Wie Kinder heute lernen
von herausragender Bedeutung. Und hier müssen und können Eltern bereits früh die richtigen Weichen stellen.
Dass Jungen besser rechnen können und Mädchen besser malen, ist eines der hartnäckigsten Vorurteile, denen Eltern ausgesetzt sind. Denn Intelligenz wird nur zu 50 Prozent von den Eltern über die Gene vererbt. Der Rest bildet sich durch Erfahrung und Lernen, durch die richtige Förderung zum richtigen Zeitpunkt. Argumente, dass das eine Kind eben dumm und das andere schlau sei, taugen im Schulalltag nichts. Im Gegenteil, sie können zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.
Entscheidend ist, dass Eltern und Lehrer sich nicht von diesen vermeintlich wissenschaftlichen Allgemeinplätzen leiten lassen. In den vergangenen zwanzig Jahren haben Tausende von Wissenschaftlern weltweit viele neue Erkenntnisse über die Entwicklung des Gehirns zusammengetragen. Sie müssen jetzt in die Praxis umgesetzt werden, damit wir besser verstehen, wie unsere Kinder heute lernen und vor allem wie wir sie dabei gezielter fördern und unterstützen können. Es gilt, die sieben Säulen, auf denen die Fähigkeit unserer Kinder zu lernen fußt, frühzeitig zu stärken.
2.1 Motivation und Konzentration
Motivation steigern - Positive Konsequenzen - Turbolader im Gehirn - Kapiertrieb - Bewegung und Belohnung - Gier nach Neuem - Schmiermittel für den Geist - Lernen und Aufmerksamkeit - Konzentration steigern - Fazit - Anregungen für Eltern
»Der Geist ist kein Schiff, das man beladen kann, sondern ein Feuer, das man entfachen muss.«
PLUTARCH (griechischer Historiker)
Belohnung fördert die Motivation. Dieser Grundsatz erscheint jedem einleuchtend und vollkommen nachvollziehbar, aber manchmal machen sich Wissenschaftler auch daran, scheinbar Offensichtliches zu belegen. Um die Allgemeingültigkeit dieser Aussage zu überprüfen, beobachteten Psychologen in einer Studie die freiwilligen und belohnten Tätigkeiten von Vorschulkindern. Dafür wurden hundert Kinder nach einem Zufallsprinzip in drei verschiedene Gruppen eingeteilt. Der ersten Gruppe zeigten die Forscher Süßigkeiten und Kuscheltiere, die den Kindern als Belohnung winkten, nachdem sie etwas Schönes aus ihrer Umgebung gemalt haben würden; die zweite und dritte Gruppe wurde ebenfalls gebeten, etwas zu zeichnen, ohne dass man ihnen eine Belohnung dafür in Aussicht stellte; die zweite Gruppe erhielt später zwar dieselbe Belohnung wie die erste Gruppe, aber sie kam für die Kinder gänzlich unerwartet. Die dritte Gruppe von Vorschulkindern erhielt zu keinem Zeitpunkt irgendeine Art von Belohnung.
Das Ergebnis dieses Motivationstests entsprach allerdings in keinster Weise den Erwartungen der Wissenschaftler: Denn nach ein paar Wochen zeigte sich, dass die Kinder der ersten Gruppe ein geringeres Interesse am Malen an den Tag legten und entsprechend weniger Zeit damit verbrachten als die Kinder der beiden
anderen Gruppen. Und das, obwohl sie doch für ihr Tun belohnt worden waren. Ausgehend von der Annahme »Belohnung erhöht die Motivation« hätten aus ihnen kleine Malenthusiasten werden müssen. Aber die versprochene Belohnung, so gut sie auch gemeint gewesen sein mag, hatte sich als kontraproduktiv für die Eigenmotivation der Kinder erwiesen. Hingegen waren die Kinder, die überraschend eine Belohnung erhalten hatten, hinterher diejenigen, die am liebsten malten.
Folgt daraus, dass Eltern ihren Kindern keine Belohnung (oder Bestrafung) in Aussicht stellen sollten, wenn sie bei ihnen (gute) Leistungen erzielen wollen? Sind die zwei Euro für jede gute Note auf dem Zeugnis nicht nur sinnlos, sondern bewirken gar das Gegenteil?
Motivation steigern
Eine der häufigsten Fragen, die Eltern Schulpädagogen stellen, lautet: »Wie kann ich mein Kind zum Lernen motivieren?« Der Neurologe, Psychiater und Lernexperte Manfred Spitzer meint, diese Frage sei ähnlich unsinnig wie: »Wie erzeuge ich Hunger?« Damit bringt Spitzer die Ergebnisse der letzten zehn Jahre aus psychologischer und neurobiologischer Forschung auf den Punkt, die mittlerweile mit dem Irrglauben aufgeräumt hat, man müsse Kinder zum Lernen zwingen. Im Gegenteil: Heute weiß man, das kindliche Gehirn lernt immer - nur nicht immer das, von dem andere möchten, dass Kinder es lernen. Gleiches gilt übrigens auch für Erwachsene, und zwar in jedem Alter.
Was allerdings das Gehirn eines motivierten Menschen, der z. B. bis an die Grenzen seiner Belastbarkeit einem Marathonsieg
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