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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schubert
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beschlossen. Der wichtigste betraf die Gebietsaufteilung. Jedem der vier Einprozenter-Clubs wurde die Monopolstellung in seinen jeweiligen Hochburgen zugesprochen. Die Hells Angels erhielten auf diesem Weg fast die gesamte US-Westküste als Hoheitsgebiet. Einzig die Bandidos im Bundesstaat Washington durchschnitten ihren Herrschaftsbereich im Westen. Ein inoffizieller Waffenstillstand regelt in diesem Staat bis heute die Koexistenz und ermöglicht die unbeschwerte Durchfahrt der Höllenengel bis zur kanadischen Grenze.
    Dem Outlaws MC fielen die Staaten Illinois und Florida zu. Den Bandidos sollten neben Washington auch Texas, New Mexico und South Dakota gehören und den Pagans Pennsylvania, Maryland, Delaware und Connecticut.
    Alle Beteiligten hofften, dadurch erstens einen Bikerkrieg verhindern zu können und zweitens aus dem Fokus des FBI und der örtlichen Polizei zu geraten und so ungestört den einträglichen illegalen Geschäften nachgehen zu können. In der Welt der Hells Angels gibt es dafür einen eigenen Begriff: »taking care of business.«
    Dieser Bund war keine Liebesbeziehung, es war allenfalls eine Vernunftehe. Die großen vier OMCGs ordneten alles und jeden ihren kühl kalkulierten Geschäftsinteressen unter. Selbst erbitterte Rivalitäten und Hass hatten erst einmal zurückzustehen.
    Die großen Clubs einte beim Treffen in Sturgis noch ein weiteres Ärgernis, und das waren die vielen kleineren, unabhängigen Clubs, die eine weitere Expansion der OMCGs behinderten. Auch dieses Problem wurde beseitigt.
    Die Großen Vier verpflichteten sich dazu, alle unabhängigen Clubs zur Aufgabe ihrer Patches zu zwingen und die geeignetsten Männer der eigenen Gruppe zuzuführen. Allein in Arizona, Louisiana, Oregon und einigen anderen Bundesstaaten sollten kleinere Clubs vorgehalten werden, die auf diese Weise als Prellbock zwischen den Machtbereichen der Big Four instrumentalisiert wurden. Der Rest Amerikas wurde für vogelfrei erklärt. Jeder der großen MCs durfte in diesen Staaten neue Chapter gründen und Supporter-Clubs rekrutieren, wie es ihm passte.
    Der Kampf um Macht, Einfluss und Geld auf dem amerikanischen Kontinent war damit aber nicht beendet. Die Absprachen führten in den betroffenen Bundesstaaten zu eiligen Neugründungen aller Clubs, um die freien Gebiete schnellstmöglich dem jeweiligen Machtbereich einzuverleiben. Leidtragende dieses Vorgehens waren die vielen kleineren, unabhängigen Clubs, die schutzlos der zügellosen Expansion der Großen ausgeliefert waren. Einige lösten sich auf, andere wurden von den internationalen Bruderschaften geschluckt, manche kehrten Amerika den Rücken und lebten ihr freies Bikerleben auf anderen Kontinenten weiter.
    Das Friedensabkommen von Sturgis war außerdem brüchig und wurde von allen Seiten immer wieder untergraben. Mal agierten die Großen Vier offen entgegen der Absprachen, mal benutzten sie Supporter-Clubs, um die eigenen Claims zu erweitern. Es dauerte keine zwei Jahre, bis der falsche Frieden in sich zusammenbrach, aber die großen OMCGs hatten bis dahin unumkehrbare Fakten geschaffen. Bevor die Polizeibehörden ahnten, was in ihrem Bundesstaat überhaupt vorging, war die Konkurrenz der unabhängigen Clubs weitgehend liquidiert und die eigene Machtposition in den USA etabliert worden.
    Europa steht vor dem Krieg
    Nachdem die Verhältnisse in den USA in Form der Gebietsaufteilung und eines ebenso oberflächlichen wie zerbrechlichen Friedensschlusses fürs Erste geklärt waren, wandten sich auch die Bandidos dem Rest der Welt zu, besonders Europa.
    Für den Beginn ihrer Expansion jenseits des großen Teichs wählte der Fat Mexican Frankreich aus. Marseille, die zweitgrößte Stadt des Landes mit über 800 000 Einwohnern, wurde von vielen Franzosen wegen ihrer hohen Kriminalitätsrate und dem Hafen, der als großer europäischer Drogenumschlagplatz galt, auch abfällig als »Verbrecherstadt« bezeichnet.
    In Marseille existierte schon länger eine Bikergang, die sich gut etabliert hatte, der MC Clichy. Im rauen Klima der Hafenstadt aufgewachsen, sollten sich die französischen Biker als hart genug erweisen, um ihre Bewährungszeit in einem amerikanischen Einprozenter-Club zu überstehen, auch wenn das zu jener Zeit eine qualvolle Prozedur war.
    Als die Männer aus Marseille 1986 nach Texas flogen, um den ersten Kontakt zu den Bandidos zu suchen, herrschten noch raue Sitten. Um ihre Standfestigkeit unter Beweis zu stellen, mussten die Franzosen wie alle

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