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Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft

Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft

Titel: Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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dann zu lange auf dem Boden gelegen hatte.
    Als er an der Ausfahrt 6 vorbeikam und sich der Stelle näherte, an der seine Mutter gestorben war, drifteten seine Gedanken in die Vergangenheit zurück. Er gestattete sich das nur sehr selten; er zog es vor, sich auf die Gegenwart und die Zukunft zu konzentrieren. Die Vergangenheit war tot und begraben. Aber in seiner augenblicklichen Stimmung gestattete er sich die Erinnerung an eine verschneite Winternacht ungefähr einen Monat nach dem Tod seiner Mutter…
     
    13
     
    Er hatte diese schicksalhafte Überführung jede Nacht beobachtet, manchmal ganz offen, manchmal versteckt in den Büschen. Der Januarwind hatte ihm das Gesicht vereist, seine Lippen spröde werden lassen und seine Finger und Zehen betäubt. Trotzdem wartete er. Autos fuhren vorüber, Menschen gingen vorbei, die Zeit verstrich, aber niemand warf etwas von der Brücke.
    Es wurde Februar. Es hatten sich schon die ersten Anzeichen für den Frühling gezeigt, aber dann begann es wieder zu schneien. Drei, vier Zentimeter lagen bereits auf dem Boden und mindestens zehn bis fünfzehn sollten laut Wetterbericht noch dazukommen. Jack stand auf der Überführung und sah auf den sich lichtenden Verkehr hinunter, der sich unter ihm nach Süden quälte. Ihm war kalt, er war müde und er wollte gerade für diese Nacht Feierabend machen.
    Als er sich zum Gehen wandte, sah er eine Gestalt, die zögerlich durch den Schnee näher kam. Aus der bereits begonnenen Bewegung heraus bückte sich Jack, griff sich eine Handvoll nassen Schnee, formte daraus eine Kugel und warf sie über das Sturmgitter auf ein unten vorbeifahrendes Auto. Nach zwei weiteren Schneebällen sah er wieder auf die Gestalt und sah, dass sie jetzt vertrauensvoller näher kam. Jack stellte seine Würfe ein und starrte auf den Verkehr hinunter, so als warte er darauf, dass der Neuankömmling weiterging. Aber das tat er nicht. Er blieb neben Jack stehen.
    »Was pack’ste da rein?«
    Jack sah ihn an. »Wo rein?«
    »In die Schneebälle.«
    »Verpiss dich.«
    Der Kerl lachte. »Hey. Alles in Ordnung. Bedien dich.« Er hielt ihm eine Handvoll walnussgroßer Steine entgegen.
    Jack rümpfte spöttisch die Nase. »Wenn ich mit Steinen schmeißen wollte, könnte ich mir wirklich bessere suchen.«
    »Die sind nur für den Anfang.«
    Der Neuankömmling, der sich als Ed vorstellte, legte die Steine auf das Geländer und zusammen formten sie neue Schneebälle mit Kernen aus Stein. Dann zeigte Ed ihm eine Stelle, wo sich das Schutzgitter beiseiteschieben ließ und damit ein besseres Zielen ermöglichte – eine Öffnung, die groß genug war, um einen Ziegelstein hindurchfallen zu lassen. Jack gelang es, mit seinen steingespickten Schneebällen die Aufbauten von LKW zu treffen oder seine Ziele ganz zu verfehlen. Aber Ed platzierte den größten Teil der seinen zielsicher genau auf den Windschutzscheiben.
    Jack beobachtete Eds Gesicht beim Werfen. Zwischen der Strickmütze, die bis zu den hellen Augenbrauen hinuntergezogen war, und dem hochgeschlagenen Kragen der Seemannsjacke, der bis zu den flaumigen Wangen reichte, war nicht viel zu sehen. Aber in seinen Augen war ein wilder Glanz, wenn er einen seiner Schneebälle warf, und er grinste zufrieden, wenn er sah, wie sie eine Windschutzscheibe trafen. Er genoss die Sache.
    Das bedeutete aber noch nicht, dass Ed derjenige war, der den Stein geworfen hatte, durch den seine Mutter gestorben war. Vielleicht war er nur einer von der Million von Möchtegern-Terroristen, denen einer dabei abging, wenn sie etwas zerstörten oder be schmierten, das jemand anderem gehörte. Aber was er da tat, war gefährlich. Es war glatt auf der Straße dort unten. Selbst wenn die Scheibe nicht zertrümmert wurde, konnte es immer noch passieren, dass ein Fahrer sich so erschreckte, dass er auf die Bremse trat und ins Schleudern geriet. Und bei den augenblicklichen Straßenverhältnissen konnte das tödlich sein.
    Entweder war Ed dieser Gedanke noch nie gekommen oder gerade das hatte ihn heute hierhergetrieben.
    Er könnte es sein.
    Jack zwang sich dazu nachzudenken. Er musste es in Erfahrung bringen. Und er durfte sich auf keinen Fall irren.
    Er musste den ersten Schritt machen. »Verdammte Zeitverschwendung«, meinte er abfällig. »Ich glaube nicht, dass einer auch nur einen Kratzer abgekriegt hat.« Er drehte sich um. »Ich verschwinde.«
    »Hey!« Ed ergriff ihn am Arm. »Ich sagte doch, wir fangen gerade erst an!«
    »Das hier ist

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