Wie verführt man einen Star?
Achseln. „Ganz besonders im Hinblick auf meine Patienten.“
Lucan nickte zustimmend. „Etwas anderes würde Jordan auch nicht akzeptieren.“ Dann lehnte er sich auf seinem schwarzen Ledersessel zurück und seufzte. „Er hat keine Ahnung, dass ich Ihnen diesen Job geben will“, gestand er leise.
Das hatte Stephanie sich schon gedacht. Natürlich machte es ihre Aufgabe nicht gerade leichter, wenn der Patient ihr gegenüber eine feindselige Haltung einnahm, noch bevor sie mit der gemeinsamen Arbeit begonnen hatte. Andererseits waren ihr schon früher schwierige Patienten begegnet. Im Grunde war keiner von ihnen leicht im Umgang. Doch immerhin basierte ein großer Teil von Stephanies beruflichem Erfolg auf ihrer allgemein bekannten Fähigkeit, selbst mit unkooperativen Patienten gut zurechtzukommen.
„Soll das bedeuten, Sie wollen ihn mit mir überraschen?“, erkundigte sie sich trocken.
Er schnitt eine Grimasse. „Wenn Sie es so nennen möchten? So oder so wird er Sie wohl eher zum Teufel schicken, als Sie in seine Nähe zu lassen.“
Nachdenklich schob Stephanie die Lippen vor. „Falls Sie mir den Auftrag erteilen, müssen wir eben dafür sorgen, dass es ihm unmöglich ist, mich hinauszuwerfen. Sie sagten, das Haus in Gloucestershire gehört Ihnen persönlich?“
Aufmerksam sah er sie an. „Es befindet sich auf einem größeren Anwesen, das im Besitz dieses Unternehmens ist, ja.“
„Als Vorsitzender der Firma haben Sie wohl ein Recht darauf, zu bestimmen, wer sich dort aufhält und wer nicht.“
In seinen Augen blitzte nun doch so etwas wie Humor auf. „Sie hätten also kein Problem damit, einfach dorthin zu fahren und sich den Konsequenzen zu stellen?“
„Wenn mir mein Patient keine andere Wahl lässt, dann nein“, versicherte sie ihm schlicht.
„Ich glaube, in Ihnen hat Jordan einen ebenbürtigen Gegner gefunden.“
„Als Gegner würde ich mich nicht bezeichnen, wenn Sie mich tatsächlich mit Ihrem Bruder arbeiten lassen.“ Innerlich jubelte Stephanie, weil sie den Job so gut wie in der Tasche hatte.
„Arbeit werden Sie sicherlich viel mit ihm haben“, entgegnete Lucan kryptisch. „Jordan hasst Therapeuten und ihr ewiges Geschubse und Gezerre, wie er es nennt.“
„Ich schubse und zerre grundsätzlich nicht, Mr St. Claire“, widersprach Stephanie kühl, freute sich im Stillen aber über die Herausforderung, einen widerspenstigen Patienten zu zähmen und ihm zu helfen. „Ich könnte gleich nächste Woche beginnen, wenn Ihnen das passt?“
Lucan brauchte nicht zu wissen, wie froh sie war, London möglichst schnell hinter sich lassen zu können. Weg von Rosalind Newman und ihren haltlosen Verdächtigungen, die sich für Stephanie als ausgesprochen rufschädigend herausstellen könnten. In ein paar Wochen war wenigstens etwas Gras über die ganze Sache gewachsen.
„Das passt sogar hervorragend“, stimmte er sichtlich erfreut zu.
Stephanie konnte seine Erleichterung gut nachvollziehen. Schließlich wusste sie aus Erfahrung, wie viele bewegungseingeschränkte Menschen mit ihrem Schicksal haderten und keine Geduld dafür aufbrachten, ihre Rehabilitation in die eigenen Hände zu nehmen. Und diese Haltung belastete oft auch die Familie und das persönliche Umfeld der Betroffenen. Und selbst wenn Lucan St. Claire für seine Arroganz und Kälte berühmt-berüchtigt war, so liebte er seinen kleinen Bruder offensichtlich sehr.
„Ich brauche einen Schlüssel zum Haus und eine Wegbeschreibung“, verkündete Stephanie pragmatisch. „Alles Weitere können Sie dann getrost mir überlassen.“
Jordan hatte keine Ahnung, wer oder was da auf ihn zukam!
1. KAPITEL
„Wer, zur Hölle, sind Sie? Und was haben Sie in meiner Küche verloren?“
Stephanie war schon vor gut einer Stunde am Tor von Mulberry Hall angekommen, hatte mehrfach geschellt und dann an die Haustür geklopft.
Nachdem sich aber nichts rührte, musste sie davon ausgehen, Jordan St. Claire wäre entweder nicht da oder weigerte sich schlicht, ihr zu öffnen. Deshalb blieb ihr keine andere Wahl, als sich mit ihrem Schlüssel selbst Einlass zu verschaffen.
Neugierig hatte sie die Räume im Erdgeschoss erkunden wollen, war jedoch nicht weiter als bis in die geräumige Küche gekommen. Das dreckige Geschirr und die allgemeine Unordnung stellten einen brutalen Angriff auf ihr angeborenes Bedürfnis nach Sauberkeit und Übersicht dar. Sie bezweifelte stark, dass Jordan seit seiner Ankunft vor einem Monat auch nur eine Tasse
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