Wie zaehmt man einen Scheich
hatte, sonst würde sie wahrscheinlich noch am Telefon mit ihrem Vater wüten und toben und hysterische Anfälle bekommen. Sich ihm zu stellen, nachdem er Zeuge der Blamage geworden war, konnte nicht leicht sein. Für niemanden, schon gar nicht für eine verwöhnte Prinzessin.
Sie blinzelte noch einmal, bevor sie ihn ansah. „Mein Vater – Scheich Ashar – hat mir erklärt, dass ich keine Wahl habe. Offensichtlich haben wir beide keine Wahl. Es scheint um sehr viel mehr als eine bloße Allianz zu gehen. Er sagt, dass, sollte diese Hochzeit nicht stattfinden, unsere beiden Familien das Recht auf den Thron verlieren. Somit würde dann nicht nur Al-Jirad ohne König dastehen.“
Ihm war das bereits klar gewesen, doch sie hätte es ihm nicht geglaubt, wenn er es ihr mitgeteilt hätte. Besser, dass ihr Vater das übernommen hatte. „Dann wäre das also geklärt. Keiner von uns kann der Hochzeit entkommen.“
Die Augen, mit denen sie ihn anblickte, waren ebenso leer wie die Stimme, mit der sie sprach. „Nicht, wenn mein Vater den Thron und meine Brüder nicht ihr Geburtsrecht verlieren sollen.“ Sie holte tief Luft, schien sich mit dem Atemzug aufzurichten und größer zu werden. Sie hob das Kinn, auch wenn noch immer ein feuchter Schimmer in ihren Augen lag. „Das werde ich meiner Familie natürlich nicht antun.“
„Natürlich nicht.“
„Es sieht aus, als gäbe es keinen Ausweg.“
Er sah ihr nach, wie sie den Raum verließ – mit geradem Rücken, den Kopf stolz erhoben, würdevoll und beherrscht, und er musste zugeben, dass Hochmut ihr stand. Sie war wieder ganz die dünkelhafte Prinzessin, sah man von der ungezähmten Haarpracht ab, die ihr frei und wild über den Rücken fiel. Haar, das sich wie Seide anfühlte. Er erinnerte sich, wie es auf seinem Arm gelegen hatte, spürte noch immer die süße Hitze ihrer Lippen, die weibliche Nachgiebigkeit ihres Körpers an seinem, und unwillkürlich entfuhr ihm ein knurrendes Stöhnen.
Trotz allen Protests und Widerstands … hinter der Fassade von Überheblichkeit und Selbstverliebtheit verbarg sich eine leidenschaftliche Frau. Es würde ihm großen Spaß bereiten, die Fassade einzureißen.
„Was ist denn mit dir passiert?“ Das Lachen in Rashids Frage war nicht zu überhören, als er mit den anderen beiden Freunden die Bibliothek betrat und die Striemen auf Zoltans Wange sah.
„Lass mich raten.“ Bahir grinste wissend. „Die Prinzessin.“
Kadar setzte sich auf die Schreibtischkante und studierte die Kratzer im Gesicht des Freundes genauer. „Kein Wunder, dass mein Feuerwerk sie nicht beeindruckt hat. Sie ist scheinbar selbst eines.“
Zoltan lehnte sich in den Stuhl zurück und massierte sich die Nasenwurzel. Nach Stunden des Auswendiglernens schwirrte ihm der Kopf von Zitaten und Versen. Seine Freunde würden das sicherlich äußerst amüsant finden. Noch mehr würden sie sich amüsieren, wüssten sie, was er getan hatte, um zu diesen roten Streifen zu kommen.
„Ich bin immer froh, wenn ich zur allgemeinen Erheiterung betragen kann. Was tut ihr überhaupt hier? Wolltet ihr nicht heute mit den Falken in die Wüste reiten?“
„Wir dachten, du wärst vielleicht einsam.“ Rashid nahm einen Briefbeschwerer vom Schreibtisch, um Ball damit zu spielen.
„Lass die Kugel bloß nicht fallen.“ Zoltan war dankbar, das Thema wechseln zu können. „Das ist Murano-Glas, über dreihundert Jahre alt. Ein Geschenk des damaligen Scheichs an seine Frau. Soll ein Vermögen wert sein.“
Bahir besah sich die Glaskugel genauer, dafür drehte Kadar jetzt den dicken Buchband, der vor Zoltan lag, schwungvoll zu sich herum. „Und was ist das?“
„Das Heilige Buch von Al-Jirad. Bis zur Krönung muss ich es auswendig können.“
„Was denn? Alles?“
„Alles“, bestätigte Zoltan. „Jedes einzelne Kapitel, jeden einzelnen Vers. Damit ich die Weisheit des gesamten Universums parat habe und zu gegebener Zeit prompt zitieren kann.“
Rashid pfiff durch die Zähne. „Wie gut, dass wir zu deiner Rettung gekommen sind.“
Kadar schlug das Buch zu, bevor Zoltan ihn aufhalten konnte, und sprang vom Schreibtisch. „Komm mit.“
„Keine Zeit“, knurrte Zoltan. „Wir sehen uns beim Dinner.“
„Du hast nicht einmal ein paar Minuten für deine besten Freunde, wenn wir alle die weite Reise auf uns genommen haben, um dir zu helfen? Das ist ja wirklich nett.“
Rashid ließ die Glaskugel in einer Hand auf und ab tanzen. „Ein echtes Armutszeugnis. Wir
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