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Werther, der Werwolf - Roman

Titel: Werther, der Werwolf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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radotieren.

Am 15. Mai.
    Seit der Zeit jenes genußreichenAbends und der darauffolgenden Unglücksnacht ziehen Sonne, Mond und Sterne wie gewohnt ihre unruhigen Bahnen, ich aber, ahnungsvollAufgewühlter, weiß weder, daßTag noch daß Nacht ist, und die ganzeWelt verliert sich um mich her.
    Dabei, Freund, fing es so lieblich an! Höre, urteile und ermuntere mich mit Deinem Rat!Anfangs schlangen wir uns in Menuetts um einander herum, ich forderte ein Frauenzimmer nach dem anderen auf. Lotte und ihrTänzer fingen einen Englischen an, und wie es mich packte, als sie die nächste Figur mit mir anhub, magst Du fühlen.Tanzen muß man sie sehen! Sie ist mit ganzem Herzen und ganzer Seele dabei. Ihr Körper eine Harmonie, so unbefangen, so leicht, als wenn das Schwebende ihr eigentlichesWesen wäre. Ich bat sie um den zweiten Contretanz; mit der liebenswürdigsten Freimütigkeit versicherte sie mir, daß sie herzlich gern Deutsch tanze.
    – MeinTänzer walzt schlecht, fuhr sie fort, er dankt mir’s, wenn ich ihm dieArbeit erlasse. Ihr Frauenzimmer kann’s auch nicht, ich habe aber gesehen, daß Sie gut walzen.Wenn Sie nun mein sein wollen fürs Deutsche, so gehen Sie und bitten sich’s von meinem Herrn aus, und ich will mit Ihrer Dame sprechen.
    Nun ging’s an!Wir ergötzten uns eineWeile an mannigfaltigen Schlingungen derArme; mit welchem Reiz, mit welcher Flüchtigkeit bewegt sie sich! Da ich mein Bestes tat und zwar in den kühnsten Figuren, legte sie ihr erhitztes Köpfchen zurück und rief lachend: Da tanzt einer, als wär er kein Mannsbild, sondern ein unbändigTier!
    Als wir immer wilder insWalzen kamen und die Sphären um uns her sich stürzend umrollten, verlor ich das Publikum an den Seiten des Lusthauses ganz aus dem Sinn. In all demWiegen und Drehen und sichVerschlingen der Glieder waren nur noch Lotte und ich die einzigen, ganz der Musik und dem Gefühl Hingegebenen auf derWelt. Das liebenswürdige Geschöpf in denArmen zu haben, mit ihr herumzufliegen wieWetter – achWilhelm! insgeheim tat ich den Schwur, daß Lottchen fürderhin nie mehr mit einem anderen walzen sollte als mit mir, und wenn ich darüber zugrunde gehen müßte.
    Am Ende der dritten Runde, wie wir die Reihe durchtanzen, kommen wir nah an einer Frau vorbei, deren Miene in einem nicht mehr jungen Gesicht mir merkwürdig scheint. Sie sieht Lotten mit einem gleichsam dämonischen Lächeln an, hebt einen drohenden Finger und nennt den NamenAlbert, während wir an ihr vorbeifliegen, zweimal und mit Bedeutung.
    –Wer istAlbert? sage ich zu Lotten, wenn’s nichtVermessenheit ist zu fragen. Sie war im Begriff zu antworten, als wir scheiden mußten, um die großeAchte zu machen, und mich dünkte, einiges Nachdenken auf ihrer Stirn zu sehen.
    – Was soll ich’s Ihnen leugnen, sagte sie, indem sie mir die Hand zur Promenade bot,Albert ist ein braver Mensch, dem ich so gut als verlobt bin.
    Nun war mir das nichts Neues, das Mädchen hatte mir’s auf demWeg ja gesagt, und war mir doch just neu, weil ich es nicht imVerhältnis auf sie, die mir in kurzer Zeit so lieb und wert geworden, gedacht hatte. Durch das Feuer, das sich jäh in mein Herz ergoß, verwirrte ich mich, kam zwischen das unrechte Paar hinein, daß alles drunter und drüber ging, und Lottens ganze Gegenwart, ein Gezerre und mancher Zwischenschritt nötig waren, es wieder in Ordnung zu bringen.
    DerTanz war noch nicht zu Ende, als Blitze, die wir schon lange am Horizont leuchten gesehen, stärker zu werden anfingen und der Donner die Musik überstimmte. Frauenzimmer begannen aus der Reihe zu laufen, denen ihre Herren folgten, die Unordnung wurde allgemein, und die Musik hörte auf.Wir traten ans Fenster. Es donnerte abseitswärts, Regen säuselte auf das Land, erst zaghaft, dann unterWettergeleuchte in mächtigem, unaufhörlichem Guße.Angstvolle Grimassen, in die ich mehrere Frauenzimmer ausbrechen sah; eine setzte sich in die Ecke, mit dem Rücken gegen das Fenster, und hielt die Ohren zu. Eine andere kniete vor ihr nieder und verbarg den Kopf in der ersten Schoß. Eine dritte schob sich zwischen beide hinein und umfaßte ihre Leidensgenossinnen mit tausendTränen. Manche der jungen Stutzer kümmerten sich um ihre Damen, sehr damit beschäftigt, die ängstlichen Gebete, die dem Himmel bestimmt waren, von den Lippen der schönen Bedrängten wegzufangen.Andere Herren hatten das Gemüt, sich in dieVorhalle hinabzubegeben und in Ruhe ein Pfeifchen zu rauchen.
    Ich hatte Charlotten

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