Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet
Kinder verziehen sich vorsichtshalber in die äußerste Ecke des Sandkastens oder suchen Schutz auf Mutters Schoß. Denn wenn Niklas nicht bekommt, was er will, kann er schon mal um sich schlagen, boxen oder beißen. Und auch heute dauert es keine drei Minuten, da bricht das erste Opfer in Tränen aus: Niklas hat es auf Emmas Förmchen abgesehen. Emma ist bereit, ihm ein Förmchen abzugeben, und hält ihm einen Stern hin. Aber Niklas will auch die anderen Sterne und den Mond und die Sonne. Das will Emma aber nicht. Niklas greift daraufhin zu seiner bewährten Methode, um zu zeigen, dass er die stärkeren »Argumente« hat. Er verpasst Emma einen heftigen Schubser. Sie fällt zu Boden und weint.
Wie würden Sie reagieren?
Sie gehen dazwischen und veranlassen, dass sich Ihr Niklas bei Emma entschuldigt.
Sie nehmen Ihren Sohn aus der Situation und gehen nach Hause mit den Worten: »Jetzt werden wir eine Woche lang nicht zum Sandkasten gehen.«
Sie gehen ruhig auf Niklas zu, fassen ihn kurz an, schauen ihn an und sagen leise, aber bestimmt: »Nein, Niklas, nein!«
12. »Was sind schon drei Minuten?«
Der zehnjährige Stefan neigt dazu, Absprachen nicht einzuhalten. Vor allem mit der Pünktlichkeit nimmt er es nicht sehr genau und hat immer wieder Entschuldigungen parat, wenn er die verabredete Zeit nicht einhält. Nachdem er das letzte Mal eine ganze Stunde zu spät gekommen war, haben seine Eltern eine Konsequenz mit ihm abgesprochen: Wenn Stefan wieder zu spät kommt, darf er sich am nächsten Tag nicht mit seinem Freund treffen. Heute ist Stefan wieder unterwegs und hat versprochen, um sieben Uhr zurück zu sein. Aber um sieben Uhr ist die ganze Familie um den Esstisch versammelt. Nur Stefan fehlt. Drei Minuten später kommt er angehetzt. Seine Eltern empfangen ihn mit mahnenden Blicken. Aber ehe sie etwas sagen können, erklärt Niklas: »Ja, es ist schon gut. Ich weiß, ich bin zu spät. Aber was sind schon drei Minuten?«
Wie würden Sie reagieren?
Sie erklären Stefan, dass er sich wieder nicht an die Vereinbarung gehalten hat und deshalb seinen Freund am nächsten Tag nicht besuchen darf.
Ihnen wäre es zwar lieber gewesen, dass Ihr Sohn ganz pünktlich gekommen wäre. Aber Sie sind froh, dass er die Zeit wenigstens fast eingehalten hat, und sagen nichts. Denn eigentlich hat er recht: »Was sind schon drei Minuten?«
Sie erklären Stefan, dass er die Grenze überschritten hat. Aber wegen drei Minuten machen Sie nicht viel Aufhebens, schließlich sieht er seinen Fehler pflichtschuldig ein.
13. »Alle anderen dürfen!«
Christine Schmidt macht mit ihrer zwölfjährigen Tochter Annegret eine Shoppingtour. Annegret hat sich in ein knappes, bauchfreies T-Shirt verliebt, das sie unbedingt haben will. Ihre Mutter will es ihr aber nicht kaufen. Annegret will es wenigsten einmal anziehen. Ganz recht ist das Christine nicht. Aber ehe sie es ihrer Tochter verbieten kann, ist die schon in der Umkleidekabine verschwunden. Begeistert betrachtet sich Annegret mit dem Teil im Spiegel, dreht sich nach allen Seiten, posiert in Supermodelposen und erklärt begeistert: »Mami, bitte! Genauso ein Teil habe ich mir immer gewünscht.« Christine Schmidt findet es aber zu gewagt und bleibt zunächst standhaft: »Ich möchte wirklich nicht, dass du so etwas anziehst.« Ihre Tochter will das partout nicht einsehen. »Mami, bitte! Alle anderen dürfen! Jetzt sei doch keine Spielverderberin. Ich kann das auch von meinem Taschengeld bezahlen. Bitte!!!«
Wie würden Sie reagieren?
Weil alle anderen dürfen, wollen Sie nicht so sein. Schließlich soll Ihre Tochter sich nicht ausgeschlossen fühlen. So geben Sie schließlich nach, auch wenn Ihnen nicht ganz wohl dabei ist.
Sie sind verärgert und drohen mit Sanktionen: »Jetzt hör auf zu betteln. Mit diesem Teil läufst du mir nicht rum! Und wenn du es dir von deinem Taschengeld kaufst und ich erwisch dich, dann bekommst du Hausarrest.«
Sie bleiben konsequent und versuchen, Ihre Tochter mit Worten zu überzeugen, welche Sorgen Sie sich bezüglich ihres Outfits machen.
14. »Nein, nein, nein!«
Das erste Wort, das Melanie sprechen konnte, war »Nein!« Und dieses Wort ist bis heute ihr Lieblingswort geblieben. Melanie ist inzwischen neun Jahre alt. Und egal, worum es sich handelt, Melanie geht grundsätzlich in Opposition und sagt erst einmal »Nein!«. So hat sich ihre Mutter Evelyn schon angewöhnt, Melanie nur in dringenden Fällen um Hilfe zu bitten. Und heute ist so ein Fall. Besuch
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