Wie angelt man sich einen Daemon
verdauen«, sagte Laura an einem milden Donnerstag im Januar, nur wenige Tage vor Schulbeginn. »Lass ihr Zeit. Früher oder später wird sie dich um ein Messer anbetteln und wissen wollen, wie man einen Dämon erkennt.«
Als sie das Wort Dämon aussprach, drehte ich mich instinktiv zur Tür, obwohl ich genau wusste, dass außer uns niemand im Haus war. Stuart hatte zur Abwechslung einmal Allie und Timmy zum Einkaufszentrum begleitet. Sie wollten den Nachmittag damit verbringen, Weihnachtsgeschenke umzutauschen und sich den Winterschlussverkauf anzusehen. Eddie war in der Bücherei, wo er sich allerdings mehr für die Bibliothekarin als für die Bücher zu interessieren schien.
»Vielen herzlichen Dank«, sagte ich. Kabit, unser Kater, schmiegte sich an meine Beine und hoffte wohl, etwas Sahne von mir zu bekommen. »Jetzt fühle ich mich doch gleich viel besser.«
Laura sah mich über einen Weihnachtsbecher voll Kakao und Schlagsahne hinweg an. »Sie ist in der Pubertät, Kate. Nur, weil sie sich um dich Sorgen macht, bedeutet das noch lange nicht, dass sie sich auch um ihr eigenes Leben sorgt. Du bist schon alt und gebrechlich. Aber sie ist jung und unbesiegbar.« Sie fuhr mit dem Finger über das Sahnehäubchen und streckte ihn dann Kabit entgegen, der mich sofort im Stich ließ und begeistert zu ihr eilte. »Außerdem hat sie dir doch klar gesagt, dass sie die ganze Dämonenjägerei cool findet – oder etwa nicht?«
Ich nickte. Das hatte sie.
»Sie muss das alles doch erst mal verarbeiten«, fuhr Laura fort. »So wie die Sache mit den Jungs, das Cheerleader-Training oder auch die Schule verarbeitet sie die Tatsache, dass sie von einem Dämon entführt worden ist und ihre Mutter früher einmal Dämonenjägerin war.«
Sie sah mich durchdringend an. Ich hatte Laura gestanden, dass ich meine Tochter in dieser Hinsicht angelogen hatte, und meine beste Freundin hatte nicht viel von meinem Schwindel gehalten. »Sobald sie sich über ein paar Dinge klar geworden ist, wird sie bestimmt mehr wissen wollen. Und wenn du ihr dann nicht erzählst, dass du noch aktiv bist, dann gräbst du dir damit eine verdammt tiefe Grube, in die du früher oder später hineinfallen wirst.«
Finster blickte ich auf meinen Becher mit den Weihnachtsmännern. Ich musste zugeben, dass Laura recht hatte. Es war mir zwar ziemlich unangenehm, aber es ließ sich nicht leugnen. Ich hatte die Angst in Allies Augen gesehen und sie deshalb bezüglich meiner aktuellen Dämonenjägerei angelogen. Ich hatte versucht, die Dinge besser zu machen, und sie dadurch wahrscheinlich noch um ein Zehnfaches verschlimmert. »Es wird schon schiefgehen«, meinte ich trotzdem entschlossen und versuchte mit dieser Äußerung eher mich als meine Freundin zu überzeugen.
Lauras Mundwinkel zuckten.
»Was?«, fragte ich ein wenig mürrisch.
Sie lächelte in ihren Kakao. »Ich stelle mir nur gerade vor, wie eine Auseinandersetzung zwischen dir und Allie verlaufen wird, wenn eines Tages die Wahrheit doch ans Licht kommt.«
»Und das findest du lustig?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Ich denke nur über die Wahrscheinlichkeit nach, wer von euch beiden gewinnen wird. Wenn es um einen Kampf zwischen dir und einem Dämon geht, würde ich jederzeit auf dich setzen. Aber bei einem Streit zwischen dir und Allie? Da hast du nicht die geringste Chance, meine Liebe.«
Ich lebe nun seit über fünfzehn Jahren in San Diablo. Eric und ich zogen aus Los Angeles hierher, als ich mit Allie schwanger war. Obwohl ich die Stadt ziemlich gut kenne, habe ich erst seit dem vergangenen Sommer ein echtes Gefühl für sie entwickelt. Für die ganze Stadt – für die guten und die schlechten Seiten. Insgesamt betrachtet, ist San Diablo ein netter kleiner Ort.
Deshalb sind Eric und ich damals auch hierhergezogen. Wir hatten nach einer dämonenfreien Zone gesucht, wo wir in Ruhe leben und unser Kind aufwachsen sehen konnten. Zu jener Zeit hatten wir San Diablo für genau den richtigen Platz gehalten. Schließlich bildet die historische Kathedrale nicht nur das Zentrum der Stadt, sondern sie ist auch so voller Knochen von Heiligen, dass wir uns sicher waren, hier niemals einen Dämon anzutreffen.
Leider hatten wir uns gründlich getäuscht.
Ich war dem ersten Dämon in San Diablo kurz vor Beginn des Schuljahrs über den Weg gelaufen. Seitdem verbrachte ich einen guten Teil meiner Freizeit damit, mich in dunklen Gassen herumzudrücken und an der Strandpromenade auf Patrouille zu gehen,
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