Wie gut, dass es dich gibt!
Junge. Ich mag ihn. Aber es ist noch nicht lange her, da habe ich ihn noch nicht einmal als reale Person wahrgenommen. Ich verstehe ja selbst nicht, warum ich so aufgebracht bin. Trauere ich um das, was ich nie hatte? Ich weiß nicht, ob ich ein Teil seiner Welt werden will, ob ich es überhaupt soll. Ich weiß nicht, ob ich mir je verzeihen kann, dass ich es mir so leicht gemacht habe.“
„Sie waren jung. Das ist ein großer Unterschied.“
„Es mag ein Unterschied sein, aber es ist keine Entschuldigung.“
Er trank einen Schluck Wein. „Ich erinnere mich, wie Abbey mir von Brandons bevorstehender Adoption erzählte. Als die beiden Brandon heimbrachten, bin ich gleich vorbeigefahren. Ich hatte keine Ahnung von Babys, und Pete und ich hatten eine Riesenangst. Das war das einzige Mal, dass ich meine Entscheidung, Arzt zu werden, infrage gestellt habe.“
Crissy musste lächeln. „Weil Sie nicht wussten, wie man mit einem kleinen Baby umgeht?“
„Ja.“ Seine dunkelgrünen Augen funkelten belustigt. „Im Gegensatz zu Abbey. Sie ist ein Naturtalent. Sie hatte einfach alles im Griff. Manchmal denke ich, dass es einfach ihre Berufung ist.“
„Abbey ist eine wunderbare Mutter“, konnte Crissy nur zustimmen und dachte dabei an das ganze selbst gemachte Essen und die kleinen mit Liebe hergerichteten Eisportionen. „Da kann ich Ihnen nur zustimmen.“
„Es war ein grausamer Schicksalsschlag für Abbey, keine Kinder bekommen zu können. Sie wollte immer nur Mutter werden. Und Sie haben ihr das ermöglicht.“
Ihr Verstand sagte Crissy, dass er recht hatte, aber ihr Herz wollte sie nicht so einfach davonkommen lassen.
„Marty war mein erster richtiger Freund“, erzählte sie. „Wir waren auf derselben Schule. Er spielte Football und war sehr beliebt. Ich hatte auch viele Freunde, obwohl ich für ein Mädchen sehr viel Sport gemacht habe.“
„Ich wette, Sie waren richtig gut.“
„Ich war ziemlich schnell, und ich habe sehr viel trainiert. Mein Ziel war, mit einem Softball-Stipendium das Studium zu bezahlen und dann irgendwas Interessantes im Finanzbereich zu machen.“ Sie zuckte die Schultern. „Na ja, zumindest mein Traum vom Stipendium ging in Erfüllung. An dem Tag, an dem die Zusage kam, musste ich mir allerdings eingestehen, was ich wochenlang verdrängt hatte: Ich war schwanger.“
Sie schaute zur Seite und erinnerte sich an den besagten Tag zurück. Wie sie sich auf dem Bett zusammengerollt und das Kind weggewünscht hatte. Wie hatten sie und Marty nur so blöd sein können, kein Kondom zu benutzen?
„Marty war genauso schockiert wie ich“, fuhr sie fort. „Es war für uns beide das erste Mal gewesen, und wir hatten beide nicht viel Ahnung von Verhütung. Er brach gleich in Panik aus und sagte, er wolle kein Kind, zumindest jetzt noch nicht. Und mir ging es nicht anders.“
„Sie waren erst siebzehn. Das wäre sehr schwierig geworden.“
„Ich habe dann mit meinen Eltern geredet. Sie versprachen, mir zu helfen und mich zu unterstützen. Es hörte sich wirklich völlig vernünftig an.“
„Aber das war es nicht, was Sie wollten.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Marty unterschrieb alle nötigen Papiere, die ihn von jeglicher Verantwortung entbanden, und ich begann mit der Suche nach einem Paar, das mein Baby adoptieren würde.“
„Was ist daran so falsch?“, erkundigte er sich.
„Ich weiß es nicht. Es ist nun mal so. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich mich nicht schuldig genug fühle.“
„Okay. Aber diese Aussage muss doch sogar in Ihren Ohren verrückt klingen.“
Trotz der vertrackten Situation musste sie lächeln. „Okay, ich gebe es ja zu. Ich fühle mich einfach nur furchtbar, dass ich damals nicht mehr gelitten, nicht mehr gefühlt habe.“
„Das heißt, Sie bereuen nicht Ihre Entscheidung, sondern Ihre mangelnden Schuldgefühle?“
Crissy zögerte. Sie suchte in ihrem Herzen nach der Antwort. „Ja“, gestand sie schließlich.
Josh fand ihre Verletzlichkeit sehr anziehend. Besonders, da sie normalerweise eine ausgesprochen selbstsichere Person zu sein schien und es gewohnt war, ihr Leben im Griff zu haben. Sie war eine sehr erfolgreiche Geschäftsfrau mit nur einer Schwäche – sich selbst nicht vergeben zu können.
„Sie haben Ihr Baby an ein Ehepaar gegeben, dessen größter Wunsch es war, Kinder zu haben. Darin kann ich nichts Falsches sehen.“
„Ich schäme mich, und ich fühle mich schuldig.“
„Aber weswegen schämen Sie sich?
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