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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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wünschen«, sagte er dann, »möge sie es nie vermissen! Denn, nichts für ungut, dein Herr Vetter gehört denn doch zu jener Sorte – nun, wir kennen sie sattsam; verderben wir uns die gute Stunde nicht!«
    Ich lachte.
    »Gehen wir lieber einmal in meine Werkstatt, die du noch nicht gesehen hast«, fuhr er fort, »dort kann ich dir auch die Illustration zu meiner Geschichte zeigen.«
    Und so schlenderten wir durch den blühenden Garten nach dem Hause zurück und betraten bald im oberen Stockwerk ein geräumiges Zimmer mit der ganzen Ausstattung eines rüstigen Malerlebens. Als Brunken die grünen Fenstervorhänge zurückgezogen hatte, entwickelte sich eine reiche Bilderschau; aber er faßte meinen Arm. »Das nachher«, sagte er und führte mich vor ein kleines Bild, das seitwärts auf einer Staffelei lehnte.
    Es war fast dasselbe wie jene bittere Karikatur seines eigenen Lebens, an der ich ihn einst so eifrig hatte arbeiten sehen; derselbe sonnige Park und im Vordergrunde, aus dem blühenden Rosengebüsch emporsteigend, die Statue der Venus; nur die Stellung der Figuren war eine andere. Das junge Paar, das sich früher mit übermütigem Lachen in dem Laubgange entfernt hatte, sah man jetzt in harmloser Weltvergessenheit zu den Füßen der huldreichen Göttin. Das Mädchen, wie ruhig atmend hingestreckt, lehnte ihr Köpfchen an das Postament, während der jugendliche Kavalier, welcher dem Beschauer jetzt ebenfalls sein Antlitz zeigte, damit beschäftigt war, eine rote Rose in ihrem Haar zu befestigen, die er augenscheinlich eben frisch vom Strauch gebrochen hatte. – Im Hintergrunde des Bildes aber, in bescheidener Ferne, so daß sie nur bei genauerer Betrachtung bemerkt wurde, saß auf einer Bank die Gestalt meines Freundes. Bequem in die Ecke gelehnt, die Krücke seines Stöckleins unterm Kinn, schaute er unverkennbar in heiterer Behaglichkeit den Spielen zu, die bei dem warmen Sonnenschein unseres Herrgotts Geziefer vor ihm in den Lüften aufführten.
    »Nun, Arnold?« fragte Brunken, der während meiner langen Betrachtung des Bildes neben mir gestanden.
    Ich drückte ihm die Hand. »Da ist Friede«, sagte ich.
    »Du siehst«, versetzte er, »es galt nur die Kleinigkeit, das liebe Ich aus dem Vorder- in den Hintergrund zu praktizieren. – Ihr großgewachsenen Menschen versteht es freilich nicht, was für Arbeit dem kleinen Kerl die kurze Strecke Wegs gekostet hat.«
    Als ich noch einmal auf das Bild blickte, sah ich auch jetzt wieder eine Ähnlichkeit, aber eine andere als in der ersten Auflage desselben. »Du bist auch hier meinem Mühmchen untreu geworden«, sagte ich lachend; »und wenn vor vier Jahren, da er noch den Laubgang hinabwandelte, der Kavalier sich umgesehen hätte, so würde auch er uns wohl ein anderes Gesicht gezeigt haben.«
    »Hast du mich richtig ertappt, Doktor?« rief mein kleiner Freund.
    »Paul und Marie!« sagte ich leise.
    Brunken lächelte. »Still, Arnold! Du siehst, ich habe noch immer meine Träume. Möge das Leben einst deutlicher reden als das Bild!«
    Noch drei heitere Tage verweilte ich auf der Villa Brunken; dann reiste ich ab und besorgte meine Übersiedelung in diese wohllöbliche Stadt. – In den zwei Jahren, die seitdem verflossen, haben Brunken und ich uns nicht wieder vergessen; nach seinen letzten Briefen muß ich annehmen, daß seine selbstlosen Hoffnungen einer frohen Ernte entgegengehen.
     
    Der Arzt schwieg, und es trat eine kurze Stille ein. Dann aber rief die Hausfrau: »Doktor, Ihr Freund war ja nicht verheiratet. Wie paßt denn das auf unsern Fall?«
    »Glauben Sie«, erwiderte der Doktor, indem er wieder eine Prise nahm, »daß man sich selber leichter schleißt als seine Frau? – Unter Umständen können Sie recht haben.«
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In St. Jürgen
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    Es ist nur ein schmuckloses Städtchen, meine Vaterstadt; sie liegt in einer baumlosen Küstenebene, und ihre Häuser sind alt und finster. Dennoch habe ich sie immer für einen angenehmen Ort gehalten, und zwei den Menschen heilige Vögel scheinen diese Meinung zu teilen. Bei hoher Sommerluft schweben fortwährend Störche über der Stadt, die ihre Nester unten auf den Dächern haben; und wenn im April die ersten Lüfte aus dem Süden wehen, so bringen sie gewiß die Schwalben mit, und ein Nachbar sagt’s dem andern, daß sie gekommen sind. – So ist es eben jetzt. Unter meinem Fenster im Garten blühen die ersten Veilchen, und drüben auf der Planke sitzt auch schon die Schwalbe und zwitschert ihr altes

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