Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
Vom Netzwerk:
Eindruck, den dies auf mich machte, zu verbergen. Aurelie gab mir mit einem Blick, aus dem ein ganzer Himmel voll Liebe und Seligkeit strahlte, die Hand, ich zog sie an meine Brust, und mit dem Kuß des reinsten Entzückens durchdrang mich aufs neue das deutliche Gefühl, daß nur durch Aurelie meine Seele errettet werden könne. Ein fürstlicher Bedienter meldete, daß die Herrschaft bereit sei, uns zu empfangen. Aurelie zog schnell die Handschuhe an, ich nahm ihren Arm, da bemerkte das Kammermädchen, daß das Haar in Unordnung gekommen sei, sie sprang fort, um Nadeln zu holen. Wir warteten an der Türe, der Aufenthalt schien Aurelien unangenehm. In dem Augenblick entstand ein dumpfes Geräusch auf der Straße, hohle Stimmen riefen durcheinander, und das dröhnende Gerassel eines schweren, langsam rollenden Wagens ließ sich vernehmen. Ich eilte ans Fenster! – Da stand eben vor dem Palast der vom Henkersknecht geführte Leiterwagen, auf dem der Mönch rückwärts saß, vor ihm ein Kapuziner, laut und eifrig mit ihm betend. Er war entstellt von der Blässe der Todesangst und dem struppigen Bart – doch waren die Züge des gräßlichen Doppeltgängers mir nur zu kenntlich. – Sowie der Wagen, augenblicklich gehemmt durch die andrängende Volksmasse, wieder fortrollte, warf er den stieren entsetzlichen Blick der funkelnden Augen zu mir herauf und lachte und heulte herauf: »Bräutigam, Bräutigam! ... komm... komm aufs Dach... aufs Dach... da wollen wir ringen miteinander, und wer den andern herabstößt, ist König und darf Blut trinken!« Ich schrie auf: »Entsetzlicher Mensch... was willst du... was willst du von mir?« – Aurelie umfaßte mich mit beiden Armen, sie riß mich mit Gewalt vom Fenster, rufend: »Um Gott und der heiligen Jungfrau willen... Sie führen den Medardus... den Mörder meines Bruders, zum Tode... Leonard... Leonard!« – Da wurden die Geister der Hölle in mir wach und bäumten sich auf mit der Gewalt, die ihnen verliehen über den frevelnden verruchten Sünder. – Ich erfaßte Aurelien mit grimmer Wut, daß sie zusammenzuckte: »Ha ha ha... Wahnsinniges, töriges Weib... ich... ich, dein Buhle, dein Bräutigam, bin der Medardus... bin deines Bruders Mörder... du, Braut des Mönchs, willst Verderben herabwinseln über deinen Bräutigam? Ho ho ho! ... ich bin König... ich trinke dein Blut!« – Das Mordmesser riß ich heraus – ich stieß nach Aurelien, die ich zu Boden fallen lassen – ein Blutstrom sprang hervor über meine Hand. – Ich stürzte die Treppen hinab, durch das Volk hin zum Wagen, ich riß den Mönch herab und warf ihn zu Boden; da wurde ich festgepackt, wütend stieß ich mit dem Messer um mich herum – ich wurde frei – ich sprang fort – man drang auf mich ein, ich fühlte mich in der Seite durch einen Stich verwundet, aber das Messer in der rechten Hand, und mit der linken kräftige Faustschläge austeilend, arbeitete ich mich durch bis an die nahe Mauer des Parks, die ich mit einem fürchterlichen Satz übersprang. »Mord... Mord... Haltet... haltet den Mörder!« riefen Stimmen hinter mir her, ich hörte es rasseln, man wollte das verschlossene Tor des Parks sprengen, unaufhaltsam rannte ich fort. Ich kam an den breiten Graben, der den Park von dem dicht dabei gelegenen Walde trennte, ein mächtiger Sprung – ich war hinüber, und immer fort und fort rannte ich durch den Wald, bis ich erschöpft unter einem Baume niedersank. Es war schon finstre Nacht worden, als ich, wie aus tiefer Betäubung, erwachte. Nur der Gedanke, zu fliehen wie ein gehetztes Tier, stand fest in meiner Seele. Ich stand auf, aber kaum war ich einige Schritte fort, als, aus dem Gebüsch hervorrauschend, ein Mensch auf meinen Rücken sprang und mich mit den Armen umhalste. Vergebens versuchte ich, ihn abzuschütteln – ich warf mich nieder, ich drückte mich hinterrücks an die Bäume, alles umsonst. Der Mensch kicherte und lachte höhnisch; da brach der Mond hellleuchtend durch die schwarzen Tannen, und das totenbleiche, gräßliche Gesicht des Mönchs – des vermeintlichen Medardus, des Doppeltgängers, starrte mich an mit dem gräßlichen Blick, wie von dem Wagen herauf. – »Hi... hi... hi... Brüderlein... Brüderlein, immer, immer bin ich bei dir... lasse dich nicht... lasse... dich nicht... Kann nicht lau... laufen... wie du... mußt mich tra... tragen... Komme vom Ga... Galgen... haben mich rä... rädern wollen... hi hi...« So lachte und heulte das grause Gespenst, indem

Weitere Kostenlose Bücher