Wie eine Rose in der Wueste
haben die Birne der Innenbeleuchtung herausgeschraubt."
"Nicht selbst."
Nein. Nur einer hätte es tun können. Der freundliche Khalil, der ihrem Bruder so beflissen diente.
"Und Sie haben Abdullahs Pferd freigelassen." Ob er es selbst getan hatte oder nicht, dahinter steckte eindeutig Hassan.
Er hatte alles gründlich vorbereitet, wie ihr bewusst wurde. Der Trick mit dem Pferd war besonders schlau gewesen. Tim wäre niemals das Risiko eingegangen, eins von Abdullahs kostbaren Pferden durchgehen zu lassen. Sie war noch nicht lange in Ras al Hajar, aber sie hatte schnell gelernt, dass niemand so dumm sein würde, so ein unbezahlbares Tier zu stehlen.
"Ja, ich habe es freigelassen", gab Hassan zu. "Also? Was wird Ihr Bruder jetzt tun?"
"Was würden Sie tun?" antwortete Rose mit einer Gegenfrage.
"Mir würde keine andere Wahl bleiben, als Ihnen nachzujagen." Erbarmungslos. "Das Pferd kehrt von selbst in den Stall zurück, wenn es Hunger hat."
"Dann tut Tim das auch", erklärte Rose.
"Aber er ist Engländer."
"Stimmt. Aber er ist auch ein leidenschaftlicher Pferdeliebhaber."
"Die Vernunft sollte über die Leidenschaft siegen. Allerdings kennen Sie ihn besser. Ist Ihr Bruder ein leidenschaftlicher Mann?"
Am liebsten hätte sie damit gedroht, dass ihr Bruder ihr folgen und den Mann umbringen würde, der sie entführt hatte.
Vielleicht war es doch gut, dass Tim so vernünftig war, wie Hassan vermutete. Aber sie dachte nicht daran, es ihm zu verraten.
"Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was Tim tun wird." Rose klopfte ihr behelfsmäßiges Kissen zurecht und wandte sich ab.
"Schließlich bin ich noch nie entführt worden."
Als der Geländewagen endlich hielt, war Rose völlig verspannt. Sie hatten die glatte Schnellstraße längst verlassen, und das Rattern des Fahrgestells, das Dröhnen des starken Motors und die ständige Anspannung hatten Rose zermürbt. Sie rührte sich nicht einmal, als die Heckklappe aufgerissen wurde.
"Miss Fenton?" Hassan war aus dem Wagen gesprungen und forderte sie auf auszusteigen. Daraus schloss sie, dass sie nirgendwohin fliehen konnte. Doch hatte sie etwas anderes erwartet? Es beruhigte sie auch nicht, dass seine Stimme jetzt sanfter klang. "Wir sind da."
Rose rührte sich noch immer nicht und blickte nicht einmal auf. "Danke, aber ich nicht."
Hassan gab einen gereizten Laut von sich. "Dann bleiben Sie eben liegen, Sie Dickschädel. Bleiben Sie und frieren Sie." Er schwieg und schien darauf zu warten, dass sie zur Vernunft kam. Trotzig zog sie den Umhang unter dem Kopf hervor und deckte sich damit zu. Hassan stieß eine Verwünschung aus.
Dann sagte er erstaunlich ruhig: "Sie zittern ja."
Das stimmte. Allerdings nicht vor Kälte. Erst jetzt machten sich die Nachwirkungen des Schocks bemerkbar.
Wenn sie getobt, hysterisch geschrien, mit Tränen reagiert hätte, als Hassan sich ihrer bemächtigte, hätte er vielleicht von ihr abgelassen. Ihrer Erfahrung nach waren Männer Gefühlsausbrüchen dieser Art nicht gewachsen. Leider besaß sie wenig Übung in weiblichen Kriegslisten dieser Art.
Also keine Tränen, keine Hysterie. Sie hatte sogar der Versuchung widerstanden, ihr Handy zu benutzen. Im Landrover hätte Hassan es gemerkt, wenn sie einen Hilferuf ausgesandt hätte. Nein, mit dem Handy musste sie warten, bis sie sicher sein konnte, dass niemand sie hörte.
Aber vielleicht sollte sie die Batterie lieber schonen, sie für einen Notfall aufheben. Sicherheitshalber hatte sie das Handy in der Innentasche ihrer Hose versteckt, wo man es nicht finden würde, wenn sie Glück hatte.
Der Geländewagen schaukelte leicht, als Hassan sich zu ihr hereinbeugte. "Kommen Sie", sagte er. "Sie sind Ihrem Ruf mehr als gerecht geworden." Ohne eine Antwort abzuwarten, hob er sie einfach hoch und trug sie über den Sand davon.
Im ersten Moment wollte Rose protestieren, erklären, dass sie gut allein laufen konnte, doch dann beschloss sie, sich die Mühe zu sparen. Mit einem Meter zweiundsiebzig war sie alles andere als ein Leichtgewicht. Vielleicht bekam
Hassan ja
Rückenschmerzen, wenn er sie trug. Das hatte er verdient.
Kurz darauf bemerkte sie lodernde Flammen, schattenhafte Umrisse von Männern und Palmen, die sich gegen den Nachthimmel abzeichneten, dann befand sie sich im Inneren eines großen schwarzen Zelts, wie sie sie in einem Dokumentarfilm gesehen hatte.
Rose erhaschte nur einen kurzen Blick auf einen von Lampen erhellten Raum, der mit Teppichen und einem Diwan ausgestattet
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