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Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Titel: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy Abrahamson
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über die Brust verlaufenden goldenen Reißverschluss und Leggins mit Leopardenmuster. An ihrem sehnigen Hals pendelte ein goldenes Kreuz. Wenn ich ein hässliches polnisches Wort mit k gekannt hätte, hätte ich es jetzt benutzen können. Natürlich schämte ich mich für diesenGedanken auch gleich wieder, schließlich hatte Mutter oft genug erzählt, dass Sylwias versoffener Mann sie regelmäßig grün und blau geschlagen hatte. Trotzdem fragte ich mich, wie Sylwias erster Mann  – der eifersüchtige Schiffskoch – je auf die Wahnsinnsidee kommen konnte, dass andere Männer sich für sie interessierten. Auch für den Gedanken schämte ich mich, bis ich mir sagte, dass diese Art von Schizodenken auf die Dauer ein bisschen anstrengend werden könnte.
    »Alicja! Komm und hilf uns Sachen reintragen!«, rief Mutter vom Auto her.
    Sie war mit einem leeren Auto losgefahren, aber jetzt war es so vollgepackt, dass sämtliche Fenster das Muster von platt gequetschten Tüten und Taschen zeigten  – das untrügliche Erkennungszeichen reisender Polen. Der Volvo lag zudem beunruhigend tief.
    Celestyna saß auf dem Rücksitz. Sie könnte ihrer Mutter nicht unähnlicher sein. Celestyna ist natürlich blond und hat ein ziemlich hübsches Gesicht. Sie ist nur ein bisschen pummelig und hat ein nicht so hübsches Stupsnäschen, und beides zusammen hat leider, leider eine verblüffende Ähnlichkeit mit Miss Piggy zur Folge.
    Nachdem alles Gepäck und alle Taschen aus dem Auto geräumt waren, stellte sich Sylwia daneben. Aber statt sich auf den Boden zu schmeißen und die Erde zu küssen, holte sie eine Packung Marlboro heraus und zündete sich eine Zigarette an. Mit gerunzelter Stirn begutachtete sie unser Haus und sagte:
    »Nicht gerade ein Palast.«
    Jetzt stehen Celestyna und ich also neben der Badewanne, und ich weiß nicht, was ich ihr noch zeigen soll. Ich habe mit ihr schon den kompletten Rundgang durch das schöne Fachwerkhaus gemacht, wie wir es nennen, obwohl es in Wahrheit ein dringender Renovierungsnotfall ist.
    »Hast du einen Freund?«, fragt Celestyna plötzlich.
    »Nein«, antworte ich.
    »Bist du in jemand verliebt?« Celestyna sieht mich erwartungsvoll an.
    »Nein«, sage ich und spüre, dass diese Antwort sie enttäuscht  – wie alle meine Antworten bisher. Die Welt im Westen scheint ihren Erwartungen nicht zu entsprechen. Jedenfalls glaube ich nicht, dass unser Badezimmer mit dem Gartenschlauch zum Duschen und Waschen das ist, was sie sich unter dem goldenen Westen vorgestellt hat. »Und du?«
    »Es gab da einen Jungen in meiner Klasse in Rumia«, beginnt Celestyna enthusiastisch. »Aber er war nur doof.«
    Ich nicke. Ein Teil von mir ist immer noch sauer auf Mutter, die mir Celestyna aufgebürdet hat. Ich bin SECHZEHN (okay, eigentlich fünfzehn plus elf Monate). Celestyna ist DREIZEHN. Zwischen uns liegen Welten. Ich bin erwachsen, und Celestyna ist ein Kind. Okay, ein Kind, das jetzt schon einen größeren Busen hat, als ich ihn jemals haben werde, aber trotzdem.
    »Freust du dich, in Schweden zu sein?«, frage ich vorsichtig.
    »Nein«, sagt Celestyna. »Ich wollte nicht weg von meinen Freunden.«
    Und plötzlich tut mir Celestyna leid. Das Mädchen hat eine beinahe unheimliche Ähnlichkeit mit einer gewissen Muppet-Figur, einen gewalttätigen Trinker zum Vater, undzum Schluss musste sie auch noch ihre Freunde und ihr Heimatland verlassen. Ich sollte wirklich alles tun, um ihr und ihrer Mutter das Leben hier in Schweden leichter zu machen.
    »Schweden ist ein ziemlich gutes Land«, sage ich. »Es wird dir bestimmt gefallen.«
    »Ganz bestimmt nicht «, antwortet Celestyna, als hätte ich vorgeschlagen, dass wir ein paar Katzenjungen häuten sollten. »Und du musst auch nicht so tun, als wärst du meine Freundin, weil ich nämlich gar nicht deine Freundin sein will«, fährt sie fort. Dann geht sie ins Haus zurück.
    Ich wende den Blick zur Badewanne, ich habe nämlich einen kleinen Kloß im Hals.
    Der Tag vergeht, und mein Widerwille gegen Sylwia und Celestyna wächst.
    Seit geschlagenen zwei Stunden sitzt Sylwia jetzt an unserem Küchentisch und qualmt eine Zigarette nach der anderen. Ich merke, dass sogar Mutter nervös wird. Sie hat schon wegen mehreren Putzstellenangeboten in der Zeitung angerufen, obwohl heute Samstag ist. Die Idee ist, dass wir eine Arbeitsstelle finden, wo Sylwia und Celestyna auch gleich wohnen können.
    »Aber niemand mit Hund«, sagt Sylwia durch eine Rauchwolke. »Ich mag

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