Wie gut, dass es dich gibt!
instinktiv zurückgewichen.
„Nein! Und ich weiß auch nicht, ob ich das jemals tun werde. Es ist viel zu früh. Und die Situation, gelinde gesagt, zu kompliziert.“
Sie versuchte, ihre aufgestauten Gefühle weiter zu ignorieren. Allerdings war da auf einmal der übermächtige Wunsch, sich in Joshs Arme zu werfen und trösten zu lassen. Es war allerhöchste Zeit zu gehen. Sie war stark und brach nicht einfach zusammen. Und falls doch, dann würde sie das gefälligst in den eigenen vier Wänden tun.
„Danke für alles“, brachte sie hervor. „Ich weiß Ihre Unterstützung wirklich zu schätzen.“
„Ich bin froh, dass ich helfen konnte. Rufen Sie mich an, wenn Sie reden wollen. Meine Telefonnummer haben Sie ja.“
Das waren auch Abbeys Worte gewesen. Aber aus Joshs Mund hörte sich das Angebot viel verlockender an.
Crissy schaffte es gerade noch, das Auto zu parken und in die Küche zu laufen, bevor sie in Tränen ausbrach.
„Das ist doch bescheuert“, beschwerte sie sich. „Ich heule nie.“
Sie hatte seit Jahren nicht mehr geweint. Warum also heute damit anfangen? Es war schon zu spät, um noch ihre Eltern in Florida anzurufen. Zu blöd. Gerade jetzt hätte sie gern eine vertraute Stimme gehört.
Sie nahm die Flasche Weißwein, die sie gestern geöffnet hatte, und schenkte sich ein Glas ein. Das ließ sie auf dem Tisch stehen und ging in das kleine Arbeitszimmer nebenan. Sie öffnete die Schiebetür des Wandschranks und nahm einen Karton mit Andenken aus der Schulzeit von dem obersten Regal und machte es sich damit auf dem Boden gemütlich.
Ganz unten fand sie schließlich einen unscheinbaren Briefumschlag, der nur einige wenige Bilder enthielt. Es waren Fotos, die während ihrer Schwangerschaft gemacht worden waren. Und ein Bild von Brandon gleich nach der Geburt.
Sie breitete die Fotos auf dem Boden aus und fing an zu weinen. Sie hatte so jung ausgesehen, dachte sie und berührte eines der Fotos von ihr, auf dem sie ein furchtbares pinkfarbenes Schwangerschaftskleid getragen hatte. Jung und ängstlich. Aber auch entschlossen. Fest entschlossen, dass eine Nacht nicht ihr ganzes junges Leben ruinieren würde.
Tief in ihrem Innern wusste sie, dass es genau das war, was sie sich nicht vergeben konnte. Sie hatte ihre Entscheidung überhaupt nicht infrage gestellt. Sie hatte einfach beschlossen, das Problem so schnell und so einfach wie möglich zu lösen. Und die Lösung war, ein nettes Paar zu finden, das ihr Kind adoptierte.
Nicht eine Sekunde hatte sie eine andere Möglichkeit in Erwägung gezogen. Was sagte das über ihren Charakter aus? Den eigenen Sohn fortzugeben und sich zwölf Jahre lang nicht weiter um ihn zu kümmern. Hätte sie nicht am Boden zerstört sein sollen? Sich um ihn sorgen müssen? An ihn denken? Ihn vermissen?
Es gab einfach …
Jemand klopfte an die Haustür. Crissy wischte die Tränen aus dem Gesicht und stand auf. Sie trat in den Flur und zog die Tür zum Arbeitszimmer hinter sich zu. Sie erwartete keine Gäste mehr, und für Hausierer war es eigentlich zu spät. Ein Blick durch den Türspion ließ sie überrascht blinzeln. Es war Josh.
Na super! Sie sah bestimmt total verheult aus. Aber das war jetzt nicht mehr zu ändern.
Sie machte die Tür auf und lächelte ihn an. „Was für eine Überraschung“, sagte sie. „Ist alles in Ordnung?“
„Das wollte ich eigentlich Sie fragen“, erklärte er ihr. „Ich wollte nur kurz vorbeischauen und fragen, wie es Ihnen geht.“
„Mir geht es super.“
„Sie lügen. Darf ich reinkommen?“
Sie trat zurück, um ihn einzulassen, und schloss die Tür hinter ihm.
„Kann ich Ihnen etwas anbieten“, erkundigte sie sich. „Ein Glas Wein vielleicht?“
„Das hört sich gut an.“
Sie ging in die Küche und schenkte noch ein zweites Glas ein. Dann nahm sie die Gläser und trug beide ins Wohnzimmer.
Josh wartete beim Kamin. Er nahm ihr ein Glas ab und ließ seinen Blick durch den Raum wandern. „Tolles Haus.“
„Danke.“ Sie zeigte auf das Sofa. „Setzen wir uns doch.“
Sie nahm ihm gegenüber Platz, kuschelte sich in die Kissen und sah ihn an. „Es geht mir gut“, erklärte sie noch einmal.
„Meine professionelle Meinung lautet anders. Das Treffen mit Brandon muss ein Schock gewesen sein. Es ist absolut verständlich, dass so was nicht spurlos an Ihnen vorbeigeht.“
„Es ist mehr als das“, murmelte sie und stellte das Glas auf den Couchtisch. „Ich fühle mich schuldig. Brandon ist so ein toller
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