Wie Sommerregen in der Wueste
Trotzdem war er überrascht gewesen, als seine Assistentin ihm Celias Präsentationsmappe auf den Tisch gelegt hatte.
Er hatte den Zufall als Zeichen dafür genommen, endlich und ein für alle Mal mit der Vergangenheit aufzuräumen.
„Herausforderungen schrecken mich nicht“, entgegnete sie. „Außerdem ist der Ort neu für mich.“
„Du bist sicher viel unterwegs.“
„Ja. Mein Büro ist in Manhattan, und ich wohne in Connecticut, also in der Nähe, aber ich bin immer den halben Monat anderswo.“
Salim wurde neugierig. „Und dein Freund hat nichts dagegen einzuwenden?“
„Ich habe keinen Freund“, antwortete sie kurz angebunden und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
„Das tut mir leid.“ Erleichtert atmete er auf.
„Warum? Ich führe ein sehr erfülltes Leben.“ Sie fragte sich, weshalb sie ihm leidtun sollte. Vor vier Jahren hatte sie ihm mitgeteilt, dass sie nicht geheiratet hatte. Vielleicht fühlte Salim sich schuldig, weil er wusste, dass sie ihn nicht vergessen konnte? Da bildete er sich dann doch wohl etwas zu viel ein, fand Celia.
Salim hatte sie jedenfalls niemals vergessen und gab ihr die Schuld daran, dass seine Ehe nicht funktioniert hatte. Und das, obwohl Celia während dieser Zeit dreitausend Meilen weit entfernt gewesen war. Nach der leidenschaftlichen Nacht vor vier Jahren war ihm bewusst geworden, dass es ihm nie gelingen würde, eine gute Ehe zu führen, solange er sich nach einer anderen Frau sehnte.
Darum hatte er beschlossen, Celia Davidson ein für alle Mal aus seinem Herzen und aus seinem Gedächtnis zu vertreiben. Es würde schwierig werden, aber es gab keinen anderen Weg. Die Zukunft der Al-Mansur-Dynastie hing davon ab.
Bald ließen sie die weißen, würfelförmigen Häuser von Salala hinter sich und fuhren durch Palmenplantagen. Verblüfft schaute Celia auf die grüne Pracht, die sich kilometerweit entfaltete. Woher kam bloß all das Wasser für die Bäume?
Als hätte Salim ihre Gedanken erraten, sagte er plötzlich: „In Salala fällt mehr Regen als anderswo in Oman.“
„Wie praktisch für deine Hotelanlagen. Wie viele besitzt du mittlerweile?“, fragte sie betont sachlich.
„Zuletzt waren es zwölf.“
Sie fuhren um eine Kurve. Celia fiel auf, wie sicher und ruhig er den schweren Wagen steuerte.
„Du hast eine Menge Palmen gekauft“, meinte sie bewundernd und dachte dabei, dass er so etwas wahrscheinlich aus der Portokasse zahlte.
Sein Mundwinkel zuckte. Celia war nicht sicher, ob es ein amüsiertes oder ein verächtliches Lächeln war. „Ich kaufe noch ein paar mehr, wenn das Schicksal es mir erlaubt.“
Als sie an den letzten Plantagen vorbeigefahren waren, eröffnete sich die beeindruckende Landschaft vor ihnen. Hier sah es genau so aus, wie Celia es sich vorgestellt hatte: öde, steinige Leere. Manche Gebiete waren halt so, aber es gab immer wieder Landbesitzer, die sich damit nicht abfinden wollten. Dann wurden Bewässerungsanlagen gebaut, um aus einem Ort eine grüne Oase zu machen, der dafür nicht geschaffen war.
Plötzlich musste sie blinzeln, weil sie etwas sah, das absolut nicht hierher zu passen schien. Diese Berge da hinten – die waren nicht kahl, sondern grün.
„Das sind die Nebelberge“, informierte Salim sie.
„Wahnsinn!“ Mehr brachte Celia in diesem Moment nicht hervor.
Über die Berge zog sich ein Wolkenband, und die Landschaft wirkte so üppig und fruchtbar wie Vermont. Es musste ein Paradies sein.
Celia schluckte und überlegte, dass es besser gewesen wäre, sich vor ihrer Reise über Oman zu informieren. Aber sie war so nervös und angespannt gewesen, dass sie es einfach nicht fertiggebracht hatte. Wenn Salim früher über seine Heimat gesprochen hatte, war er immer sehr euphorisch gewesen. Ein Land voller Überraschungen, hatte er gesagt. Und Celia war sicher gewesen, dass er sie eines Tages dorthin mitnehmen und ihr seine Heimat zeigen würde.
Wie seltsam, jetzt, nach so langer Zeit, und nach allem, was geschehen war, neben ihm im Auto zu sitzen! In Salims Gegenwart fühlte sie sich überhaupt nicht unwohl oder befremdet.
Ach, aber weshalb auch? Schließlich waren sie zu Collegezeiten zwei Jahre lang zusammen gewesen. Aus Jugendlichen waren Erwachsene geworden, die gemeinsam die Sexualität entdeckt hatten.
Celia errötete, als sie daran dachte, wie wunderbar es war, mit Salim zu schlafen. Sie waren so glücklich gewesen – sie war ganz selbstverständlich davon ausgegangen war, dass sie heiraten und
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