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Werther, der Werwolf - Roman

Titel: Werther, der Werwolf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Balltracht, vorzüglich die Hüte, ihreAnmerkungen gemacht und die Gesellschaft, die man erwartete, gehörig durchgezogen, als wir Hufgetrappel vernahmen, Charlotte aus dem Fenster sah und den Kutscher halten ließ. Hinter uns kam der Papa, der vomAufbruch derTochter unterrichtet worden, dreingeritten, um von der Ältesten rasch nochAbschied zu nehmen. Ich fand es demAnstand gezollt, auszusteigen und mich dem Herren vorzustellen, als das Unglück beinah seinen Lauf nahm. DasTier des rüstigen Reiters, kaum wurde es meiner gewahr, stieg hoch, daß dieVorderhufe um Haaresbreite dasWagendach streiften.Wild aufgerissen starrten die Pupillen des Pferdes auf mich herab, es fletschte das gelbe Gebiß, Schaum und Speichel vor dem Maul, dabei wieherte es, als ob es inTodesangst schriee. LottensVater, unvorbereitet auf denAusbruch, schwankte rückwärts, doch gelang es ihm, sich an der Mähne festzuklammern, sonst wär er abgestürzt.
    – Ruhig jetzt. So! Du! rief ich zu dem enthemmten Falben empor und griff beherzt die Zügel. Nach einigem Gezerre sank er auf alle viere und stieg, obzwar in unerklärlicher Panik den Blick nicht von mir wendend, kein zweites Mal hoch.
    –Was war’s? fragte Charlotte, die geängstet denVorfall aus demWagen beobachtet. –Was ist es, das dem bravenAugust solche Furcht vor Euch einflößt?
    –Vor mir? gab ich erstaunt zurück.
    – Noch nie hab ich ihn beimAnblick eines Fremden so hitzig erlebt. Dabei schüttelte sie den Kopf.
    –Wird ein Eichhörnchen gewesen sein oder ein Ratz, beruhigte derVater, der die Herrschaft über sein Pferd wiedererlangte. Lotte erkundigte sich, ob sie lieber bei ihm bleiben und ihm nach erlittenem Schrecken etwas kochen solle. Der freundliche Mann erwiderte, sie möge zusehn, daß sie zu ihremVergnügen komme, er sei nicht gewillt, auf seinen freienAbend ohne die gestrengeTochter zu verzichten. So schieden sie mit einem Scherzwort, und wir fuhren zum Lusthaus voran.
    Die Base fragte, ob Lottchen mit dem Buch fertig wäre, das sie ihr neulich geschickt. – Nein, sagte diese; alltäglich, wie jenes Buch das Leben beschreibe, gefalle es ihr nicht, sie könne es wiederhaben. Ich fand so viel Charakter in allem, was Lotte sagte, sah mit jedemWort neue Reize, neue Strahlen des Geistes aus ihren Gesichtszügen hervorbrechen, daß ich fragte, was für Bücher ihr gefielen und erstaunte über die Maßen, was sie antwortete.
    – Da ich so selten an ein Buch komme, muß es auch recht nach meinem Geschmack sein, und derAutor ist mir der liebste, in dem ich meineWelt wiederfinde.
    Was das für eineWelt sei, erkundigte ich mich.
    – Eine, in der Geschichten, die sich des Übersinnlichen, desAußernatürlichen bedienten, wahr würden und zudem noch ein gutes Ende fänden.
    – Von Geistern und körperlosen Jungfraun lest Ihr? scherzte ich, fand mich aber von Charlotten streng gemustert. Daß es Kreaturen gebe, die außerhalb unseres engenVerständnisses ein Dasein führten, müsse selbst ein nüchterner Sinn wie der meine zugeben.
    – Nüchtern, ich? wollte ich dazwischenrufen, sie aber ließ mich nicht zuWort kommen.
    – Unglückselig zwischen den Grenzen der hiesigen und einer nächstenWelt gefangen, existieren Geschöpfe, sagte Lotte, weder lebendig noch tot, dafür gibt es mannigfaltigen Beweis.Auch wenn sie noch keinem begegnet sei, liebe sie es, in Geschichten und packend geschilderten Berichten über solche zu lesen.
    Ich bemühte mich, meine Bewegung über dieseWorte zu verbergen, mußte ich mich doch fragen, ob die schöne Charlotte in derAbgeschiedenheit des Jagdhauses ein wenig sonderlich geworden sei. Insgeheim fand ich es ratsam, sie häufiger in Gesellschaft Gleichalteriger zu bringen, statt in der an Phantasien reichenWelt der Kinder zu belassen. Zugleich gestehe ich,Wilhelm, wie sehr ich mich unter solchem Gespräch an ihren schwarzenAugen weidete, wie die lebendigen Lippen und die frischen munterenWangen meine Seele anzogen! wie ich, in den hitzigen Klang ihrer Rede versunken, oft dieWorte nicht hörte, mit denen sie sich ausdrückte. Du hast gewiß eineVorstellung, Freund, weil Du mich kennst. Kurz, ich stieg aus demWagen wie einTräumender, als wir vor dem Lusthaus hielten. Durch unser merkwürdiges Gespräch war ich so ganz in der rings hinblauendenWelt verloren, daß ich auf die Musik kaum achtete, die uns von dem erleuchteten Saal herunter entgegenschallte. Über dasWeitere, das sich an Unerhörtem noch steigern soll, will ich Dir nächstens

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