Der Richter schwatzte noch fort, und dies brachte mir Vorteil, denn es fiel mir auch jetzt der lange vergebens gesuchte Name des polnischen Städtchens ein, das ich der alten Dame bei Hofe als meinen Geburtsort genannt hatte. Kaum endete daher der Richter seinen Sermon mit der barschen Äußerung, daß ich nun ohne weiteres meinen bisherigen Lebenslauf erzählen solle, als ich anfing: »Ich heiße eigentlich Leonard Krczynski und bin der einzige Sohn eines Edelmanns, der sein Gütchen verkauft hatte und sich in Kwiecziczewo aufhielt.« – »Wie, was?« – rief der Richter, indem er sich vergebens bemühte, meinen sowie den Namen meines angeblichen Geburtsortes nachzusprechen. Der Protokollführer wußte gar nicht, wie er die Wörter aufschreiben sollte; ich mußte beide Namen selbst einrücken und fuhr dann fort: »Sie bemerken, mein Herr, wie schwer es der deutschen Zunge wird, meine konsonantenreichen Namen nachzusprechen, und darin liegt die Ursache, warum ich ihn, sowie ich nach Deutschland kam, wegwarf und mich bloß nach meinem Vornamen, Leonard, nannte. Übrigens kann keines Menschen Lebenslauf einfacher sein, als der meinige. Mein Vater, selbst ziemlich unterrichtet, billigte meinen entschiedenen Hang zu den Wissenschaften und wollte mich eben nach Krakau zu einem ihm verwandten Geistlichen, Stanislaw Krczynski schicken, als er starb. Niemand bekümmerte sich um mich, ich verkaufte die kleine Habe, zog einige Schulden ein und begab mich wirklich mit dem ganzen mir von meinem Vater hinterlassenen Vermögen nach Krakau, wo ich einige Jahre unter meines Verwandten Aufsicht studierte. Dann ging ich nach Danzig und nach Königsberg. Endlich trieb es mich wie mit unwiderstehlicher Gewalt, eine Reise nach dem Süden zu machen; ich hoffte, mich mit dem Rest meines kleinen Vermögens durchzubringen und dann eine Anstellung bei irgend einer Universität zu finden, doch wäre es mir hier beinahe schlimm ergangen, wenn nicht ein beträchtlicher Gewinn an der Pharobank des Fürsten mich in den Stand gesetzt hätte, hier noch ganz gemächlich zu verweilen und dann, wie ich es im Sinn hatte, meine Reise nach Italien fortzusetzen. Irgend etwas Ausgezeichnetes, das wert wäre, erzählt zu werden, hat sich in meinem Leben gar nicht zugetragen. Doch muß ich wohl noch erwähnen, daß es mir leicht gewesen sein würde, die Wahrheit meiner Angaben ganz unzweifelhaft nachzuweisen, wenn nicht ein ganz besonderer Zufall mich um meine Brieftasche gebracht hätte, worin mein Paß, meine Reiseroute und verschiedene andere Skripturen befindlich waren, die jenem Zweck gedient hätten«. – Der Richter fuhr sichtlich auf, er sah mich scharf an und frug mit beinahe spöttischem Ton, welcher Zufall mich denn außerstande gesetzt hätte, mich, wie es verlangt werden müßte, zu legitimieren. »Vor mehreren Monaten«, so erzählte ich, »befand ich mich auf dem Wege hieher im Gebirge. Die anmutige Jahreszeit sowie die herrliche romantische Gegend bestimmten mich, den Weg zu Fuße zu machen. Ermüdet saß ich eines Tages in dem Wirtshause eines kleinen Dörfchens; ich hatte mir Erfrischungen reichen lassen und ein
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