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Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Titel: Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Scherer
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Fragen an Amerika:
»End of the Game?«
     
    Glaubt man den Rivalen, geht es um den wichtigsten Richtungsstreit im Leben ihrer Wähler. Um den Grundkonsens Amerikas. Um die Laufrichung der Weltmacht. »Wir werden eine neue, konservative Ära in Amerika beginnen«, feiert sich Multimillionär Mitt Romney nach seinen Vorwahlsiegen, angefeuert von den »We-want-Mitt«-Sprechchören seiner Anhänger. Er geißelt »die bankrotte Ideologie Europas«, der Amerika nicht länger folgen dürfe. Dann setzt er zum finalen Satz an: »Wir werden beweisen, dass Barack Obama die letzte Zuckung des Liberalismus in unserem Land war.«
    Dabei ist Romney vielen noch gar nicht konservativ genug, wie die Abstimmungserfolge des Ultrareligiösen Rick Santorum zeigten. Die Parteirechte hätte lieber ihn als Kandidaten gekürt, als Hardcore-Republikaner, der die Trennung von Kirche und Staat aufheben will, seine sieben Sprösslinge zu Hause unterrichtet – aus Sorge, sie könnten der Evolutionslehre verfallen – und der Obama einen »Snob« nennt, nur weil der in den amerikanischen Traum miteinschließt, dass Eltern ihre Kinder auf ein College schicken können. »Ein ehrenwerter Mann, nur leider lebt er im falschen Jahrhundert«, verabschiedete ihn die Washington Post am Ende des Vorwahlkampfs.
    Seitdem muss Romney selber die Parteirechte bei Laune halten, bis hin zu den Staatsgegnern der Tea Party. Den Armen zu helfen, poltern deren Frontleute, sei nicht Sache der Regierung, sondern der Kirchen. Derweil lassen mächtige Geldgeber an neuen Hasskampagnen gegen den Präsidenten feilen, die ihn wieder einmal als »unamerikanisch« angreifen, als sozialistischen Eiferer, wenn nicht als schwarzen Verschwörer. Dazu fragen die Konservativen angesichts der Konjunkturflaute fast schadenfroh: »Wo sind die Jobs?«
    Doch auch Obama attackiert den Gegner längst mit Negativkampagnen, die dessen Glaubwürdigkeit gerade dort erschüttern sollen, wo er sie am lautesten reklamiert: in der Wirtschaftspolitik. Romneys vielzitierte Kompetenz als erfolgreicher Geschäftsmann beschränke sich darauf, kühlen Kapitalanlegern den Profit zu maximieren, trommelt das Obama-Lager. Ein Präsident aber müsse an das Wohl aller denken, an den Mittelstand, die sozial Schwachen, daran, dass auch die Reichen sich an Regeln halten. Nicht einmal in seiner Zeit als Gouverneur von Massachusetts habe Romney Jobs geschaffen. »In Wahrheit werfen uns die Republikaner vor«, heißt es in Rundmails demokratischer Strategen, »dass wir ihren eigenen Schlamassel nicht schnell genug aufräumen.«
    Einen Weg zurück aber werde Obama nicht zulassen. »Forward«, nach vorn, erklärten sie zum Wahlkampfmotto, heraus aus der Krise, wenn auch langsam – statt sehenden Auges mit den lernunwilligen Republikanern in die nächste, samt Bankenkollaps und neuer Rezession. Auch der Amtsinhaber beschwört so landauf, landab jubelnde Wählermassen. »Ich habe auf euch gesetzt, die amerikanischen Arbeiter«, ruft er in volle Säle, »und ich tue es weiter, jeden Tag.« Nicht er, die Regierung oder das Management hätten die kriselnden US-Autokonzerne an die Weltspitze zurückgeführt, sondern Teamgeist, Verzichtbereitschaft und Leistungswille der Beschäftigten. »General Motors erzielt die höchsten Gewinne seiner Geschichte«, hält er fest – und erinnert daran, dass Kontrahent Romney damals in der New York Times empfohlen hatte: »Lasst Detroit pleitegehen!«
    So wankt Amerika durch einen Schlagabtausch, der den Wahlkampf des Jahres 2008 verblassen lässt. Noch mehr als um die Wirklichkeit geht es um die Wahrnehmung derselben, um »Spin«, wie man hier sagt. Goldene Zeiten für Blogger, Twitter und die überhitzten News-Networks, die das Wortgemetzel schon seit Beginn der Vorwahlen ganztägig weitertreiben und deren eigene Mitarbeiter sie schon zynisch »24-Stunden-Monster« nennen, die nun einmal gefüttert werden müssten.
    Dabei hätte Amerika weit Wichtigeres zu tun. Politik-Vordenker Zbigniew Brzezinski hält das Land für verwundbarer denn je, durch seine Schuldenlast, das unzulängliche Finanzsystem, die brüchige Infrastruktur, die wachsende soziale Ungerechtigkeit und den politischen Stillstand im Kongress. Zudem trübe der Konflikt zwischen Israel und dem Iran Obamas Aussichten auf eine Wiederwahl. Andere fügen die hohen Spritpreise hinzu, die Eurokrise, den konservativen Obersten Gerichtshof – oder gar Obamas Bekenntnis, dass er auch gleichgeschlechtliche Ehen für

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