Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
es machte wirklich den Eindruck, als ob sich da etwas verbarg: Ostafjew wurde nämlich immer weniger höflich, redete in immer trockenerem Tone und ging nicht mehr mit solchem Interesse wie bei Beginn des Gespräches auf Herrn Goljadkins Fragen ein. »Er hat ja bis zu einem gewissen Grade recht,« dachte Herr Goljadkin; »was gehe ich ihn an? Vielleicht hat er auch schon von der Gegenseite etwas bekommen und hat sich darum wegen eines dringenden Bedürfnisses entfernt. Aber ich will ihm doch auch etwas ...« Herr Goljadkin sagte sich, daß der richtige Zeitpunkt für die Zehnkopekenstücke gekommen sei.
»Hier ist etwas für dich, lieber Freund ...«
»Ich danke Euer Wohlgeboren von ganzem Herzen.«
»Ich werde dir noch mehr geben.«
»Zu Diensten, Euer Wohlgeboren.«
»Jetzt gleich werde ich dir noch mehr geben, und wenn die Sache erledigt ist, noch einmal die gleiche Summe. Verstehst du?«
Der Schreiber schwieg, nahm eine militärisch stramme Haltung an und hielt seinen Blick unbeweglich auf Herrn Goljadkin gerichtet.
»Nun, dann rede jetzt: hat über mich nichts verlautet?«
»Es scheint, daß bis jetzt, vorläufig ... hm ... daß vorläufig noch nichts verlautet hat.« Ostafjew antwortete in einzelnen Absätzen, machte ebenso wie Herr Goljadkin eine etwas geheimnisvolle Miene, zuckte ein wenig mit den Augenbrauen, blickte zu Boden, bemühte sich, den richtigen Ton zu treffen, kurz, er war mit aller Kraft bestrebt, die versprochene Belohnung zu verdienen; denn das, was ihm bereits gegeben war, hielt er schon für sein wohlerworbenes Eigentum.
»Und es ist nichts bekannt?«
»Bis jetzt noch nicht.«
»Aber höre ... hm ... es wird vielleicht etwas bekannt werden?«
»Später natürlich wird vielleicht etwas bekannt werden.«
»Schlimm!« dachte unser Held. »Hör mal: hier hast du noch etwas, mein Lieber.«
»Ich danke Euer Wohlgeboren von ganzem Herzen.«
»War Wachramejew gestern hier?«
»Jawohl.«
»Sonst aber war niemand hier? Besinne dich einmal, Brüderchen!«
Der Schreiber wühlte ein Weilchen in seinem Gedächtnisse herum, konnte sich aber auf nichts hierher Gehöriges besinnen.
»Nein, sonst war niemand da.«
»Hm!« Es trat Stillschweigen ein.
»Hör mal, Brüderchen, hier hast du noch etwas; sag mir alles, das ganze Geheimnis!«
»Zu Diensten.« Ostafjew war jetzt wie um den Finger zu wickeln; das hatte Herr Goljadkin bezweckt.
»Nun sage mir, Brüderchen: wie steht er sich mit den andern?«
»Es geht, ganz gut,« antwortete der Schreiber und blickte Herrn Goljadkin mit großen Augen an.
»Was meinst du mit ›ganz gut‹?«
»Ich meine nur so!« Hier zuckte Ostafjew bedeutsam mit den Brauen. Übrigens war er vollkommen verblüfft und wußte nicht, was er sagen sollte. »Schlimm!« dachte Herr Goljadkin.
»Hat sich mit Wachramejew noch etwas Weiteres begeben?«
»Es ist alles wie bisher.«
»Besinn dich mal!«
»Ja, man sagt so etwas.«
»Also was denn nun?«
Ostafjew hielt die Hand vor den Mund.
»Ist nicht ein Brief von ihm an mich da?«
»Heute ist der Kanzleidiener Michejew zu Wachramejew in dessen Wohnung gegangen, zu der deutschen Dame; ich kann ja hingehen und mich erkundigen, wenn Sie es wünschen.«
»Tu mir den Gefallen, Brüderchen, um Gottes willen! ... Ich habe keine besondere Absicht dabei ... Denke nichts Übles, Bruder; ich habe dabei keine besondere Absicht. Und erkundige dich doch, Brüderchen, bring doch in Erfahrung, ob da etwas gegen mich im Werke ist. Und er, was wird er unternehmen? Das ist es, was ich gern wissen möchte; das bring in Erfahrung, lieber Freund; ich werde es dir dann danken, lieber Freund ...«
»Zu Diensten, Euer Wohlgeboren. Und auf Ihren Platz hat sich heute Iwan Semjonowitsch gesetzt.«
»Iwan Semjonowitsch? Ah! So! Wirk-lich?«
»Andrei Filippowitsch wies ihn an, sich dahin zu setzen.«
»Wirk-lich? Wie ist das zugegangen? Das bring heraus, Brüderchen! um Gottes willen bring das heraus, Brüderchen; bring das alles heraus, – ich werde mich dir dankbar zeigen, mein Lieber; das ist es, was ich wissen möchte ... Denke aber nichts Übles, Brüderchen ...«
»Zu Diensten, zu Diensten, ich werde gleich hingehen. Aber Sie, Euer Wohlgeboren, kommen heute nicht herein?«
»Nein, mein Freund, ich bin nur für ein Augenblickchen gekommen, nur für ein Augenblickchen; ich wollte nur einmal sehen, wie es steht, lieber Freund. Und nachher werde ich dir erkenntlich sein, mein Lieber.«
»Zu Diensten.« Der Schreiber lief schnell
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