Wie man Freunde gewinnt
Liedermacher der siebziger Jahre.
Viele Leser denken jetzt vielleicht: «Ach, Quatsch! Alte Klamotten! Hab' ich alles schon versucht. Schmeicheleien, Honig um den Bart streichen - das zieht nicht - nicht bei intelligenten Leuten.»
Natürlich kommt man mit seichter, selbstsüchtiger und falscher Schmeichelei bei klugen Menschen selten an. Das ist auch richtig so, obschon es auch unter ihnen Menschen gibt, die so sehr nach Anerkennung hungern und dürsten, daß sie unbesehen alles schlucken - wie ein Verhungernder, der sich auf Gras und Würmer stürzt.
Sogar Queen Victoria war für Schmeicheleien empfänglich.
Premierminister Benjamin Disraeli gestand, daß er bei Verhandlungen mit der Königin jeweils dick aufgetragen habe,
«wie mit einer Maurerkelle», um seine eigenen Worte zu wiederholen. Aber Disraeli war einer der besten, pfiffigsten und gewandtesten Staatsmänner, die je das britische Weltreich regiert haben. Er war in seiner Art ein Genie, und was für ihn galt, gilt nicht unbedingt für jeden. Auf lange Sicht trägt Schmeichelei dem Schmeichler mehr Schaden ein als Nutzen.
Schmeichelei ist falsch, und wie Falschgeld kann auch
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Schmeichelei demjenigen Schwierigkeiten bereiten, der versucht, sie bei andern anzubringen.
Woran aber erkennt man den Unterschied zwischen
Anerkennung und Schmeichelei? Ganz einfach: Die eine ist echt, die andere unecht. Die eine kommt aus dem Herzen, die andere aus dem Mund. Die eine ist selbstlos, die andere selbstsüchtig. Die eine wird allgemein geliebt, die andere allgemein verurteilt.
Ich sah kürzlich eine Büste des mexikanischen Helden General Obregon im Chapultepec-Palast in Mexiko City. Unter der Büste standen die weisen Worte des Generals: «Fürchte dich nicht vor Feinden, die dich angreifen. Hüte dich vor den Freunden, die dir schmeicheln.»
Ich möchte um Gottes willen nicht mißverstanden werden: Ich spreche nicht der Schmeichelei das Wort! Weit gefehlt! Ich spreche von einer neuen Lebensweise.
König Georg V. hatte an der Wand seines Arbeitszimmers im Buckingham-Palast sechs Wahlsprüche hängen. Einer davon lautete: «Man soll niemals billiges Lob austeilen noch annehmen.» Was ist Schmeichelei anderes als «billiges Lob»?
Ich las einmal die folgende Definition von Schmeichelei:
«Schmeichelei ist, wenn man einem andern Menschen genau das sagt, was er von sich selbst denkt.»
«Welcher Sprache man sich auch bedient», sagte Ralph Waldo Emerson, «man kann immer nur so sprechen, wie man selbst ist.»
Wenn wir weiter nichts zu tun brauchten, als zu schmeicheln, dann würde es jeder tun, und wir wären Meister im Umgang mit Menschen.
Wenn wir nicht gerade an eine bestimmte Sache denken, dann bringen wir ungefähr fünfundneunzig Prozent unserer Zeit damit zu, an uns selbst zu denken. Wenn wir einmal eine Zeitlang aufhören würden, immer nur an uns zu denken und dafür an die
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guten Eigenschaften der andern, dann wären wir nicht darauf angewiesen, zu Schmeicheleien Zuflucht zu nehmen, die so billig und falsch sind, daß man sie schon als solche durchschaut, ehe sie noch ausgesprochen sind.
Anerkennung gehört in unserem täglichen Leben zu den am meisten vernachlässigten Tugenden. Aus Gedankenlosigkeit unterlassen wir es, unseren Sohn oder unsere Tochter zu loben, wenn sie gute Zeugnisse nach Hause bringen, und wir versäumen es, unsere Kinder zu ermutigen, wenn sie ihren ersten Kuchen gebacken oder ein Vogelhaus gebastelt haben.
Dabei macht nichts Kinder so glücklich wie elterliche Anteilnahme und Anerkennung.
Wenn Ihnen das nächstemal im Restaurant ein Filet besonders geschmeckt hat, lassen Sie es dem Küchenchef mitteilen, und bedanken Sie sich, wenn eine müde Verkäuferin speziell freundlich zu Ihnen ist.
Jeder Politiker, Vortragende oder Redner kennt das enttäuschende Gefühl, vor einer Zuhörerschaft zu stehen, die nicht einen einzigen Ton der Anerkennung äußert. Und was für diese Menschen gilt, gilt doppelt für alle, die in Büros, Verkaufsgeschäften und Fabriken arbeiten, gilt für unsere Familie und unsere Freunde. Im Umgang mit ihnen sollten wir nie vergessen, daß sie menschliche Wesen sind, die nach Anerkennung hungern.
Versuchen Sie auf Ihrem täglichen Weg einige Fünkchen Dankbarkeit fallenzulassen, und Sie werden überrascht feststellen, daß daraus kleine Flämmchen der Freundschaft entstehen, die bei Ihrem nächsten Besuch wie Leuchtfeuer strahlen.
Pamela Dunham hatte nebst anderen Aufgaben auch die
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