Wie man sie zum Schweigen bringt
Flur, von wo aus wir freie Sicht auf den Rest der Wohnung hatten. Väinöläs Einzimmerwohnung schien ein regelrechter Nazitempel zu sein. Ich überlegte, was Mannerheim und General Ehrnrooth dazu gesagt hätten, dass ihr Bild neben dem Hitlers an der Wand prangte. Daneben hing ein Plakat, das die Somalis zurück nach Somalien wünschte, ein anderes forderte Schwule und Schwedischsprachige auf, Finnland zu verlassen.
Unfreiwillig komisch wirkte ein Plakat mit dem Text »Der Nigger nimmt dir dein Mädchen«, auf dem ein flachsblonder Finne versuchte, eine vollbusige Schöne mit blonden Zöpfen aus den Armen eines dunkelhäutigen Krauskopfes zu reißen. Musste Väinölä sich ständig vor Augen führen, was er hasste, um seinen Hass virulent zu halten und nicht zu sehen, dass der Rest der Welt seine Ansichten nicht teilte?
Liisa Rasilainen nahm eine grüne Bomberjacke vom Haken. Am Ärmel prangte die finnische Flagge.
»Verdacht auf Volksverhetzung. Auf der Basis können wir einen Durchsuchungsbefehl beantragen«, sagte ich, als wir abschlossen und gingen.
»Nun mach mal halblang, Maria, eine Hakenkreuztätowierung am Hinterkopf ist noch kein Verbrechen«, wandte Liisa ein.
»Das nicht, aber potthässlich. Hast du inzwischen über unsere Fußballpläne nachgedacht? «
»Ja. Ich bin dabei . «
Auf ihrem Geburtstag war die Idee aufgekommen, bei der Espooer Polizei eine Frauenelf zu gründen. Dabei hatte sich herausgestellt, dass auch Liisa in ihrer Jugend in einer Jungenmannschaft gekickt hatte. Später hatte sie ihr Hobby wegen der unregelmäßigen Arbeitszeiten aufgegeben. Ich versprach, ein Spielfeld zu organisieren.
Väinölä saß im vergitterten Teil des Streifenwagens und sah uns bitterböse an, als wir vorbeigingen.
»Bringt ihn in den Vernehmungsraum vier«, wies ich Airaksinen an. Koivu wartete aufgeregt in unserem Wagen.
»Weißt du was, Maria, der Kerl hat sich gerade verplappert. Er wüsste, dass wir ihm den Mord an Ilveskivi anhängen wollen, hat er gesagt. Er muss in den Fall verwickelt sein, wenn er weiß, dass Ilveskivi tot ist. Der Name wurde doch erst vor einer Stunde bekannt gegeben . «
VIER
Koivu und ich besprachen uns kurz, bevor wir zum Vernehmungsraum gingen. Wir einigten uns darauf, dass ich die böse Hexe und er den netten Kerl spielen würde. In Wahrheit hasste Koivu alle Skinheads, seit einer von ihnen ihm vor einigen Jahren seine Freundin abspenstig gemacht hatte.
»Wenn wir Väinölä als Mordverdächtigen vernehmen, darf er uns die Hucke voll lügen«, seufzte er.
»Stimmt. Aber so steht es nun mal im Haftbefehl . «
Der Vernehmungsraum vier war ein fensterloses Kabuff mit einer Schreibtischlampe, die man bei Bedarf drehen konnte, sodass sie den Vernommenen blendete. Väinölä hing in seinem Stuhl, als wäre er der Herr über das gesamte Polizeiwesen. Koivu setzte sich an den Computer und rief die Maske des Vernehmungsprotokolls auf. Väinölä, Jani Juhani, geboren 13. 4.1976, Beruf: arbeitslos. Eine auf Bewährung ausgesetzte Haftstrafe wegen Körperverletzung, dann eine weitere ohne Bewährung wegen Körperverletzung, Diebstahl und Hehlerei. Rauschgiftdelikte hatte man ihm bisher nicht nachweisen können.
»Hauptmeister Koivu meint, du wüsstest, unter welchem Verdacht du stehst«, begann ich.
»Klar, wegen dem Mord an diesem verdammten Schwulen! Der Schwanzlutscher hat's verdient, aber ich war's nicht . «
»Woher weißt du, dass Petri Ilveskivi umgebracht worden ist? Der Name wurde erst heute Nachmittag bekannt gegeben . «
»Hört ihr Bullen kein Radio? Um drei haben sie es in den Nachrichten gebracht . «
Im Zeitalter der Handys war das theoretisch möglich. Wir mussten es nachprüfen.
»Außerdem hab ich mit Piri telefoniert, der hat mir erzählt, dass die Bullen bei ihm waren . «
Koivu warf mir einen zweifelnden Blick zu. Natürlich hatte er Pirinen nicht gesagt, wessen Tod wir untersuchten.
»Besitzt du ein Motorrad? «
»Guck doch in eurem Scheißregister nach! «
»So ein elendes Würstchen kann sich garantiert kein Motorrad leisten«, flüsterte ich Koivu zu, allerdings laut genug, dass Väinölä es hören konnte. Er war schon oft genug vernommen worden und kannte die Spielregeln, wir mussten aufpassen, dass wir uns keine Beschwerde einhandelten. Erstaunlicherweise hatte er nicht sofort die Aussage verweigert und einen Anwalt verlangt, was leider darauf hindeutete, dass er unschuldig war.
Als ich aufstand, zuckte er unwillkürlich
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