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Wie die Tiere

Wie die Tiere

Titel: Wie die Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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kannst du fragen Blindenverband, Nachbar in Not oder Kinderdorf, ganz egal, eines werden dir alle sagen: Spenden tut niemand, außer die armen, alten Frauen.
    Jetzt die Manu natürlich den Vogel abgeschossen, weil sie die Männer zum Spenden gebracht hat. Das glaubst du gar nicht, wie die denen den Hals verdreht hat. Und vor allem so die vierzig-, fünfzigjährigen Deppen, sprich Geschäftsleute, die in ihren genagelten Schuhen auf der Suche nach dem silbernen Dienstflitzer recht wichtig über den Schwedenplatz getrampelt sind. Denen hat sie die Köpfe verdreht, dass man die Halswirbel an manchen Tagen noch auf der anderen Seite vom Donaukanal krachen gehört hat.
    Ich muss zugeben, das war für den Horsti wirklich keine einfache Position. Die Manu war eine Frau, die für solche Männer wie gemacht war. Nicht nur das Äußerliche, das Attraktive, das Blonde, das Blaue. Sondern Wesen auch wichtig. Unkompliziert, fröhlich, ja was glaubst du. Da war bei der Manu das Wesen mindestens so wichtig wie das Äußere. So oberflächlich sind ja heutzutage die Männer auch nicht mehr, da zählt unkompliziert genauso viel wie dünn.
    Jetzt muss ich eines ganz ehrlich sagen. Ich verstehe ja, dass der Horsti darunter gelitten hat. Aber die Manu Prodinger hat am allerwenigsten dafür gekonnt. Und in Wahrheit hat sie dem Horsti ja aus genau den gleichen Gründen gefallen wie den anderen, sprich Äußeres eins a und Wesen unkompliziert. Und das muss man erst einmal diskutieren, ob es nur deshalb eine edlere Liebe ist, weil einer seit Monaten beleidigt dreinschaut.
    Deshalb soll bitte keiner daherkommen und blöd über die Manu Prodinger reden.
    Weil die Argumente kenne ich alle, den ganzen Neid. Wenn du heute die Schönste und die Dünnste und die Unkomplizierteste und die beste Spendensammlerin bist, dann hast du Neider, das geht gar nicht anders. Und hinter dem Rücken heißt es dann alles Mögliche, die Manu kaltherzig und berechnend, und eine Stimme wie ein Glasschneider.
    Das will ich gar nicht hören. Kaltherzig, was soll das überhaupt heißen? Und Glasschneider, mein Gott, das kann man doch über jede Zweite sagen. Ich will von dem ganzen Gerede nichts mehr wissen. Die Manu war schon in Ordnung. Weil altes Sprichwort. Man soll über die Toten nicht schlecht reden.
     

zwei
    Da gibt es immer die großen Diskussionen, für das Tier, gegen das Tier, und speziell für den Hund, gegen den Hund, da hat jeder so seine Meinung, und ich sage, warum nicht, Meinungen muss es auch geben. Ich weiß es nicht, fällt mir das jetzt selber ein, oder hat das irgendein gescheiter Mann einmal gesagt, die Meinung ist es sogar, die uns als Mensch vom Tier unterscheidet.
    Der Tierliebhaber sagt, das ist seelisch ganz was anderes, wenn du ein Tier zum Streicheln hast, da streichelst du regelrecht deine eigene Seele. Der Tierhasser sagt wieder, Seele schön und gut, aber meine Schuhe, meine Kinder, alles gefährdet. Das sind so die gängigsten Argumente.
    Ich persönlich vollkommen neutral, aber eines muss ich schon ganz sachlich sagen. In der Stadt sind die Hunde eine Pest. Der Hund betrachtet die Stadt als sein Klosett, und man darf ihm dafür natürlich nicht persönlich böse sein. Aber in Wien offiziell 53 000 Hunde, und dann natürlich. Dunkelziffer gigantisch! Wenn du so eine Dunkelzifferschätzung hörst, da kriegst du Albträume, weil wenn nur für jeden vierten Hund die Hundesteuer bezahlt würde, könnte man an jeder Straßenkreuzung ein goldenes Hundeklo hinstellen, sogar getrennt für Hundedamen und Hundeherren. Und trotzdem muss man laut und deutlich eines sagen. Man kann nicht einfach hergehen und Hundekekse streuen. Oder Hundekekse meinetwegen schon, aber nicht mit Stecknadeln drinnen.
    Jetzt hat der Wiener Tierstadtrat natürlich Großeinsatz gehabt, frage nicht, der hat sich sogar extra einen Hund ausgeborgt für seine Rede, die er vor den Pensionisten im Augarten gehalten hat. Weil da hat man wahnsinnig aufpassen müssen bei den rabiaten Pensionisten, die haben einen gewissen Hang zur Selbsthilfe gehabt, ich möchte nicht sagen Selbstjustiz, aber diesem siebzehnjährigen Burschen, Stanko oder Branko oder wie der geheißen hat, dem wäre es fast an den Kragen gegangen. Weil der hat das Stanniolpapier von seiner Zigarettenpackung weggeworfen, dann hat es in der Sonne so geglitzert, dass eine Rentnerin geglaubt hat, Stecknadelkeks, und dann natürlich. Mehr als Würgemale hat der aber nicht gehabt, und heute hat der Tierstadtrat vor

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