Wie angelt man sich einen Daemon
Stimme. Ich legte ihr die Hand auf die Schulter. »Alles in Ordnung?«
Sie wandte sich mir zu und sah mich aus weiten Augen an. »Du bist doch nicht noch immer… Ich meine, das Monster hätte dich umbringen können, Mami.«
»Hat es aber nicht«, erwiderte ich sanft und versuchte, nicht in Tränen auszubrechen. Meine Tochter hatte bereits ihren Vater verloren, und die Vorstellung, dass sie jetzt Angst davor hatte, auch noch ihre Mutter zu verlieren, brach mir fast das Herz.
»Du arbeitest doch jetzt nicht mehr als Dämonenjägerin – oder?«, fragte sie und klang dabei so flehend, wie ich das noch nie bei ihr erlebt hatte. »Das hast du doch gesagt. Du und Daddy, ihr habt euch zur Ruhe gesetzt, ehe ich geboren wurde, nicht wahr?«
Ich zögerte. Natürlich wusste ich, dass ich ihr eigentlich die Wahrheit sagen sollte. Ich musste ihr erzählen, dass ich vor einigen Monaten wieder als Jägerin angefangen hatte und seitdem des Öfteren rund um die Uhr mit Dämonen befasst war. Meine Vernunft gab mir zu verstehen, dass ich meiner Tochter die Wahrheit sagen musste. Aber mein Herz hatte nicht vor, da mitzumachen.
Also schwindelte ich. Oder, um genauer zu sein: Ich wiederholte die eine Wahrheit und ließ die andere geflissentlich weg. »Genau«, sagte ich. »Daddy und ich haben uns damals zur Ruhe gesetzt.«
Von einem Moment zum anderen entspannte sich ihr ganzer Körper, und ich wusste, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Selbstverständlich musste ich ihr irgendwann einmal die Wahrheit sagen. Aber wenn man bedachte, was sie gerade erlebt hatte, konnte das noch eine Weile warten. Es war eine Sache, dass Allie die Wahrheit über meine Vergangenheit erfuhr und dabei wusste, dass ich alle Gefahren überlebt hatte. Aber es war etwas ganz anderes, wenn sie sich Sorgen machen müsste, sobald ich mich nachts auf Dämonenjagd begab. Da ich mir selbst ununterbrochen Sorgen machte, wenn ich Allie unbeaufsichtigt wähnte, wusste ich, welche Belastung das bedeutete.
Ich hatte nicht vor, mein Kind schon jetzt mit diesen Ängsten zu konfrontieren. Jedenfalls nicht, wenn sich das irgendwie vermeiden ließ.
Wir gingen eine Weile schweigend nebeneinanderher, ehe sie sich mir wieder zuwandte. »Dann verstehe ich aber nicht, wieso du vorhin plötzlich aufgetaucht bist«, sagte sie. »Im Museum, meine ich.«
»Ich wollte dich retten, mein Schatz.«
Wieder rollte sie mit den Augen. »Ja, schon klar. Das habe ich begriffen. Aber wenn du nicht mehr für dieses Forza- Dingsda arbeitest, kannst du doch gar nicht gewusst haben, wo ich bin. Und wie hast du erfahren, dass ich von Dämonen und nicht nur von ein paar unheimlichen Typen entführt worden bin?«
»Dafür haben wir David zu danken«, sagte ich. Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber wenn ich die preisgab, hätte ich auch zugeben müssen, dass ich doch wieder für die Forza arbeitete. Und das wollte ich auf jeden Fall vermeiden.
»Und was ist mit Stuart?«, fragte sie. »Er weiß nichts von all dem – oder?«
Nicht doof, meine Kleine. »Nein«, gab ich zu. »Er weiß nichts.«
»Und warum nicht?«
Eine weitere wichtige Frage, die ich diesmal aber ehrlich beantworten wollte. »Als ich Stuart kennenlernte, lagen meine Tage als Dämonenjägerin schon lange hinter mir. Er hat sich in eine alleinerziehende Mutter mit einer tollen Tochter verliebt, die eine ziemlich schlechte Köchin und mittelmäßige Hausfrau ist.«
»Mittelmäßig? Na ja…«
»Vielleicht nicht so unordentlich wie du«, entgegnete ich lachend, »aber eben mittelmäßig. Was ich damit sagen will: Er hatte nie eine Ahnung von meiner Vergangenheit, und ich würde es für unfair halten, sie ihm jetzt plötzlich um die Ohren zu hauen.«
»Verstehe«, sagte sie nachdenklich. »Das macht irgendwie Sinn.«
Ich war froh, dass sie so dachte, denn ich war auf ihre Verschwiegenheit angewiesen, um mein Geheimnis zu wahren.
Allerdings vermutete ich, dass ich mich auch bald vor Stuart outen würde. So sehr ich mich davor fürchtete, dass mein geheimes Leben einen Keil in unsere Ehe treiben könnte, so sehr hatte ich auch Angst davor, dass diese Geheimniskrämerei über kurz oder lang genau dasselbe bewirken würde.
»Schon irgendwie Wahnsinn«, meinte Allie, während wir zum Parkplatz zurückgingen. »Aber auch ziemlich cool«, fügte sie hinzu und grinste begeistert. »Meine Mutter – die Superheldin.«
Ich fühlte mich auf einmal unheimlich stolz. Schließlich kommt es nicht alle Tage vor,
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