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Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft

Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft

Titel: Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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wollten sich nicht mit Rinderfett besudeln. Die Spannungen zwischen den britischen Offizieren und ihren Sepoy-Truppen hatten sich über Monate hinweg aufgeschaukelt und waren am 10. Mai, vor gerade mal drei Monaten, kulminiert und hatten sich in einer Rebellion in Meerut Bahn gebrochen, bei dem ein Teil der weißen Bevölkerung massakriert worden war. Der Aufstand hatte sich wie ein Buschfeuer über ganz Nordindien ausgebreitet und das Raj war seitdem nicht mehr zur Ruhe gekommen.
    Westphalen hatte die Enfield gehasst, weil sie ihn während seiner eigentlich ruhigen und bequemen Dienstzeit in Gefahr gebracht hatte. Jetzt streichelte er sie fast liebevoll. Wäre der Aufstand nicht gewesen, wäre er jetzt immer noch in Fort William, weit weg im Südosten, und wüsste nichts vom Tempel-in-den-Bergen und der Aussicht auf Rettung für seine Ehre und den Namen Westphalen, die dort auf ihn wartete.
    »Ich sehe ihn, Sir.« Es war Watts, einer seiner Soldaten.
    Westphalen stieg den Hügel hoch bis zu der Stelle, wo Watts unterhalb der Kuppe lag, und nahm ihm den Feldstecher ab. Nachdem er ihn neu eingestellt hatte, um seine Kurzsichtigkeit auszugleichen, erspähte auch er den gedrungenen, kleinen Mann, der eilig mit seinen Maultieren nach Norden zog.
    »Wir warten, bis er in den Bergen verschwunden ist, dann folgen wir ihm. Bleibt so lange in Deckung.«
    Da die Monsunregen den Boden aufgeweicht hatten, würden sie Jaggernath und seinen Maultieren mühelos folgen können. Westphalen wollte das Überraschungsmoment auf seiner Seite haben, wenn er zum Tempel kam, aber das war nicht unbedingt notwendig. So oder so würde er den Tempel-in-den-Bergen finden.
    Einige Geschichten behaupteten, er sei aus purem Gold erbaut. Westphalen glaubte das keinen Moment – aus Gold konnte man keine Gebäude errichten. Anderen Geschichten zufolge beherbergte der Tempel riesige Gefäße voller Edelsteine. Westphalen hätte darüber vielleicht auch gelacht, wenn er nicht selbst den Rubin gesehen hätte, den Jaggernath im letzten Monat MacDougal gegeben hatte, nur damit der die Vorräte auf dem Rücken der Maultiere nicht anfasste.
    Wenn es in dem Tempel etwas von Wert gab, dann würde Westphalen es finden … und einen Teil oder alles davon einheimsen.
    Er sah sich zu den Männern um, die er mitgebracht hatte: Tooke, Watts, Russell, Hunter, Lang und Malleson. Er hatte in seinen Akten sorgfältig nach Individuen gesucht, die über die von ihm benötigten Eigenschaften verfügten. Er verabscheute es, sich mit solchen Leuten einlassen zu müssen. Sie waren nicht nur von niederem Stand, sie waren auch die härtesten Kerle, die er finden konnte; der Abschaum der Garnison von Bharangpur, die versoffensten und skrupellosesten Soldaten unter seinem Befehl.
    Seit zwei Wochen hatte er seinem Leutnant gegenüber immer wieder Bemerkungen über Gerüchte eines Rebellencamps in den Bergen fallen lassen. In den letzten Tagen hatte er immer wieder auf vage Berichte hingewiesen, die diese Gerüchte stützten und denen zufolge die Aufständischen von einer religiösen Gruppierung in den Bergen mit Nachschub versorgt wurden. Und gestern hatte er dann einige Männer zu einem »kurzen Aufklärungsritt« eingeteilt. Der Leutnant wollte die Patrouille anführen, aber Westphalen hatte selbst das Kommando übernommen.
    Während der ganzen Zeit hatte Westphalen sich immer wieder beklagt, so weit vom Kampfgeschehen entfernt zu sein, dass der ganze Ruhm, diesen Aufstand niederzuschlagen, von anderen eingeheimst wurde, während er in Nordbengalen mit bürokratischem Unsinn die Zeit totschlug. Die Scharade hatte funktioniert. Die Offiziere und Zivilisten der Bharangpur-Garnison waren jetzt überzeugt davon, dass Sir Albert Westphalen sich nicht durch einen weit abgeschlagenen Posten daran hindern lassen würde, den einen oder anderen Orden zu verdienen; vielleicht hatte er es sogar auf eines dieser neuen Victoria-Kreuze abgesehen.
    Außerdem stellte er klar, dass er keine einheimischen Hilfssoldaten wollte. Dies war eine einfache Aufklärungsmission, keine Packpferde, keine Träger – jeder Soldat würde selbst auf seinen Proviant und sein Wasser achten.
    Westphalen ging zurück und blieb neben seinem Pferd stehen. Er hoffte inständig, sein Plan würde funktionieren, und schwor zu Gott, wenn alles so lief, wie er sich das gedacht hatte, dann würde er in seinem Leben nie wieder eine Spielkarte oder einen Würfel anrühren.
    Es musste einfach klappen. Wenn nicht, würde das

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