Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
andernfalls werde er sich gezwungen sehen, in Moskau eine Kaufmannstochter zu heiraten, da er, wie gesagt, nun einmal geschworen habe, seinen nichtsnutzigen Neffen um die Erbschaft zu bringen. Darauf erhob er sich und legte fünfhundert Rubel auf meinen Stickrahmen, für Naschwerk, wie er sagte, und er zwang mich fast mit Gewalt, sie dort liegen zu lassen. Zum Schluß sagte er noch, daß ich auf dem Gute wie ein Pfannkuchen aufgehen, dick, rosig und gesund werden würde, ich könne dort essen, soviel ich nur wolle. Augenblicklich habe er hier entsetzlich viel zu tun, die Geschäfte hätten ihn schon den ganzen Tag in Anspruch genommen und er sei auch nur auf kurze Zeit zu mir gekommen. Damit ging er …
Ich habe lange nachgedacht, viel hin und her gegrübelt und mich recht gequält, mein Freund, und endlichhabe ich mich entschlossen. Ja: ich werde ihn heiraten, ich muß seinen Antrag annehmen. Wenn mich jemand von meiner Schande erlösen, mir meine Ehre wiedergeben und mich in Zukunft vor Armut und Entbehrungen und Unglück bewahren kann, so ist er ganz allein derjenige, der es vermag. Was soll ich denn sonst von der Zukunft erwarten, was noch vom Schicksal verlangen? Fedora sagt, daß man sein Glück nicht verscherzen dürfe, nur fragte sie gleich darauf seufzend, was man denn in diesem Falle Glück nennen solle. Ich jedenfalls finde keinen anderen Ausweg für mich, mein guter Freund. Was soll ich tun? Mit der Arbeit habe ich ohnehin schon meine ganze Gesundheit untergraben. Ununterbrochen arbeiten – das kann ich nicht. Bei fremden Menschen dienen? – Ich käme um vor Leid, und überdies würde ich niemanden zufriedenstellen. Ich bin von Natur kränklich, deshalb würde ich Fremden immer nur zur Last fallen. Natürlich gehe ich ja auch jetzt nicht in ein Paradies, aber was soll ich denn tun, mein Freund, was soll ich denn tun? Was soll ich denn vorziehen?
Ich habe Sie nicht um Ihren Rat gebeten. Ich wollte ganz allein alles überlegen. Mein Entschluß, den ich Ihnen jetzt mitgeteilt habe, steht fest und ich werde ihn sogleich auch Bükoff mitteilen, da er schon sowieso und mit Ungeduld meine endgültige Entscheidung erwartet. Er sagte mir, daß seine Geschäfte keinen Aufschub dulden, er müsse abreisen, und »wegen dieser Nichtigkeiten« könne er die Abreise doch nicht aufschieben. Nur Gott in seiner heiligen und unerforschlichen Macht über mein Schicksal weiß, ob ichglücklich sein werde, aber mein Entschluß ist gefaßt. Man sagt, Bükoff sei ein guter Mensch: er wird mich achten, und vielleicht werde ich ihn gleichfalls achten. Was aber sollte man wohl noch mehr von unserer Ehe erwarten?
Ich teile Ihnen alles mit, Makar Alexejewitsch, denn ich weiß, daß Sie meinen ganzen Jammer verstehen werden. Versuchen Sie nicht, mich von meinem Vorhaben abzubringen. Ihre Bemühungen wären zwecklos. Erwägen Sie lieber in Ihrem eigenen Herzen alle Gründe, die mich zu diesem Schritt veranlaßt haben. Anfangs regte es mich sehr auf, doch jetzt bin ich ruhiger. Was mich erwartet – ich weiß es nicht. Was geschehen wird, das wird geschehen, wie Gott es schickt!…
Bükoff ist gekommen, ich kann den Brief nicht beenden. Ich wollte Ihnen noch vieles sagen. Bükoff ist schon hier.
23. September.
Kind, Warwara Alexejewna!
Ich beeile mich, Kind, Ihnen zu antworten. Ich, Kind, ich beeile mich, Ihnen zu erklären, daß ich – daß ich erstaunt bin. Alles das ist doch ganz sicher irgendwie nicht so … Gestern haben wir Gorschkoff beerdigt. Ja, das ist so, Warinka, das ist so; Bükoff hat ehrenhaft gehandelt; nur eines, sehen Sie, meine Liebe, Sie haben ihm also wirklich zugesagt? Natürlich wirkt in allem Gottes Wille. Das ist so, das muß unbedingt so sein, das heißt, hier – auch hier muß unbedingt Gottes Wille wirken. Die Vorsehung des himmlischen Schöpfers hat natürlich, obschon uns unerforschlich,immer nur das Wohl der Menschen im Sinn, und das Schicksal ganz ebenso, ganz ebenso wie Gott.
Fedora nimmt auch Anteil an Ihnen. Natürlich, Sie werden jetzt glücklich sein, Kind, Sie werden in Reichtum und Ueberfluß leben, mein Täubchen, mein Sternchen, ich kann mich ja nicht sattsehen an Ihnen, mein Engelchen, – nur eins, sehen Sie, Warinka, wie denn das, warum so schnell?… Ja, die Geschäfte – Herr Bükoff hat Geschäfte vor … natürlich – wer hat denn nicht Geschäfte, auch er kann sie haben. Ich habe ihn gesehen, als er von Ihnen fortging. Ein imponierender Mann, sogar ein sehr imponierender
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