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Wie ein einziger Tag

Wie ein einziger Tag

Titel: Wie ein einziger Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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den Kindern, nach der Schule, den bevorstehenden Ferien. Wir sprechen vielleicht eine Minute, ohne auf das Weinen einzugehen. Sie scheinen es nicht wahrzunehmen; sie sind dagegen taub geworden, wie ich letztlich auch.
    Danach sitze ich in dem Sessel, der sich meinem Körper angepaßt hat. Sie sind jetzt fertig, und sie ist angezogen, aber sie weint noch immer. Ich weiß, sie wird sich beruhigen, wenn sie gegangen sind. Die morgendliche Hektik verstört sie jedesmal, und heute ist keine Ausnahme. Schließlich wird das Rollo hochgezogen, und die Schwestern gehen. Beide lächeln und berühren mich im Vorbeigehen. Ich frage mich, was das zu bedeuten hat.
    Ich sitze da und sehe sie an, doch sie erwidert meinen Blick nicht. Das ist verständlich, denn sie weiß nicht, wer ich bin. Ich bin ein Fremder für sie. Ich wende mich, den Kopf gesenkt, ab und bitte Gott um die Kraft, die ich brauchen werde. Ich habe immer an Gott geglaubt, an Gott und an die Macht des Gebetes, obwohl mein Glaube, wenn ich ehrlich bin, eine Reihe von Fragen hat aufkommen lassen, die ich gern beantwortet hätte, wenn ich einmal gegangen bin.
    Fertig jetzt. Die Brille aufgesetzt. Die Lupe aus der Tasche gezogen. Ich lege sie einen Augenblick auf den Tisch, während ich das Tagebuch aufschlage. Zweimal über die Kuppe des knotigen Fingers geleckt, um den abgenutzten Deckel zu wenden und die erste Seite aufzuschlagen. Dann die Lupe darüber gehalten.
    Kurz bevor ich anfange zu lesen, kommt jedesmal ein Augenblick, in dem mir der Atem stockt und ich mich frage, wird es diesmal geschehen? Ich weiß es nicht, ich weiß es nie vorher, und im Grunde ist es auch nicht wichtig. Es ist die Möglichkeit, nicht die Gewißheit, die mich fortfahren läßt, eine Wette mit mir selbst, könnte man sagen. Und auch wenn Sie mich für einen Träumer oder Narren oder sonstwas halten, glaube ich, daß alles möglich ist.
    Alles spricht dagegen, das ist mir klar, vor allem die Wissenschaft. Doch Wissenschaft ist nicht die ganze Antwort, das weiß ich, das hat mich das Leben gelehrt. Und deshalb glaube ich, daß Wunder, wie unerklärlich, wie unglaublich sie auch sind, wirklich geschehen können, ungeachtet der natürlichen Ordnung der Dinge.
    Und so beginne ich wieder, wie jeden Tag, laut aus meinem Tagebuch vorzulesen, damit sie es hören kann, in der Hoffnung, daß das Wunder, das mein Leben beherrscht, noch einmal wahr wird.
    Und vielleicht, ja, vielleicht wird es diesmal geschehen.

Gespenster
    Es war Anfang Oktober 1946, und Noah Calhoun beobachtete auf seiner Veranda, wie die Sonne sich langsam neigte. Er saß gern abends hier, vor allem nach einem harten Arbeitstag; dann ließ er seine Gedanken schweifen, ließ ihnen freien Lauf. So entspannte er - eine Gewohnheit, die er von seinem Vater übernommen hatte.
    Besonders gern betrachtete er die Bäume, die sich im Fluß spiegelten. Die Bäume in North Carolina sind atemberaubend in ihrer Herbstfärbung - Grün, Gelb, Rot und Orange in allen denkbaren Schattierungen. Ihre Farbenpracht leuchtet im späten Sonnenlicht, und wohl zum hundertsten Male fragte sich Noah Calhoun, ob die ersten Bewohner des Hauses ihre Abende mit ähnlichen Gedanken zugebracht hatten.
    Das Hauptgebäude, 1772 errichtet, hatte zu einer Plantage gehört und zählte zu den ältesten und größten Landhäusern in New Bem. Noah hatte es gleich nach dem Krieg gekauft und die letzten elf Monate sowie ein kleines Vermögen gebraucht, um es zu renovieren. Ein Reporter von der Raleigher Tageszeitung hatte vor wenigen Wochen in einem Artikel darüber berichtet und geschrieben, es seien die gelungensten Renovierungsarbeiten, die er je gesehen habe. Das mochte zutreffen, wenigstens für das Haus. Der restliche Besitz war eine andere Geschichte, und damit hatte Noah die meisten Stunden des Tages zugebracht.
    Zum Haus gehörte ein etwa zehn Hektar großes Grundstück, das an den Fluß, den Brices Creek, grenzte. An den anderen drei Seiten mußte der Holzzaun ausgebessert, nach Trockenfaule oder Termiten abgesucht und an manchen Stellen völlig erneuert werden. Damit war er die letzten Tage vor allem beschäftigt gewesen, und es gab noch eine Menge zu tun, besonders an der Westseite. Als er vor einer halben Stunde sein Werkzeug zur Seite legte, hatte er sich vorgenommen, beim Lager anzurufen und eine weitere Holzlieferung zu bestellen. Er ging ins Haus, trank ein Glas gesüßten Tee und duschte. Er duschte jeden Abend, und mit dem Wasser wurden sowohl der

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