Wie redest du mit mir
dann bekomme ich wenigstens nicht so kleinkarierte Fragen gestellt«. Blitzschnell kann so ein Gespräch eskalieren.
Scheinfragen haben auch eine weitere unangenehme Konsequenz: Die eigenen Gefühle, die darin so versteckt zum Ausdruck kommen,
bleiben
auch versteckt. Das heißt, mein Partner wird so schnell nicht darauf kommen, danach zu fragen, weil er erst einmal durch den Unmut, den die Scheinfrage auslöst, davon abgebracht wird.
Rechtfertigungen
»Das stimmt doch gar nicht!«
Auch bestimmte Rechtfertigungen, meist unmittelbare Reaktionen auf eine Du-Botschaft, beinhalten ihrerseits einen nicht unerheblichen Vorwurf: nämlich, dass der Partner lügt (»Das ist doch alles gar nicht wahr, was du sagst«). Durch Rechtfertigungen wird ein echtes Verstehen von Gefühlen eher verhindert. Stattdessen geht es vielmehr um rein »sachliche« Argumente und ums Recht behalten.
Scheinvorschläge
»Du könntest mir gegenüber ruhig einmal ein bisschen aufmerksamer sein.«
»Ich finde, du solltest endlich mal weniger rauchen.«
»Du könntest« oder »Du solltest« -Sätze heißen eigentlich »Ich möchte gerne von dir …«. Der Vorschlag ist in Wirklichkeit ein Wunsch.
»Ich finde, du könntest auch mal wieder Getränke einkaufen«, kann z. B. heißen: »Ich bin sauer, weil ich in der ganzen letzten Zeit von meinem Geld für Getränke gesorgt habe, die schweren Flaschen schleppe, und ich wünsche, dass du gerechterweise auch wieder zum Einkaufen gehst.« Klare Wünsche oder gar Forderungen an den Partner heranzutragen, fällt nicht jedem leicht, denn sie könnten ja auch
nicht
erfüllt werden, und das käme fast einer persönlichen Ablehnung gleich. Als Ausweichmöglichkeit bietet sich deshalb die vorsichtige Variante an, dem Partner einen Vorschlag zu machen, bei dem die eigene innere Beteiligung nicht so deutlich spürbar wird. Wenn mein Partner dann nicht darauf eingeht, tut das nicht so weh, als wenn ein persönlich formulierter Wunsch ausgeschlagen wird. Außerdem bleibe ich in der Rolle des Vorschlagenden bzw. Ratgebendenauf hierarchisch sicherem Terrain. Und darauf lässt sich auch leichter mit guten und »sachlichen« Argumenten agieren als mit den eigenen Gefühlen.
Ein klassischer Trugschluss. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass mein Partner auf meine Wünsche eingeht, ist in jedem Fall wesentlich kleiner, wenn ich ihm meine persönlichen Beweggründe, die hinter dem Vorschlag stecken, erst gar nicht mitteile und ihm gleichzeitig die missverständliche Botschaft vermittle, der Vorschlag sei nur zu
seinem
Wohl gedacht (»Du könntest auch mal abends früher mit der Arbeit Schluss machen, dann wärst du nicht immer so kaputt« statt »Ich möchte nach Feierabend mehr von dir haben«). Scheinvorschläge hinterlassen außerdem meist den Beigeschmack eines Vorwurfs, etwas
objektiv
Falsches zu tun, weswegen man oder frau sie auch lieber überhört.
Es gibt noch eine ganze Reihe mehr von Möglichkeiten, den Partner mit vorwurfsvoller Kommunikation zu traktieren, doch wollen wir es lieber bei den genannten bewenden lassen. Kann man bei diesen Spielarten von direkten und indirekten Vorwürfen noch wohlwollend annehmen, dass sie ohne unmittelbare Absicht, quasi im Affekt geäußert werden, so gilt dies kaum mehr für Vorwürfe, die eines der folgenden Merkmale in sich tragen:
Entwertungen, Beleidigungen
»Du bist auch zu nichts nutze, du Stümper …«
… schreiben nicht nur eine negative Eigenschaft zu, sie zielen darüber hinaus darauf ab, den betroffenen Partner »klein« und lächerlich erscheinen zu lassen.
Beispiele: »Deine Figur war auch schon mal besser«, »Lass mich endlich in Ruhe mit deinem dümmlichen Gemecker«,»Ich wusste schon immer, dass du ein Muttersöhnchen bist.« Bemerkungen wie diese lösen im ersten Augenblick Scham und Verunsicherung aus. Ein ausgesprochen unangenehmes Gefühl … So etwas könnte einen dann tatsächlich an zurückliegende Kränkungen und beschämende Situationen erinnern, weswegen man es lieber meist gar nicht so weit kommen lässt und bisweilen auf Wut »umschaltet«, um sich nicht hilflos fühlen zu müssen.
Entwertende Bemerkungen durch einen nahestehenden Menschen bergen nicht nur die Erfahrung des Sich-beschämt-Fühlens in sich, sondern auch die Enttäuschung des Sich-allein-gelassen-Fühlens: Mein Partner, von dem ich bisher angenommen hatte, dass er mich als Mensch mit allen meinen Eigenschaften mehr als nur akzeptiert, zeigt jetzt sein wahres
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