Wettfahrt der Drachenboote - Mika, der Wikinger ; 1
Mikas großer Tag
Als die Sonne aufgeht, ist Mika schon eine halbe Ewigkeit wach. Das ist er sonst nie. An allen anderen Tagen des Jahres schläft der kleine Wikinger so lange, bis seine Mutter ihn zum Frühstück aus dem Bett scheucht. Aber heute ist sein Geburtstag und von dem will er keinen Moment verpassen. Mika liegt unter seinem warmen Elchfell und lauscht auf die Geräusche in der Hütte. Sein Vater schnarcht, und ein paar Hühner, die sich hineinverirrt haben, scharren unter dem Tisch nach Brotkrumen und Körnern.
„Kikeriki!“, ahmt Mika einen Hahn nach, und dann gleich noch einmal. „Kikeriki! Kikeriki!“
Keine Reaktion! Seine Eltern wachen einfach nicht auf. Mika versucht es noch mit frechem Bellen, kläglichem Miauen und sogar dem grausigen Heulen eines Wolfes.
„Mika! Lass das sein!“, brummt sein Vater.
„Was denn?“, fragt Mika unschuldig.
„So einen Lärm zu machen! Es ist noch viel zu früh!“, antwortet sein Vater. Dann dreht er sich auf die andere Seite und schläft einfach weiter.
Dabei kann es Mika gar nicht erwarten, dass seine Eltern endlich aufstehen. Dann werden sein Vater und seine Mutter mit ihm zur Bucht gehen, um ihm sein Geschenk zu zeigen: ein richtiges Langschiff mit einem rot-weiß gestreiften Segel, einem Drachenkopf vorne am Bug und natürlich anständigen Rudern rechts und links. Es muss ja nicht gleich ein so großes sein wie das, auf dem sein Vater auf Beutefahrt geht. Mit einem Langschiff für Kinder, indem Mika mit seiner besten Freundin Edda an der Küste entlangsegeln kann, wäre er schon zufrieden.
Ulf, der Sohn des Dorfobersten, hat genau so eines zu seinem Geburtstag bekommen und kreuzt seitdem jeden Tag bei gutem Wetter durch die Bucht. Er bleibt immer so nah am Ufer, dass ihn jeder sehen kann. Dabei spielt Ulf sich auf, als wäre er der mutigste und furchteinflößendste Wikinger aller Zeiten.
Mika wünscht sich das Langschiff nicht zum Angeben – na ja, ein bisschen vielleicht schon. Vor allem aber will er mit dem Boot zum Angeln rausfahren und die benachbarten Fjorde erkunden.
Endlich! Aus der Richtung, in der das Bett seiner Eltern steht, erklingen leise Stimmen. Seine Mutter und sein Vater sind aufgewacht. Mika tut so, als ob er noch schlafen würde, und dreht sich zur Wand,damit seine Eltern nicht merken, wie aufgeregt er ist. Ihre Schritte kommen näher, dann packt ihn die kräftige Hand seines Vaters an der Schulter und schüttelt ihn zärtlich.
„Aufwachen, Mika!“, sagt sein Vater und gibt ihm einen Kuss auf die Stirn. „Alles Gute zum Geburtstag, mein großer Krieger!“
„Alles, alles Liebe, meine kleine Robbe!“, sagt seine Mutter.
Mika hasst es, wenn ihn seine Mutter kleine Robbe nennt. Heute ist es ihm egal.
Er dreht sich schnell um und strahlt seine Eltern erwartungsvoll an. Seine Mutter hat einen süßen Fladenkuchen gebacken und darauf sieben Kerzen angezündet. Auch seine Eltern strahlen.
„Danke! Vielen, vielen Dank!“, ruft Mika und pustet die Kerzen aus. „Gehen wir gleich runter zum Hafen?! Jetzt sofort?“
„Wieso? Was sollen wir denn da?“, fragt sein Vater verständnislos.
„Na, wegen meines Geschenks natürlich“, erwidert Mika ungeduldig.
„Aber das haben wir doch hier“, sagt seine Mutter und stößt Mikas Vater in die Seite.
Der holt endlich das Holzschwert hervor, das er die ganze Zeit vor Mika versteckt hatte.
„Hier! Das ist für dich! Es sieht fast aus, als wäre es echt“, sagt Mikas Vater stolz und legt ihm das Schwert feierlich auf das Elchfell. „Ich habe es extra für dich geschnitzt! Gefällt es dir?“
Nur mit Mühe kann Mika seine Tränen zurückhalten.
„Aber ich hatte mir doch ein Langschiff gewünscht“, stammelt er mit erstickter Stimme.
„Weißt du, was so ein Schiff kostet? Das können wir uns gar nicht leisten“, sagt sein Vater.
„Ulf hat aber auch eins“, schnieft Mika.
„Sein Vater ist ja auch unser Anführer. Dein Vater ist auf dem Langschiff nur der dritte Ruderer von rechts. Da bleibt für ihn nicht so viel von der Beute übrig“, erklärt seine Mutter und streicht Mika tröstend übers Haar.
„Aber ich habe es mir doch so doll gewünscht!“, schluchzt Mika, dem die Tränen jetzt wie ein Wasserfall rechts und links aus den Augenwinkeln strömen. In diesem Augenblick ertönt vom Hafen ein Horn. Es ist das Zeichen, dass die Männer zu einer neuen Beutefahrt aufbrechen. Mikas Vater greift schnell nach dem Sack mit seinen Sachen: einem Schwert, seinem
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