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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Horizont zusammenballten. Er entschied sich für eine Notlüge. Was das Wetter betraf, sagte er sogar die Wahrheit, doch auf diese Weise ließ sich das eigentliche Problem kaschieren, denn es musste schließlich nicht sein, dass sich Honor auch noch Sorgen machte.
    »Ich konnte noch keine anständigen Aufnahmen machen. In den letzten Tagen war es zu sonnig, was phantastisch ist und mich freut, weil du und die Mädchen Irland bei Sonnenschein zu sehen bekommt. Aber ich brauche ein wenig Schatten und Regen, um die Atmosphäre wiederzugeben, die ich für meine Arbeit benötige.«
    Seine Arbeiten entstanden in zwei Prozessen: Er errichtete Skulpturen aus Materialien, die er ausschließlich in der Natur fand. Dann fotografierte er sein Werk und gab es der Natur zurück, die ihre zersetzenden Kräfte walten ließ. Der Wind, das Meer, ein Fluss oder die Schwerkraft zerstörten, was er geschaffen hatte; zurück blieben nur die Fotografien, die von ewiger Dauer waren. Nur wenigen Menschen war es vergönnt, seine Installation vor Ort anzuschauen – Honor, ihre Töchter und Bernie und Tom gehörten zu ihnen. Was Kunstliebhaber, Umweltschützer und Träumer in aller Welt kannten, waren die Fotografien von John Sullivan.
    »Sieht so aus, als würde dein Wunsch in Erfüllung gehen.« Sie deutete auf die schwarzen Wolken, die am Horizont heraufzogen.
    »Möglich.« Er umarmte sie. »Dann können wir nach Hause fliegen.«
    Sie hatte beinahe erbittert festgestellt, wie sanft seine Stimme klang. John hatte es nie eilig gehabt, nach Hause zurückzukehren. Seine Kunst war sein Lebensinhalt, und seine Familie musste sich auf seine Reisen und seine Arbeit einstellen. Doch Honor schöpfte bei seinen Worten auch ein wenig Hoffnung – dieses Mal schien er zumindest das
Bedürfnis
zu verspüren, nach Hause zu kommen. Sie bettelte nicht darum. Er wusste vermutlich, wie nahe sie daran waren, ihre Ehe aufs Spiel zu setzen.
    Er hatte die Mädchen gestern mitgenommen, ihnen erlaubt, die Schafe zu streicheln, und ihnen die Steinmauern gezeigt. Mauern, die 1840 zum Schutz gegen die Ausbreitung der Kartoffelfäule errichtet worden waren, gebaut von seinen Vorfahren, die dem Hungertod nahe gewesen waren und bis zum Umfallen geschuftet hatten. Er hatte auf die Karten gedeutet, die er aus Connecticut mitgebracht hatte: Sie zeigten die Mauern, die nach dem gleichen Muster von seinem Urgroßvater auf der anderen Seite des Atlantiks errichtet worden waren, auf dem Anwesen, das den Namen Star of the Sea trug. Er hatte ihnen erklärt, dass das Kreuz an der Spitze seiner Skulptur dem Kreuz auf der Kapelle der Akademie entsprach.
    Agnes hatte auf den Mauern entlangspazieren und Regis an der Skulptur hochklettern wollen, bis ganz nach oben, zum Kreuz. Cece hatte sich an Honor geklammert, aus Angst, der Wind könnte sie von der Klippe hinunterwehen – obwohl die Sonne schien, das Grün aufhellte und dem blauen Meer unter ihnen Glanz verlieh, als der Wind, kaum mehr als ein Wispern an jenem Morgen, aufzufrischen begann.
    Honor hatte sich mit Cece in eine windstille Mulde zurückgezogen, geschützt vor der steifen Brise, und ihren Skizzenblock aus der Jackentasche geholt. Während sie ihre beiden älteren Töchter mit John reden und lachen hörte, machte sie sich daran, seine Skulptur zu zeichnen. Da sie selber Künstlerin war, hatte sie in seiner Arbeit stets Inspiration gefunden – und umgekehrt. Doch seit geraumer Zeit fühlte sie sich nur noch entmutigt. Während sie seine Skulptur skizzierte – die sich am Ende der Welt befand, wie es ihr vorkam –, ihre jüngste Tochter im Arm, dachte sie wehmütig daran, wie viel Freude ihr die Kunst früher geschenkt hatte. Doch während Johns Arbeit an Dynamik gewann, hatte sie sich selbst und ihre eigenen künstlerischen Ambitionen aus den Augen verloren. Vielleicht konnte sie das Ruder doch noch herumreißen …
    Für heute war das sanfte Grün Irlands verschwunden, weggewaschen vom kalten, strömenden Regen. Grau und beharrlich hüllte Nebel die Landschaft ein. Statt in ihrer düsteren Stimmung bestärkt zu werden, fühlte sie sich gleichwohl glücklich und geborgen im Kreis ihrer Familie – alle waren wieder vereint. Der Ostwind hatte sich inzwischen zu einem Orkan entwickelt, der heulend vom Meer heraufzog, weiße Schaumkronen in die Gischt blies und die dunkle Bucht aufwühlte. Honor hatte das Gefühl, für immer auf eine einsame Insel am Ende der Welt verbannt zu sein.
    Sie spürte Johns warmen

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