Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
alles ab, als er die Hauptverbindungsstraße zwischen den beiden Städten entlangbretterte. Zum Glück war Sonntag und mit Ausnahme der gefürchteten Sonntagsfahrer kaum etwas los.
Fünfzehn Minuten später bog er auf den Parkplatz des Bielefelder Präsidiums in der Kurt-Schumacher-Straße ein. Sein persönlicher Rekord lag bei zwölfeinhalb Minuten, aufgestellt vor einem halben Jahr während eines Einsatzes. Damals war er jedoch nicht mit seinem Mini unterwegs gewesen, sondern mit einem VW -Passat-Dienstwagen, Blaulicht und Martinshorn.
Die Erste Kriminalhauptkommissarin Vera Jesse stand am Kopfende des ovalen Besprechungstischs und zeigte auf das Bild eines jungen Mannes, das der Beamer von der Decke auf die große Leinwand hinter ihr projizierte. Es zeigte offenbar den toten Zapfer. Die blau angelaufenen Lippen und die weit aufgerissenen Augen des Mannes ließen einen qualvollen Erstickungstod vermuten. Jan stahl sich in das moderne, kühl wirkende Sitzungszimmer und nickte kurz in die Runde der anwesenden Kollegen.
Er setzte sich neben Kriminalkommissar Thomas Horstkötter, einen ruhigen Mittvierziger, der vor allem nach Dienstschluss auftaute, wenn er sich in einer der zahlreichen Kneipen der Bielefelder Altstadt auf der Suche nach der richtigen Frau herumtrieb. Ihm gegenüber saßen die junge Kriminalkommissarin Bettina Begemann und der kurz vor der Pensionierung stehende Kriminalhauptkommissar Manni Opitz, dessen pure Anwesenheit dem ein oder anderen Kollegen die Schweißperlen auf die Stirn trieb. Opitz war ein Kriminalbeamter alten Schlages, autoritär und disziplinversessen. Frauen waren seiner Meinung nach für vieles gut, nur im Polizeidienst hatten sie nichts verloren. Auch Ergün und zwei Kollegen aus dem Herforder Präsidium waren anwesend. Kriminalhauptkommissar Kai Stahlhut kannte er bereits von der Polizeischule und von diversen Kooperationen beider Dienststellen. Er war ein sonderbarer Typ, im Grunde ein Netter, aber gelegentlich ziemlich launisch. Ein richtiger Ostwestfale. Neben Stahlhut saß dessen Chef, Erster Kriminalhauptkommissar Harald Bläute. Ein gemütlicher Schnauzbart mit Bauchansatz, Ende fünfzig, der sich in seinen letzten Jahren bei der Kripo nicht durch unnötigen Stress belasten wollte.
Vera Jesse war die Leiterin des Kommissariats 11, das zuständig war für Mord, Tötungsdelikte, Todes- und Brandermittlungen, Vermisste und Sexualdelikte. Bei Mordfällen erstreckte sich ihr Verantwortungsbereich auf ganz Ostwestfalen-Lippe, was nicht selten zu Kompetenzgerangel mit den zuständigen Dienststellen der Region führte.
Vera war eine elegante, hübsche Frau, nur wenig älter als Jan. Sie führte das Kommissariat mit ihrem ganz eigenen Charme; manchmal etwas zu weich, wie ihr manch einer schon vorgeworfen hatte, und doch zielstrebig und professionell.
Jan mochte sie. Die beiden waren auch privat miteinander befreundet, und ab und an sprang sie sogar als Backgroundsängerin in Jans Band ein.
Vera Jesse gab den beiden Herforder Kollegen ein Zeichen, das Wort an sie übergeben zu wollen. Kai Stahlhut stand energisch auf, positionierte sich vor der Leinwand und begann von den Ereignissen des gestrigen Abends auf dem Hoeker-Fest zu berichten.
»… als ich den jungen Kerl da liegen sah, mit dem Schaum vor dem Mund, und hörte, dass er nach einem Schluck aus einem neuen Fass Bier einfach umgekippt ist, war mir sofort klar, dass er vergiftet wurde. Ich habe vor Jahren mal ein Seminar in der Rechtsmedizin zu dem Thema besucht.«
Stahlhut trat einen Schritt zur Seite, sodass jeder im Raum noch einmal einen Blick auf das Opfer werfen konnte.
»Der Tote heißt Daniel Hövelmeyer und war Abiturient am Herforder Friedrichs-Gymnasium. Er jobbte als Zapfer auf dem Fest. Sein Leichnam wurde bereits in die Rechtsmedizin nach Münster gebracht. Dr. von Allwörden wird sich um ihn kümmern. Ich tippe übrigens auf eine Blausäurevergiftung.«
»Nicht so voreilig, Herr Kollege«, bremste ihn Vera. »Ich kenne dieses Seminar auch, möchte allerdings nicht nur aufgrund dieses Fotos und Ihres Berichts auf die exakte Todesursache schließen. Mich interessiert außerdem, was danach passiert ist. Wir wurden erst weit nach Mitternacht verständigt, der Todeszeitpunkt war allerdings bereits um halb zehn.«
»Ich habe das Fest gegen elf Uhr abbrechen lasen«, mischte sich jetzt Harald Bläute ein. »Alle Veranstaltungen, die heute, am letzten Tag des Fests, hätten stattfinden sollen, sind abgesagt
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