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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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Reitervolk sind die Russischen gewesen – haben nach ihm gezielet. Da ist vom Wald herunter ein herrenloses dunkles Pferd herangekommen, mit weißem Schweif und Mähnen, die haben im Mondenschein geflogen; das ist, als sei es rasend, durch die Niederung und über die Brücke auf die streitenden Milizen losgestürmt; die dunkeln Augen haben gefunkelt, es hat den kleinen Kopf nach rechts und links herumgeworfen. ›Das war kein Pferd, wie wir sie haben‹, sagte der schwedische Soldat, der mir das erzählete. Und zwischen dem Junker und einem Offizier, der seine Lanze auf ihn eingeleget, ist es jach hindurchgestoben; aber des Junkers Augen, die er so nöthig brauchte, hat es mitgenommen. ›Falada!‹ hat er laut gerufen, dann –«
    »Dann?« stammelte der Oberst.
    »Ja, Herr, das ist sein letztes Wort gewesen; denn die Lanzenspitze des Russen hatte ihm das Herz durchstoßen.«
    Ich faßte schweigend unseres Herrn Hand; da rollte ein Wagen langsam in den Hof, und wir stiegen hinab und hoben unseren Rolf, den schönen todten Offizier, herunter; wir trugen ihn hinauf in seine alte Kammer und legten ihn auf die Bettstatt; aber nicht mehr, damit er wie einstmals im Morgenroth von seinem Lager springe.
    – – Ich hatte den Todten in seines Vaters Hut gelassen; denn mir lag zu sehr am Herzen, was nun zunächst uns zu besorgen oblag.
    Da ich aus dem Hof getreten war, sahe ich ein zehnjährig Bürschlein vom Dorf heraufkommen; das erwartete ich, gab ihm eine kleine Münze und sprach: »Gehe ein Stücklein mit mir, Jürgen, falls ich einen Boten brauchte.«
    Das war es zufrieden: und so gingen wir mitsammen an der rechten Seite oben durch den Waldesrand, und ich, wie wir fürder schritten, schauete von dorten allzeit über die Heide hin. »Wen suchet Ihr, Herr Pastor?« frug das Kind.
    »Mir ist bang- ich suche einen Todten«, entgegnete ich ihm.
    Da wurde das Kind gar stille, und wir gingen weiter; aber es drängte sich an mich, wenn Krähen oder Elstern in den nackten Bäumen rauschten. Als wir oberhalb des Steines vor dem Tümpel kamen, streckte es seine Hand dahin. »Sehet, Pastor«, sprach es; »da liegt einer!«
    Und als wir durch das Kraut hinabgestiegen waren, da hatte ich gefunden, was ich suchte. Als habe er zu sanfter Ruhe sich gestreckt, lag hier der Wildmeister mit seinem weißen Kopfe an den Stein gestützet. Der Vorbote der aufgehenden Wintersonne war schon da: ein rother Morgenschimmer lag auf dem stillen Angesicht.
    Scheu und fürsichtig war der Knabe näher kommen. »Der schläft nur!« sagte er.
    Ich aber sprach: »Gehe hin zum Hofe und erzähle, was du hier gesehen; und bitte, daß sie einen Wagen senden; denn hier ist Gottes Frieden und der Schlaf der Ewigkeit.«
    Und so knieete ich zu dem Todten und betete, daß Gott Erbarmen haben möge auch mit der Seele dieses Mannes. Der Knabe aber lief dem Hofe zu.
     
    In der Woche vor dem vierten Sonntage Epiphanias standen die zwei Leichen oben in dem großen Saale aufgebahret, und es war der Tag, an welchem die Beisetzung geschehen sollte, denn auch der Wildmeister sollte in die Gruft derer von Grieshuus; so, hieß es, hatte der Oberst es verordnet, weil er sein Leben um den letzten Sohn des Hauses zugesetzet.
    Als ich am Vormittage in den Hof kam, fand ich selbigen von Bauern ganz erfüllet, alt und jung, mit ihren Weibern und Kindern und Gesinde; der Oberst, sagte mir einer, habe sie herbestellt. Ich drängte in meinem langen Priesterrocke mich hindurch und trat in das Haus, wo auf dem Flur ein Rauchwerkdüften mir entgegendrang. »Wo ist der Herr Oberst?« frug ich eine Magd.
    »In seinem Zimmer«, sprach sie; »aber die alte Matten ist bei ihm; er wünschet ungestört zu bleiben.«
    So stieg ich die Stufen der breiten Treppe hinauf und öffnete die Thür des großen Saales. Da waren nur die beiden Todten. Hohe Wachskerzen auf silbernen Candelabern brannten an ihren Särgen, so mit einem Zwischenraume neben einander standen, und die Flammen knisterten leise, als müsse doch irgend etwas sich hier regen hinter ihnen hingen lange Leilaken vor den hohen Fenstern. Und da ich stand und mein Auge nicht von den Leichen wenden konnte, deren Angesichter zu mir gewendet waren, vernahm ich ein Rauschen wie von Weiberkleidern an des Junkers Sarge, und eine dunkle Gestalt, die lautlos dort gelegen, richtete sich empor. Es war Abel, und ich ging zu ihr, reichte ihr die Hand und sagte: »Hat Sie ihn denn so sehr geliebet, Jungfer?«
    Sie neigte nur das Haupt und sprach:

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