Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)
Jake. Wenn man es so nennen wollte. Bislang war es eher so, als würden meine Brustwarzen in kleine Stücke gekaut, während mein Baby hungerte. Er wurde allmählich sauer auf mich, und ich konnte es ihm nicht verübeln. Er saugte so eifrig, und wofür? Er quengelte und schlief ein. Ich überlegte, ihn dicht neben seinen Vater zu legen, befürchtete aber, Ty könne sich versehentlich auf ihn legen und ihn zerquetschen. Stattdessen packte ich ihn in sein Bettchen, setzte mich an den Computer und mailte Peg ein paar Bilder.
Ich ging unter die Dusche, und während das heiße Wasser über mich strömte, schoss die Milch ein. Ich spürte ein ganz merkwürdiges Kribbeln, Ziehen und Dehnen. Ich konnte zusehen, wie meine Brüste sich füllten und nach oben gingen wie Jahrmarktsballons. Sie waren plötzlich riesig, steinhart und kurz vor dem Platzen. Ich verließ die Dusche und rannte ins Schlafzimmer.
»Ty!«
Er schreckte aus dem Schlaf, drehte sich auf die Seite und blinzelte mich an.
Ich öffnete den Bademantel.
Mit aufgerissenen Augen setzte er sich auf. »Heilige Scheiße!«
Ich holte Jake aus dem Bettchen. Ty türmte Kissen hinter mir auf. Jake schnappte zu und sein erster Zug löste den Druck, so dass ein kräftiger Milchstrahl austrat. Es war, als hätte man in einen Wasserballon gepiekt. Ich legte Jake an die andere Brust und er trank gierig, so ausgehungert, wie er war.
»Mein armer Junge«, sagte ich. »Hast solchen Hunger!«
»Wow, was für Euter!«, sagte Ty grinsend.
»Ich bin doch keine Kuh!«, protestierte ich.
Er berührte meine freie Brust. »Sieht so aus, als wäre noch genug für mich da.«
»Ih!«, protestierte ich. Fasziniert und angewidert zugleich.
Er sah den Konflikt in meinem Gesicht und lachte. »War doch nur Spaß.«
Ein seltsamer Sommer
Mein Leben hatte sich auf merkwürdige Weise verändert.
Ich arbeitete nicht und hatte ununterbrochen dieses kleine, vollkommen von mir abhängige Wesen um mich. Mein Körper war erschöpft und weich, und ich versuchte, trotz des wenigen Schlafs wieder zu meiner alten Form zurückzufinden.
Und all der schöne kastanienfarbene Flaum von Jake? Fiel aus, und stattdessen bekam er einen stylischen Glatzkopf. Doch meine Mutter versicherte mir, dass seine Haare früher oder später nachwachsen würden.
Ty war jeden Tag viele Stunden fort, arbeitete an seiner Platte, nahm an Meetings teil oder telefonierte mit Produzenten, Anwälten, Presseleuten und allen möglichen Geschäftsleuten, die ich nicht kannte. Er gab Radio- und Zeitschrifteninterviews.
Sogar, wenn er zu Hause war, war er oft mit den Gedanken ganz woanders. Mitten in einer Unterhaltung merkte ich plötzlich, dass er mir gar nicht mehr zuhörte, weil die Musik in seinem Kopf mich übertönte. Es half mir, dass er mir Probeaufnahmen mitbrachte, die ich mir anhören konnte.
Als mir noch zwei Wochen Elternzeit blieben, besuchte ich mit Jake zusammen Lavelle, Lakshmi und die anderen bei SASS. Sie waren so süß zu Jake! Alle wollten ihn auf den Arm nehmen.
Ich eröffnete Lavelle, dass ich beschlossen hatte, nicht sofort wieder voll zu arbeiten, jedenfalls nicht im ersten Jahr. Ich entschuldigte mich, dass ich erst so kurzfristig Bescheid sagte. Sie reagierte unglaublich nett und fragte, ob ich ein bisschen von zu Hause aus für sie arbeiten wolle. Schreibarbeiten: Anträge, Broschüren, Workshopanleitungen.
Ich stimmte begeistert zu. Hauptsache, ich verblödete nicht gänzlich!
Außerdem meldete ich mich bei einem Memoire-Workshop an, der sich Erzähle deine Wahrheit, ohne dass andere dich hassen werden nannte.
Ich hatte schon oft darüber nachgedacht, eines Tages etwas zu schreiben. Warum also nicht mit etwas beginnen, was mit mir selbst anfing? Nur zur Übung, natürlich, und zur Selbstreflexion. Und ehrlich gesagt hatte ich anfangs vor, über meinen Dad und mich zu schreiben. Aber als ich dann die erste Seite schrieb, erheiterte es mich Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde zu tippen. Und plötzlich war ich wie besessen. Wie bei diesem Film, Die roten Schuhe . In dem die Ballerina ihre Schuhe anzieht, und nicht mehr aufhören kann, zu tanzen. Sie tanzt und tanzt und tanzt. Sie weint, hungert, ist völlig erschöpft und tanzt dennoch. Genau so war es, nur dass ich schreiben musste. Ich schrieb mit der einen Hand, während ich mit der anderen Jake stillte. Wenn ich besser schlafen sollte, weil er gerade schlief. Ich nahm den Laptop sogar mit ins
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