Wie zaehmt man einen Scheich
ungestraft durchgehen lassen.
Doch er überraschte sie damit, dass er die Lippen zu einem Lächeln verzog – zu einem Krokodilslächeln. „Welch seltsame Gebräuche ihr in Jemeya doch habt. Ich frage mich, wofür dieses zweite Mal steht. Als Symbol für ewige Liebe und Treue? Oder ist es ein Versprechen auf leidenschaftliche Nächte?“
„Sie wissen genau, weshalb ich Sie geohrfeigt habe. Wie sonst hätte ich Sie davon abhalten sollen, sich wie ein Barbar aufzuführen?“
„Möglicherweise war nicht eindeutig, dass Sie aufhören wollten.“ Ihre fassungslose Miene ließ ihn hinzufügen: „Ihr Körper übermittelte zumindest eine andere Botschaft.“
„Dann haben Sie nicht richtig zugehört!“
Er drehte den Kopf, zeigte ihr die drei roten Striemen auf seiner Wange. „Das wird Ihnen noch leidtun.“
Fast hätte sie aufgelacht. Seine Drohung schreckte sie nicht. „Das glaube ich eher nicht. Mir tut allerdings leid, dass ich wirklich glaubte, gestern Nacht gerettet worden zu sein. Dabei bin ich nur in den nächsten Albtraum entführt worden. Mir tut es leid, dass ich tatsächlich Zeit darauf verschwendet und mir Ihr irrwitziges Konstrukt angehört habe. Und Sie tun mir zutiefst leid, weil Ihnen überhaupt nicht klar ist, wie gestört Sie sind. Aber dass ich Sie geohrfeigt habe, tut mir nicht leid. Das hatten Sie verdient.“
Zoltan verzog abschätzig den Mund. „Ich sollte Sie zu Mustafas Lager zurückbringen. Mein Halbbruder hat eine Frau wie Sie verdient, eine Frau, die ihm das Leben zur Hölle macht.“
Nicht nur perlte seine Beleidigung an ihr ab, sie fachte Aishas Wut weiter an. Von jemandem wie ihm würde sie sich nicht einschüchtern lassen. „Sie irren, wenn Sie sich einbilden, Sie wären anders als er.“
Sein Gesicht lief dunkelrot an, die Sehnen an seinem Hals traten hervor. „Er und ich haben nichts gemein.“
„Sie beide sind verachtenswert! Beide unfähig, über eine Dynastie zu herrschen, geschweige denn über ein ganzes Königreich.“
„Und wer soll König von Al-Jirad werden?“
„Das sollen andere regeln. Ich sage es noch einmal, und mein Vater wird es Ihnen bestätigen: Ich heirate keinen von Ihnen beiden!“
„Tun Sie das, Prinzessin, reden Sie mit Ihrem Vater. Und reden Sie sich ein, was Sie wollen. Sie vergeuden nur Energie und Zeit. In weniger als vierundzwanzig Stunden sind wir verheiratet, ob es Ihnen passt oder nicht.“
„Nur über meine Leiche!“
„Wenn das nötig ist …“ Ein gefährliches Glitzern trat in seine Augen, die Striemen auf seiner Wange leuchteten tiefrot.
Hätte der Wesir nicht ausgerechnet diesen Moment gewählt, um einzutreten, hätte Aisha zu einer zweiten Ohrfeige ausgeholt.
Natürlich hatte man ihr eingehämmert, dass Prinzessinnen nicht handgreiflich wurden, aber sie war mit Brüdern aufgewachsen. Ihre Brüder mochten junge Prinzen gewesen sein, aber sie hatten die Schwestern ganz bestimmt nicht wie Prinzessinnen behandelt. Oh ja, sie wusste genau, wie man mit Rüpeln umging.
„Was gibt es, Hamzah?“, fragte Zoltan.
Der Wesir starrte auf die roten Striemen auf Zoltans Wange, sah dann fassungslos zu Aisha, blinzelte und wandte sich wieder an den Scheich.
„König Ashar ist am Telefon. Er möchte mit der Prinzessin sprechen.“
Endlich! Aisha lächelte erleichtert. Endlich konnte sie mit ihrem Vater reden. Er würde diesen verrückten Heiratsplänen ein Ende setzen. Er würde ihr zuhören, und sie brauchte nicht länger gegen eine undurchdringliche Wand anlaufen. „Wo kann ich den Anruf annehmen?“
Als der Wesir mit einer Verbeugung zu dem Telefon auf dem Schreibtisch zeigte, musste Aisha sich zurückhalten, um nicht loszuspurten. Sie musste ihren Vater wissen lassen, was passiert war. Er mochte denken, sie sei in Sicherheit, dabei war sie nur von einem Despoten in die Hände des nächsten gereicht worden. Ihr Vater war getäuscht worden, man hatte ihm absichtlich Dinge verschwiegen. Er konnte nicht wissen, was dieser Mann hier vorhatte …
„Wir werden Sie jetzt allein lassen, Prinzessin, damit Sie mit Ihrem Vater sprechen können …“, erklärte Zoltan und wandte sich zusammen mit Hamzah zum Gehen.
„Bleiben Sie ruhig. Es wird Sie sicher interessieren, was mein Vater zu sagen hat.“ Sie wollte, dass er mithörte, es sollte keine Missverständnisse geben. Endlich konnte sie mit einem vernünftigen Menschen reden, mit jemandem, dem an ihr lag, der in ihr nicht nur ein bewegliches Gut in einem Businessdeal sah. Und dann
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