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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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nachzustöbern; es fehlte selten etwas, um ihn festzuhalten.
    Hatte er sich dennoch einmal fortgestohlen, dann ging die Furcht mit ihm, er möge droben die Gäste durch seinen Vater ausgetrieben finden. Freilich tröstete ihn bald im Näherkommen, wenn nicht das Pergamentgesicht des Kornschreibers, das hinter dem Fenster im Oberbau sichtbar wurde, so doch ein trocknes Husten, das von dort herniederzitterte. Aber schon beim Eintritt kam Owe Heikens ihm entgegen, und das Schmunzeln, das dabei unter dessen grauem Schnauzbart zuckte, brachte oft ein wildes Funkeln in des Junkers Augen; dann aber scholl wohl ein leichter Fußtritt von oben durch die Zimmerdecke, und er horchte nur auf dessen Wiederkehr und ließ den Alten über Kriegsvolk und Bauern, über Wild und Wälder reden.
    Am besten traf er es gleichwohl, wenn das Tor verschlossen war; dann hatten von oben junge Augen nach ihm ausgespäht; und bald, während auf den kahlen Bäumen die Raben vor Frost und Hunger schrien, drangen heiße Worte durch die trennenden Bohlen hin und wider.
    – – So war das neue Jahr gekommen. Die Kriegsunruhen dauerten fort; der junge Herzog Christian Albrecht war in seiner festen Stadt am Eiderstrome von den Dänen eingeschlossen nur sein Vater, unser Herzog Friedrich, war schon vor dem Herbst auf immer zu dem von ihm ersehnten Frieden eingegangen. Trotz alle diesem war um octavis trium regum in der herzoglichen Stadt ob dem Kiele die Ritterschaft nicht minder zahlreich als sonst vertreten; denn das Geld war knapp geworden, und dort, im Umschlage, konnte man solches zu bekommen hoffen.
    Auch Junker Hinrich hatte auf des alten Herrn Geheiß sich dahin auf die Reise machen müssen. Zwar nicht um Geldnegozen abzuschließen; aber der jüngere Junker Detlev, der in der Kanzlei zu Gottorf unter des Herzogs Minister Kielmannsegge bereits einen ansehnlichen Platz bekleidete, sollte dort mit einer adeligen Jungfer aus alterbgesessenem Geschlecht sein Verlöbnis feiern; und Junker Hinrich hatte die Vermahnung mitbekommen, sich bei dem Tanze auf dem Rathaussaal in gleicher Weise umzutun; denn derzeit pflegten bei diesen Geschäftsreisen die Herren ihre Frauen und Töchter nicht daheim zu lassen, die auch heuer trotz der widrigen Zeitläufte die selten gebotene Lustbarkeit nicht würden meiden wollen. – Der alte Herr aber saß an jenem Abend, von der Gicht, der Alterskrankheit unseres Landes, geplagt, allein in seinem Gemache zu Grieshuus und warf einen Holzscheit nach dem anderen in die Flamme des Kamins, die an den weißgetünchten Wänden über seit lang zur Ruh gestellte Waffen und über das Bildnis eines längst begrabenen Weibes ihre roten Lichter spielen ließ. Nur unten in der großen Gesindestube, von wo kein Laut hinaufdrang, ging es bei süßem Brei und Braten laut und lustig her; von dem vornehmen Bräutigam freilich war nicht viel die Rede: die Jüngeren entsannen sich seiner kaum; war er doch fast fremd geworden in der Heimat.
    – – Bei seiner Rückkehr mochte Junker Hinrich nicht eben nach des Vaters Wunsch berichtet haben: den Bräutigam hatte er meist nur inmitten der neuen Sippschaft oder sonstiger großer Grundherren angetroffen, am Festesabend auch wohl mit einzelnen Offizieren des Königs, die man dort nicht hatte auslassen wollen oder können; dem Vater und den Dingen von zu Hause hatte derselbe obenhin nur nachgefragt; die geschminkten Angesichter aber der trotz aller Not des Landes mit güldenen Flören, Ringen und Kettlein übermäßig aufgeputzten Tänzerinnen hatten es dem Junker nicht abgewinnen können; die Braut gar, an deren hochgepufftem Haar der zyprische Puder die natürliche Fuchsfarbe nicht hatte verbergen können, war ihm – er sprach das nur zu sich selber – wie eine angestrichene Jesabel vorgekommen. Freilich war er, da eben die Geiger eine neue französische Gavotte angestrichen, gar von ihr selbst zum Tanz gefordert worden; aber nach ein paar Gängen hatten ihre schmalen Lippen sich verzogen: »Ihr verstehet sicherlich die alten Tänze besser!« Und damit hatte sie ihn frostig angeschaut und seine Arme wieder fahrenlassen.
    – – Daheim, und schon am andern Vormittage, glückte es dem Junker Hinrich besser. Im Turmhaus über der Heide, wo man noch nicht von seiner Rückkunft wußte, fand er die Türen unverschlossen; nur des gelähmten Mannes Husten zitterte vom Oberbau herab, da er unten in des Jägers Zimmer trat. Noch eine Weile stand er einsam: dann hing ein jugendlicher Leib in seinen

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