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Wie man Freunde gewinnt

Wie man Freunde gewinnt

Titel: Wie man Freunde gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Carnegie
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Geltungsbedürfnis zu befriedigen. Selbst George Washington wünschte, «Seine Hoheit, der Präsident der Vereinigten Staaten» genannt zu werden und Kolumbus flehte um den Titel «Admiral des Ozeans und Vizekönig von Indien». Katharina die Große weigerte sich, Briefe zu öffnen, die nicht an «Ihre Kaiserliche Majestät»
    adressiert waren ; Mrs. Lincoln stürzte sich im Weißen Haus wie eine Tigerin auf Mrs. Grant und rief: «Wie können Sie es wagen, in meiner Gegenwart Platz zu nehmen, ehe ich Sie dazu auffordere!»
    Amerikanische Millionäre halfen 1928 Admiral Byrds Antarktisexpedition zu finanzieren, unter der Bedingung, daß ganze Reihen von Gletschern nach ihnen benannt würden; und Victor Hugo verlangte nichts Geringeres, als daß man Paris nach ihm unbenennen sollte. Sogar der größte der Großen, Shakespeare, versuchte seinem Namen mehr Glanz zu geben, indem er sich um ein Familienwappen bemühte.
    Es gibt Menschen, die geradezu krank werden vor Verlangen nach Zuneigung und Aufmerksamkeit, um sich im Gefühl ihrer eigenen Bedeutung zu sonnen. Das war beispielsweise der Fall bei Mrs. McKinley, die ihren Mann, den Präsidenten der Vereinigten Staaten, dazu zwang, wichtige Staatsgeschäfte zu
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    vernachlässigen, während er stundenlang an ihrem Bett saß und den Arm um sie gelegt, versuchte, sie zum Schlafen zu bringen.
    Sie befriedigte ihre Gier nach Geltung dadurch, daß sie von ihm verlangte, er müsse bei ihr sein, wenn sie ihre Zähne behandeln ließ und sie machte eine wilde Szene, als er sie einmal mit dem Zahnarzt allein lassen mußte, weil er mit seinem Staatssekretär verabredet war.
    Medizinische Fachleute wissen zu berichten, daß Menschen buchstäblich geisteskrank werden können, um in der Traumwelt des Wahnsinns das Gefühl von Bedeutung zu finden, das man ihnen in der Wirklichkeit verweigert. Es gibt mehr psychisch Kranke als andere Patienten in den Spitälern der Vereinigten Staaten.
    Welches sind die Ursachen von Geisteskrankheit?
    Auf eine so summarische Frage kann niemand eine Antwort geben. Wir wissen jedoch, daß gewisse Krankheiten, wie zum Beispiel Syphilis, die Gehirnzellen angreifen und zerstören, was zu Geisteskrankheit führt. Ungefähr die Hälfte aller Geisteskrankheiten gehen tatsächlich auf physische Ursachen wie Gehirnverletzungen, Alkoholeinfluß und Vergiftungen zurück. Die andere Hälfte aber - und das ist das Erschreckende -
    weist keine erkennbaren organischen Schädigungen der Gehirnzellen auf. Selbst bei Autopsien, wenn die Gehirnzellen unter den stärksten Mikroskopen untersucht werden, erscheinen sie genauso gesund wie bei Ihnen und bei mir.
    Was also ist der Grund, daß diese Menschen geisteskrank werden?
    Ich habe diese Frage einmal dem Chefarzt einer unserer größten Irrenanstalten vorgelegt. Dieser Mann, der für seine Kenntnisse auf dem Gebiet der Geisteskrankheiten mit höchsten Ehren und Auszeichnungen dekoriert worden war, gab offen zu, daß er darauf keine Antwort wußte. Daß es niemand mit Sicherheit weiß. Er erklärte mir jedoch, daß viele in ihrem
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    kranken Zustand ein Gefühl von Bedeutung hätten, das sie sich in der Wirklichkeit nie verschaffen konnten. Dann erzählte er mir folgende Geschichte:
    «Ich habe eine Patientin hier, deren Ehe eine einzige Tragödie war. Sie sehnte sich nach Liebe, sexueller Erfüllung, Kindern und gesellschaftlichem Ansehen; doch das Leben zerstörte alle ihre Hoffnungen. Ihr Mann liebte sie nicht, weigerte sich sogar, mit ihr am gleichen Tisch zu essen, und sie mußte ihm seine Mahlzeiten auf sein Zimmer bringen. Sie hatte weder Kinder noch eine gesellschaftliche Position. Da wurde sie geisteskrank; in ihrer Scheinwelt ließ sie sich von ihrem Mann scheiden und nahm wieder ihren Mädchennamen an. Sie bildet sich nun ein, mit einem englischen Aristokraten verheiratet zu sein, und besteht darauf, Lady Smith genannt zu werden. Was die Kinder anbelangt, so bekommt sie in ihrer Einbildung jede Nacht ein neues. Jedesmal, wenn ich mit ihr spreche, sagt sie: ‹Doktor, ich habe letzte Nacht ein Baby bekommen!›»
    Im Leben sind alle ihre Traumschiffe am Felsen der Realität zerschellt; aber auf der sonnigen Zauberinsel des Wahnsinns laufen sie mit geblähten Segeln und bei günstigem Wind in den Hafen ein.
    Tragisch? Ich weiß es nicht. Ihr Arzt sagte mir: «Wenn ich die Hand ausstrecken und sie heilen könnte - ich würde es nicht tun.
    Sie ist viel glücklicher so.»
    Wenn es möglich ist, daß der

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