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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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dankbar akzeptieret hatte. Als er sodann nach seiner Genesung seine Aufwartung machte und alsbald ihr seinen Eheantrag ausrichten ließ, hat sie nicht mehr den Mut gehabt, ins Ungewisse zu verweisen, sondern nur gesagt: »Ich hoffe wohl, mein Vater, der unter Karl X. jung gewesen ist, wird nicht dawider sein.«
    So ist sie des Obersten Weib geworden, der seinen Abschied aus dem Dienst genommen hat; aber nach Grieshuus hat sie auch jetzo nicht hinüber wollen; »denn«, sagte sie ihrem Eheherrn, »die Wölfe kommen dort gar in die Küche, und über die Heide geht ein Spukwerk; – o nein!«
    »Ei, Narretei! Wer hat dir das erzählt?«
    »Der Verwalter; der wird’s doch wissen!«
    Der Oberst lachte: »Das wohl, er hat die Herrin nicht ins Haus gewollt!«
    Sie wurde dunkelrot und strich das dünne Haar sich von den Schläfen: »Nein, nein; du glaubst mir immer nicht!«
    »Nun, ich werde selbst dahin gehen und mich informieren, Henni.«
    Dann ist er ohne sie dahin gegangen; er hat im Hause etwas räumen und mit den Bauern einmal auf die Wölfe treiben lassen; aber die Wälder sind zu dicht und die rechten Hunde nicht am Platz gewesen; sie haben keinen Wolf gesehen. So ist er nach Schleswig wieder heimgekehrt.
    Und am Jahrestag der Hochzeit ist ein Kind geboren worden; ein Knabe, in welchem von des Weibes Eltern alle Schönheit aufgestanden ist. Es ist auch zur glücklichen Niederkunft gratulieret worden; aber die Mutter hatte doch all ihre Kraft dem Kinde hingegeben. Noch ein paar Jahre hat sie, meist in Kammerluft, dahingelebt; dann eines Septembermorgens, da schon die gelben Blätter vor ihrem Fenster wehten, hat sie das Kind sich bringen lassen; und ihre magere Hand in seinen goldenen Haaren, hat sie gesprochen: »Er ist doch nicht gekommen, Rolf, und ich sterbe nun; ich war nur eine schlichte Frau, aber du, mein schöner Sohn« – und der Knabe stand an ihrem Kissen und sah mit seinen durchdringenden Augen zu ihr auf-, »du wirst ihn sehen; grüß ihn von mir! Rolf! Vergiß nicht – –« Lallend hatte sie die letzten Worte gesprochen; ihre Hand fiel von des Kindes Haupt. Und als sie eine Weile so gelegen, hat der Knabe mit seiner Hand ihr in das magere Angesicht gegriffen; aber sie rührte sich nicht mehr. Da schrie er, und die Wärterin trug ihn hinaus.
    Als der Oberst vom Begräbnis auf dem Klosterkirchhof, wo man seine Frau nach ihrem Wunsch bestattet hatte, heimgekommen war, nahm er seinen Buben auf den Arm. »Die Mutter hat hier schlafen wollen«, sagte er, »wir beide gehen nach Grieshuus; ich will nun selber deinen Hof verwalten, da sollst du reiten lernen!«
    Und der Junge sah seinen Vater fest aus seinen dicht beisammenstehenden blauen Augen an; dann tat er einen lauten Lustschrei.
    – – So ist der Oberst, da im nächsten April an den Waldrändern von Grieshuus die Schlüsselblumen blühten, da die Äcker gedüngt und die Wintersaaten gewalzt wurden, mit seinem Buben in das Herrenhaus dort eingezogen. Eine ältliche Verwandte der Verstorbenen, das Klosterfräulein Heide von der Wisch, ist mit dahin gegangen, um, wie sie sagte, bis die Flüttezeit vorüber, être la mère à ce pauvre enfant; sie ist aber dort hängengeblieben und nach dem Kloster nicht zurückgekommen, obwohl der Knabe nie nach ihrer Hand gegriffen hat.
    Oben im Hause sind die ungeschlachten Möbeln nach dem Boden hinauf- oder in die Gesinderäume hinabgeschafft worden; im Wohngemache standen nun geschweifte Schränke und Chiffonnieren, und auch ein Kanapee mit farbig gemustertem Bezuge, worüber neben dem vorgefundenen Bild der Urgroßmutter auch das der Mutter des Besitzers hing. Es pflegt so zu geschehen: das schönste, das Bild der Großmutter, fehlte zwischen beiden; sie war gekommen und gegangen, und keiner wußte noch von ihr.
    Im Wesentlichen wurde es auf dem abgelegenen Hofe nicht gar anders, als es im vorigen Jahrhunderte gewesen war. Denn Deutschland erhob sich eben erst aus wüsten Träumen. Die neue Koppelwirtschaft wurde freilich eingeführt; aber der Oberst war ein Melancholikus und litt an den Übelständen einer alten Wunde; überdies war er weder ein Landwirt noch ein Jäger, und beides war hier groß vonnöten. Für letzteren gab sich zwar ein hungriger Verwandter der alten Herrschaft, der nach Jahr und Tag sich zum Besuche eingefunden hatte und gleichfalls nicht wieder fortgegangen wer; aber es hatte nichts Sonderliches zu bedeuten. Nur einmal, an einem Winterabend, war hinter dem Turmhaus ein Rehbock von ihm

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