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Wie Kinder heute lernen

Titel: Wie Kinder heute lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
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zu wegen seiner vielfältigen Beteiligung an grundlegenden Eigenschaften menschlichen Handelns. Denn Dopamin
    › steuert Wachheit und Aufmerksamkeit
    › steigert das Lernvermögen
    › steigert die Neugierde
    › facht die Fantasie an
    › unterstützt das Selbstvertrauen
    › macht optimistisch
    › motiviert, bestimmte Ziele erreichen zu wollen
    › kann Euphorie induzieren.
    Darüber hinaus kurbelt es das motorische System an. So ist bei der Parkinson’schen Krankheit etwa ein durch Dopamin aktiviertes motorisches System gestört.
    Dopamin ist auch der Botenstoff des Belohnungs- und Erwartungssystems unseres Gehirns ( Abb. 1 ): Es löst Spannung und Vorfreude aus. Es macht das Gehirn auf besonders interessante Situationen aufmerksam. Zudem fördert es bei Nervenzellen die Fähigkeit, sich positive Erfahrungen besonders gut einzuprägen. Lernen wird so leichter und effektiver. Diese Nervenzellen, die mit Dopamin als Botenstoff arbeiten, sind im Gehirn quasi die Detektoren für »Neues« und »Besseres« und damit wichtige Motivatoren zukünftigen Handelns. Produziert wird Dopamin vor allem im Mittelhirn, u. a. in der Substantia nigra (Schwarzer Kern) und in einem benachbarten Areal mit dem prosaischen Namen »A 10« ( Abb. 1 ).

    Abbildung 1 : Das Belohnungssystem
    Grafisch dargestellt sind die Gebiete des Gehirns, die von Nervenzellen kontaktiert werden, die als Botenstoff (Neurotransmitter) Dopamin benutzen. Die linke Darstellung zeigt einen Querschnitt durch das menschliche Gehirn. Area 10 (A 10) und Substantia nigra (Schwarzer Kern) liegen tief unterhalb der Großhirnrinde, und die dort enthaltenen Nervenzellen haben Projektionen (axonale Verbindungen) in die verschiedensten Hirngebiete, vor allem aber in den Stirnlappen, das Striatum (Teil der Basalganglien) und in den Nucleus accumbens. Durch die Verbindung zum Nucleus accumbens ist das Erwartungssystem des Gehirns durch seinen Botenstoff Dopamin mit dem Belohnungssystem des Gehirns verbunden.
Kapiertrieb
    In seinen Grundprinzipien ähnelt das menschliche Belohnungssystem dem der Tiere. Es hat sich im Laufe der Evolution bewährt, da es bestimmte Handlungen verstärkt. Wer Futter sucht, merkt sich die Stelle besonders gut, an der er welches gefunden hat; mit der verspeisten Nahrung werden die Bemühungen der Suche belohnt. Beim Menschen aber scheint neben dieser Handlungsbelohnung noch eine zweite Strategie von
Bedeutung zu sein: Nachdenken und dabei etwas verstehen, ohne dass notwendigerweise eine Handlung vollzogen werden muss, kann ein Gefühl der Euphorie, Freude und des Wohlfühlens, also der inneren Belohnung hervorrufen. Etwa stolz zu sein über einen gelungenen Gedanken oder eine erfolgreich absolvierte Lektion.
    Als sich im Laufe der Evolution diese Ergänzung zum Belohnungssystem entwickelte, war eine Art »gordischer Knoten« gelöst, was die weitere Entwicklung von Intelligenz und kognitiven Fähigkeiten betraf. Seither aktiviert der Vorgang des Lernerfolgs das Belohnungssystem des menschlichen Gehirns. Fast scheint es so, als ob es einen »Kapiertrieb« des Menschen gäbe, der archaische Verschaltungen im Gehirn für seine selbst verstärkende Wirkung benutzt.
    Entscheidend für die Aktivierung des Kapiertriebs ist nicht zuletzt folgender Faktor: Aufgaben werden entsprechend danach bewertet, ob man sie glaubt lösen zu können oder nicht. Eine zu einfache Aufgabe wirkt sich dabei im Gehirn genauso aus wie eine zu schwierige: Unser Gehirn unterscheidet dann nicht mehr zwischen wichtigen und unwichtigen Reizen. Die Aufmerksamkeit bricht zusammen, und das Arbeitsgedächtnis funktioniert nicht mehr richtig. Sich an das langsame Unterrichtstempo seiner Klasse anpassen zu müssen ist für ein hochbegabtes Kind genauso eine Qual (siehe auch Kapitel 5, »Hochbegabte«) wie das Absolvieren der Schule für ein überfordertes Kind. Überforderung kann sich auf das seelische Gleichgewicht eines Schülers also ebenso negativ auswirken wie Unterforderung. Der Effekt mag von außen betrachtet ähnlich sein, die Ursachen für das »Abschalten« des Gehirns sind jedoch gänzlich unterschiedlich, wobei beide auf die gleichen Hirnstrukturen zurückgreifen: das Erwartungs- und Belohnungssystem.
    Wie aber kommt es zu dem guten Gefühl, das entsteht, wenn man sich intensiv und auf die Dauer erfolgreich mit einer Sache beschäftigt? Auch hier spielt wieder der Botenstoff Dopamin
die entscheidende Rolle: Dopaminhaltige Nervenzellen bewirken unter anderem, dass der

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