Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe
dieser Nacht begonnen. Er konnte sich an sehr wenig erinnern, was vor dieser Nacht passiert war. Aber diese Nacht … die Welt war in jener Nacht zu einem herrlichen neuen Ort geworden, hatte sich für ihn geöffnet wie die Blüten morgens im Garten, wenn die Sonne auf sie scheint.
Das Leben davor war wie ein Traum; halb vergessene, unzusammenhängende Szenen aus jener Zeit blitzten sporadisch in seinem neuen, wachen Zustand auf. Jetzt schien ihm alles neu und doch nicht neu, so als ob er schon vorher hier gewesen wäre, so viele Dinge gesehen und getan und sie alle wieder vergessen hätte. Wenn er sie jetzt sah, war es wie ein kleiner Stoß an sein Gedächtnis, der einen ganzen Schwung des Wiedererkennens auslöste, aus dem einzelne Teile herausfielen, die sich plötzlich an ihrem rechten Platz einordneten.
Mammi hatte ihm erzählt, dass alles Gute, was er seit jener Nacht erlebt hatte, von Dr. Bulmer gekommen sei. Vielleicht hatte er darum dieses gute Gefühl, wenn er den Doktor sah.
Mammi übernahm das Schieben des Rollstuhls und begann, mit Dr. Bulmer zu sprechen. Sie sprach immer mit ihm. Jeffy hatte bemerkt, dass immer, wenn er den Doktor im Krankenhaus besucht hatte, Mammi redete und redete, obwohl der Doktor ihr kaum jemals antwortete. Sie schob ihn in den Raum, in dem die Männer in den vergangenen Wochen gearbeitet hatten.
»Erinnerst du dich an dieses Zimmer, Alan?«, fragte sie. »Wir haben hier einige Zeit verbracht, du und ich.«
»Ich … ich glaube, ja«, antwortete er mit seiner tonlosen Stimme.
»Es war früher die Bibliothek. Jetzt ist es dein Zimmer. Du wirst hier wohnen, bis deine Beine stark genug sind und du die Treppe benutzen kannst. Wir werden Ärzte und Krankengymnasten und Sprechtherapeuten und was noch alles herholen und sie werden mit dir arbeiten und dich wieder fit machen. Du machst jeden Tag Fortschritte. Vor zwei Wochen konntest du noch nicht einmal sprechen; jetzt redest du wieder. Und du wirst weiter Fortschritte machen. Und Jeffy und ich werden dir dabei helfen. Du wirst wieder die gleiche Person sein, die du einmal warst.« Mammis Stimme wurde einen Moment lang leiser, weil sie mit den Tränen kämpfte. »Ich schwöre es dir. Egal, wie lange es dauern wird, ich schwöre es!«
»Wie war ich?«, fragte er.
»Du warst der Größte. Und für mich bist du das immer noch.«
Sie ergriff seine Hand und drückte sie. Einen Moment lang befürchtete Jeffy, dass sie wieder weinen würde. Sie weinte nicht mehr so viel wie zuvor, aber immer noch ziemlich viel. Jeffy mochte sie nicht weinen sehen.
»Jeffy«, sagte sie und wandte sich zu ihm. Er sah, dass sie nicht weinen würde. Jedenfalls jetzt nicht. »Warum nimmst du nicht Mess und Polyphem eine Weile mit hinaus in den Garten? Sie sind nun schon den ganzen Morgen im Haus eingesperrt. Aber bleib von der Mole weg. Wir haben Flut, und ich möchte nicht, dass du nass wirst.«
»Mach ich!« Er hatte selbst Lust herumzutollen.
Er hob Mess von ihrem sonnenbeschienenen Platz auf dem Fenstersims hoch, dann klatschte er mit der Hand gegen den Oberschenkel. Polyphem kam aus dem hinteren Zimmer angerannt. Und dann waren sie draußen im Garten in der warmen Augustsonne.
Als Mess in die Büsche stolzierte, fand Jeffy einen Stock. Er warf ihn weit fort, damit Polyphem ihn wieder holen konnte. Beim dritten Mal verfing sich der Stock in den Zweigen eines Pfirsichbaums – den Mammi den neuen Baum nannte, den mit den richtig großen Pfirsichen.
Während Polyphem bellte und den Baum umkreiste, versuchte Jeffy hochzuklettern, um den Stock herunterzuholen. Es gelang ihm nur, sich die Beine aufzukratzen und einige reifere Pfirsiche herunterzuschütteln.
Sie sahen lecker aus. Als er sich vorbeugte, um einen aufzuheben, kam Mess aus den Büschen auf ihn zugeschlendert. Sie trug etwas im Maul … und es bewegte sich. Mess legte das Geschenk vor Jeffy ab und zog wieder davon.
Es war ein Vogel. Jeffy sah mit erschreckter Faszination auf den blutigen zerfetzten Flügel und beobachtete den vergeblichen Versuch des Vogels, ihn wieder zu richten.
Sein Herz schlug der armen Kreatur entgegen. Als er nach dem Vogel griff, piepste er schwach und schlug mit dem gesunden Flügel, um sich zu befreien.
»Ich werde dir nicht wehtun«, sagte er. Vielleicht könnte er ihn behalten, ihn füttern und seinen Flügel wieder reparieren. Dann wäre dieser Vogel ganz allein sein Haustier. Als Jeffy den verletzten Vogel in den Händen hielt, spürte er plötzlich, wie ein
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