Wie im goldenen Kaefig
“Süße, wie schön, dich zu sehen. Wir wussten ja gar nicht, dass du heute mit deiner kleinen Freundin ausgehen wolltest.”
“Hallo, Liliane. Dies ist Pat. Pat, Liliane.”
Die “kleine Freundin” lächelte nicht und würdigte Liliane keines Wortes. Sie neigte nur leicht den Kopf und sah sie so kalt an, dass Liliane errötete und etwas zurückwich. So viel Ehrlichkeit war sie wohl nicht gewöhnt.
“Ich muss los. Zeke und ich haben bergeweise Einzelheiten des neuen Projekts zu besprechen. Wir werden tagelang damit zu tun haben, daher wirst du tapfer sein und eine Weile ohne ihn auskommen müssen, Süße.”
“Meinst du?” Marianne lächelte mit einer Gelassenheit, die sie überhaupt nicht empfand, und erwiderte: “Ich werde eben zusehen, dass wir uns gegenseitig ordentlich verwöhnen, wenn er dann zu Hause ist.”
Einen Moment lang verschwand das wie einstudiert wirkende selbstsichere Lächeln. Liliane ließ die Maske fallen, und die grausame, eiskalte Hyäne schimmerte durch. Dann hatte sie sich wieder gefasst und sagte: “Ich darf Zeke nicht warten lassen. Geduld war noch nie seine Stärke.” Womit sie deutlich machen wollte, wie gut sie ihn kannte.
“Was für eine schreckliche Frau”, meinte Pat, während sie zusahen, wie Liliane das Restaurant verließ. “Die hat eine Tracht Prügel verdient, wenn du mich fragst.”
“Vermutlich.” Marianne lächelte schwach. “Aber sie ist unglaublich gut in ihrem Job.”
“Darauf würde ich wetten. Und nicht nur in ihrem Job.”
Sie blieben noch einen Moment in verständnisinnigem Schweigen sitzen, ehe, Marianne den Ober rief und sich die Rechnung bringen ließ.
2. KAPITEL
Marianne kehrte um halb sieben nach Hause zurück. Die Mortons sollten um sieben eintreffen. Zeke kam ihr schon im Flur entgegen. Er war wütend. Sehr wütend. Genauso wütend, wie Marianne es erwartet hatte.
“Wo bist du so lange gewesen?” Er presste die Lippen fest zusammen.
“Bei Pat. ” Sie ging an ihm vorbei zum Schlafzimmer und hoffte, er würde nicht merken, wie nervös sie war.
Der Nachmittag mit Pat hatte ihr die Augen geöffnet. Endlich hatte sie ihre Ehe einmal unvoreingenommen und schonungslos betrachtet und einige wichtige Entscheidungen getroffen. Sie wusste, dass sie ruhig und gelassen wirken musste, wenn sie darüber mit Zeke sprach, sonst würde er ihr wieder vorwerfen, sie sei zu emotional.
“Bei Pat”, wiederholte er, blass vor Zorn. “Ist dir nicht einmal der Gedanke gekommen, anzurufen und Bescheid zu sagen, dass du später kommst? Ich habe mir solche Sorgen gemacht, was dir alles passiert sein könnte.”
“Du?” Sie hatte wirklich nicht gedacht, dass er sich sorgen könnte. Nur, dass er wütend werden würde, weil sie ihn nicht wie gewohnt mit einem Cocktail vor dem Dinner und einem strahlenden Lächeln empfangen hatte.
„Es ist dir nicht in den Sinn gekommen, stimmt’s?”
Ihre schuldbewusste Miene sagte alles.
“Verflixt, Marianne, was ist nur mit dir los?”
“Mit mir?” Ihr Entschluss, ruhig zu bleiben, geriet beinahe ins Wanken.
„Ja, mit dir”, schimpfte er. “Die Mortons können jeden Moment hier sein, und soweit ich sehe, hast du nichts vorbereitet.”
“Mir sind die Mortons völlig egal.” Das ist der eigentliche Grund, dachte sie.
Seine Dinnerparty ist ihm wichtig. Um mich hat er sich bestimmt nicht gesorgt.
„Ja, das merke ich.” Seine Stimme war eiskalt. “Mir sind sie aber nicht egal.”
“Natürlich nicht”, stimmte Marianne ihm bitter zu. “Die Mortons gehören ja in die Kategorie ‚Arbeit’. Ganz anders als der Rest von uns armen Sterblichen.”
Wie Liliane. Er brauchte ihr Fachwissen für sein exklusives Projekt, also war sie ihm wichtig. Viel wichtiger als seine Frau, das Heimchen am Herd ohne Karriere oder andere Vorzüge, die dem Buchanan-Konzern nutzen konnten.
“Red keinen Unsinn.” Er schritt an ihr vorbei, riss die Kleiderschranktür auf und befahl: “Zieh dir was Nettes an, und beruhige dich ein bisschen.”
“Ich bin ganz ruhig, vielen Dank”, erwiderte sie eisig.
“Dann zieh das hier aus, und frisier dich.” Es war eher seine verächtliche Stimme als der grobe Griff nach ihrer Jacke, der Mariannes wunden Punkt traf.
“Lass das”, sagte sie scharf. “Fass mich nicht an.”
„Ich soll dich nicht anfassen?” Zeke war mehr als überrascht. Das hatte bestimmt noch keine Frau zu ihm gesagt. Sie hatte es jedenfalls noch nie getan, und ihr war dabei entsprechend mulmig zu
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