Wie die Tiere
dabei, der hat beim psychologischen Seminar nicht in jedem Tintenklecks eine nackte Frau gesehen wie seine Kollegen, sondern der hat auch einmal eine angezogene Frau gesehen, eine Pistole, alles Mögliche.
«Polizeipsychologie?» Der Schmalzl hat ihn nachdenklich angeschaut: «Damit hat das überhaupt nichts zu tun.»
Und er hat dem Brenner jetzt erklärt, dass in seinem Lieblingsbuch die ganze Theorie mit einem Witz erklärt wird. Wo der Ehemann zur Ehefrau sagt, lass es uns doch einmal wie die Tiere machen, kennst du bestimmt. Der Brenner hat ihn aber noch nicht gekannt, und wie er jetzt als Antwort auf die Frage vom Schmalzl, ob er den kennt, den Kopf schüttelt, sagt der Schmalzl:
«Also, pass auf, da war ein Ehepaar seit ein paar Jahren verheiratet, und auf einmal sagt er: Lass es uns doch einmal wie die Tiere machen!»
Der Brenner hat sich noch gewundert über diese vornehme Formulierung, die der Schmalzl da verwendet hat, quasi: Lass es uns machen, so hat der Schmalzl normalerweise nicht geredet, Managerbücher hin oder her.
«Nein!», hat der Schmalzl ein bisschen die Stimme der Frau nachgemacht, dabei hat der sowieso selber schon eine zu hohe Stimme gehabt, «nein, kommt überhaupt nicht infrage, du perverser Kerl.»
Das war etwas, was der Schmalzl auch aus seinen Erfolgsleitfaden gelernt hat. Dass eine gewisse private Verbrüderung mit seinem Klienten nie ein Fehler ist, praktisch von Mann zu Mann, und ein Witz kann nie schaden. Die Verbrüderung nach innen und die Imagepflege nach außen, sprich Ohr an der Bevölkerung, und wir bringen auf eigene Kosten den Hundekeks-Attentäter zur Strecke. Weil da hat er in der Brigittenau noch ein bisschen Aufholbedarf gehabt, die Nachbarn waren nicht begeistert, wie der Schmalzl vor einem Jahr das
White Dog
aufgemacht hat Sie haben ja in ihrer Straße schon ein Tierheim gehabt, da waren sie eigentlich gestraft genug.
«Am nächsten Tag sagt der Mann zu seiner Frau», sagt der Schmalzl wieder mit seiner normalen, nur ein bisschen zu hohen Stimme zum Brenner, «lass es uns doch einmal wie die Tiere machen!» Und dann wieder mit der noch höheren Stimme: «Nein, kommt nicht infrage, such dir einen Psychiater.»
Der Brenner ist jetzt auch ein bisschen unwillig geworden, erstens hat er Witze sowieso nicht recht leiden können, und dann ist ihm noch eingefallen, dass er den doch schon einmal gehört hat. Nur dass damals der Erzähler nicht eine halbe Stunde dafür gebraucht hat und nicht so eine hohe Stimme gehabt hat, obwohl er eine Frau war.
Da ist der Brenner mitten im Witz-Anhören direkt ein bisschen ins Grübeln gekommen. Ob er nicht doch auch ohne den Schmalzl als Auftraggeber und Zimmervermieter seine privaten Wien-Pläne über die Bühne bringen könnte, oder eventuell sogar die privaten Pläne ganz sausen lassen, zurück ins SoHo nach Innsbruck, sprich Souvenir Hollinger, wo er sich die letzten paar Monate als Kaufhausdetektiv über Wasser gehalten hat. Schlechter als Hundekekse war das auch nicht, nur der Föhn hat ihn an den Rand des Wahnsinns gebracht. Und womöglich hat ihm ja auch der Innsbrucker Föhn diese privaten Pläne eingesagt.
Kaufhausdetektiv oder Hundekekse, das war im Grunde die Wahl, die der Brenner gehabt hat Ich muss ganz ehrlich sagen, in die Detektivzeitung kommst du mit dem einen und mit dem anderen Job nicht. Weil da haben sie eine ganz gute Detektivzeitung gehabt, die DZ, und vor einem halben Jahr haben sie sogar einmal beim Brenner angerufen, sie haben wissen wollen, welches Sternzeichen er ist, aber das war dann nicht namentlich genannt, sondern nur Statistik, ob du es glaubst oder nicht, zehn Prozent aller österreichischen Detektive Waage, zwölf Prozent Schütze, neun Prozent Wassermann.
«Am nächsten Tag dann sagt der Mann zu seiner Frau zum dritten Mal», hat der Schmalzl ihn aus seinen Gedanken gerissen, «lass es uns doch einmal wie die Tiere machen.»
«Wie die Hunde!», hat der Brenner ihn unterbrochen. «Es muss heißen: Lass es uns doch einmal wie die Hunde machen. Sonst kann ja die Frau am Schluss nicht sagen -»
Und in dem Moment geht das Handy vom Schmalzl ab, Luftkriegssirene nichts dagegen, nur eben nicht Sirene, sondern Melodie. Ich persönlich könnte ja die Leute umbringen, die ihr Handy so laut eingestellt haben. Den Brenner hat es aber nicht genervt, sonst schon, aber in dem Fall war er froh, dass der Schmalzl bei seinem Witz unterbrochen worden ist, weil ihm der Argentino das Handy hingehalten
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