Wetten, du küsst mich!
Unannehmlichkeiten wert. Immerhin sorgten seine exquisiten Gerichte dafür, dass das Hotelrestaurant brummte wie nie zuvor. Im Moment war der aufbrausende André ohnehin ihr geringstes Problem. Das wirkliche Problem war Jackson Hawke. Sobald sie nur an ihn dachte, hämmerte der Kopfschmerz doppelt stark.
Laura betrat den Fahrstuhl zur Chefetage. Wenn sich doch nur die Probleme mit Jackson Hawke ebenso leicht lösen ließen! Noch hatte sie ein Fünkchen Hoffnung, dass der Mann vielleicht doch falschlag. Dass ihre Mutter doch nicht ihre Anteile am Hotel verpfändet und Hawke sie doch nicht rechtskräftig erworben hatte. Sie sah ihn genau vor sich, wie er sie mit seinen blauen Augen eingehend gemustert hatte. Sein selbstsicheres Auftreten. Sie seufzte. Auch wenn die Hoffnung zuletzt starb – er hatte nicht gerade den Eindruck eines Mannes gemacht, der sich oft irrte.
In ihrem Büro öffnete sie eine Schublade und griff nach einer Packung Kopfschmerztabletten. Sie spülte zwei Tabletten mit Wasser hinunter und setzte sich. Doch schnell wurde Laura klar, dass die simplen Schmerztabletten diesmal nicht ausreichen würden. Sie würde die stärkeren Migränepillen brauchen, die der Arzt ihr verschrieben hatte. Die wirkten zwar, raubten ihr aber auch die Antriebskraft und machten sie den ganzen Tag lang benommen. Und gerade heute brauchte sie einen klaren Kopf und alle Energie, die sie nur aufbringen konnte.
Sie sah zu einem eingerahmten Foto hinüber. Das Bild zeigte Laura zusammen mit ihren Halb- und Stiefgeschwistern auf der letzten Hochzeit ihrer Mutter. Sie betrachtete die lächelnde grünäugige Blondine, die neben ihr stand – ihre Halbschwester Chloe. Mit ihren 22 Jahren war Chloe vier Jahre jünger als Laura; sie stammte aus der vierten Ehe ihrer Mutter mit dem Fernsehschauspieler Jeffrey Baxter. Chloe war ebenfalls Schauspielerin und lebte an der Westküste. Sie legte Wert auf gesunde Ernährung und kannte sich gut mit Naturheilmethoden aus.
Laura wollte erst eine von Chloes Methoden probieren, bevor sie auf die starken Tabletten zurückgriff. Ihre Halbschwester hatte ihr einmal gezeigt, wie man durch Atmung Schmerzen lindern konnte. Dazu gehörte auch das Herunterbeten eines Mantras, aber Laura brachte es nicht über sich, die Worte laut vor sich herzusingen; sie wäre sich dabei unsagbar dumm vorgekommen. Also wiederholte sie die Worte nur im Geiste.
Ich fühle, wie mein Herzschlag sich verlangsamt. Ich füh le, wie das Blut in meine Arme hinabströmt bis in die Fin gerspitzen. Meine Finger werden warm. Ich fühle, wie die Anspannung meinen Körper verlässt. Ich bin entspannt. Ich bin ganz ruhig.
Im Stillen wiederholte sie die Sätze immer wieder und schloss die Augen. Doch prompt tauchte wieder das Bild von Jackson Hawke vor ihrem inneren Auge auf. Überdeutlich sah sie ihn vor sich, im grauen Anzug, mit blauer Krawatte, die zur Farbe seiner Augen passte. Sogar sitzend wirkte er groß und bedrohlich, vor allem, als er ihr mitteilte, dass das Contessa nun ihm gehörte. Allein der Gedanke an ihn ließ ihren Kopfschmerz wieder stärker werden.
„Mit den sanften Heilmethoden wird das wohl nichts“, murmelte sie und öffnete die Augen wieder. Neben den Migränetabletten in der Schublade lagen ihre Süßigkeitenvorräte. Sie biss sich auf die Unterlippe und erinnerte sich an das Gelübde, das sie erst vor drei Tagen vor sich selbst abgelegt hatte. Keine Kekse. Keine Süßigkeiten. Kein Eis. Keine Schokoriegel mit klebrig-süßer Füllung.
Hin- und hergerissen starrte sie die verlockenden Teile an. Das Wasser lief ihr ihm Mund zusammen. Aber sie hatte sich doch geschworen: Keine Süßigkeiten – außer im Notfall. Nur: Was war die Sache mit Jackson Hawke und der Monsterkopfschmerz, wenn kein Notfall? Gierig griff sie nach dem Schokoriegel, riss das Papier herunter, biss in die süße Verlockung, schloss die Augen und stieß ein genüssliches Stöhnen aus.
„Auweia.“
Laura fuhr zusammen. In der Tür stand Penny. Schnell stopfte sie sich den Rest der verbotenen Schokolade in den Mund und schlang sie herunter. Kalorien hin oder her, sie fühlte sich schon besser.
Penny setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, sah auf das zerrissene Einwickelpapier des Schokoriegels und sagte: „Da Chefkoch André seine ständige Kündigungsdrohung ja wieder nicht wahr gemacht hat, liegt es wohl an diesem Hawke, dass du deine Diät abgeblasen hast. Wer ist dieser Mann, Laura? Was wollte er?“
Laura erklärte
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