Wiedersehen in Barsaloi
ich als 26-jährige, hübsche Frau auf Geheiß meines damaligen Freundes den Kopf drehte und direkt in die stolzen Augen meines späteren Ehemannes Lketinga sah. Groß, graziös, exotisch und unglaublich schön stand er da, sein Gesicht mit Ornamenten bemalt und mit Schmuck verziert, sein langes, rotes Haar zu feinen Zöpfen geflochten, sein nackter Oberkörper mit Perlenschnüren verziert. Sein Anblick verschlug mir den Atem und berauschte mich völlig.
Klaus reißt mich aus meinen Gedanken, als er mich fragt, ob ich den Massai hinter mir gesehen hätte. »Natürlich«, antworte ich lachend, »gut, dass du nicht Marco bist und unser junger Krieger hier nicht Lketinga ist!«
Kurz darauf legt die Fähre an und wir marschieren zu unserem Taxi, das uns zur Diani Küste bringt. Auf dem Weg zur Küstenstraße versuche ich, unseren ehemaligen Souvenirshop ausfindig zu machen, was sich allerdings etwas schwierig gestaltet, da sich alles verändert hat. Überall wurde gebaut. Wo früher Buschland war, sind heute Golfplätze, neue Hotelanlagen und Wohnsiedlungen.
Wir müssen die Straße drei Mal abfahren, bis ich endlich das weiße Gebäude erkenne. Doch zu meiner Enttäuschung befinden sich keine Läden mehr darin. Offensichtlich wurden die Räume zu Wohnungen umfunktioniert. Der ganze Komplex ist mit einem hohen Zaun abgesichert. Also gibt es hier nichts zu besichtigen. Ich weiß zwar nicht, was ich eigentlich erwartet habe, finde es aber schade, dass sich hier alles nahezu bis zur Unkenntlichkeit verändert hat.
Wir fahren weiter zum Africa-Sea-Lodge, dem Hotel, in dem ich wohnte, als ich das erste Mal – damals noch als Touristin – in Mombasa war. Eigentlich hatte ich die Hoffnung, vielleicht Priscilla am Strand zu finden. Mit ihr lebte ich in meiner ersten Mombasazeit ein paar Monate zusammen und sie hat mir viel geholfen. Von einigen Touristen hatte ich gehört, dass sie immer noch Kangas verkauft. Doch der erneut einsetzende Regen verspricht wenig Erfolg. Am Hotel angekommen, sehe ich sofort, dass sich die gegenüberliegende Seite ebenfalls völlig verändert hat. Mehrere Straßen führen in den Busch und im Hintergrund erblicke ich eine Schule. Wahrscheinlich gibt es das Kamau-Village, wo ich das letzte halbe Jahr in Kenia gelebt habe, auch nicht mehr. Diese Vermutung können wir jedoch nicht überprüfen, da die Wege in den Busch vom Regen zu sehr aufgeweicht sind. Wir betreten die Hotelanlage. Wenigstens diese hat sich kaum verändert, außer dass sie mit wesentlich weniger Touristen belegt ist.
Nach einer Kaffeepause scheint endlich die Sonne. Ich ziehe meine Sandalen aus und laufe barfuß am weißen Sandstrand entlang. Vereinzelte Strandverkäufer sprechen mich an, andere stellen ihre Bilder und Masken zum Verkauf auf. Ich entdecke meinen Lieblingsplatz am Strand. Dort saß ich nach dem ersten »missratenen« Kuss von Lketinga und drei Jahre später fast jeden Sonntag, während unsere kleine Tochter im Sand spielte. Hier saßen wir auch zusammen mit Papa Saguna, als er das erste Mal das Meer sah und ihm dabei vor Angst fast schlecht wurde. Ich lasse meinen Erinnerungen, Gefühlen und Gedanken freien Lauf, während meine Füße sich bei jedem Schritt in den Sand graben. Mir wird bewusst, wie stark meine Faszination für Kenia geblieben ist, am stärksten jedoch für den Teil des Landes, der am härtesten zu bewältigen ist – das Samburuland. Ich spüre aber auch, dass ich nicht mehr in Kenia leben wollte und könnte, weder im Samburuland noch hier an der Küste.
Es hält mich nichts mehr in Mombasa und ich bin froh, als wir zum Flughafen fahren. Noch einmal benutze ich die Likoni-Fähre. Hier werde ich wohl immer weiche Knie bekommen, mit oder ohne Massai im Hintergrund! Hier überfielen mich Gefühle, die sich kaum erklären lassen, auch heute noch nicht. Dennoch kann ich aus tiefster Überzeugung sagen, dass ich nichts von dem, was ich gefühlt, gewagt und erlebt habe, bereue.
Ich bin glücklich, dass ich eine wunderbare afrikanische Familie habe, und ich habe es als großes Geschenk empfunden, nach vierzehn Jahren wieder so herzlich in ihrer Mitte aufgenommen worden zu sein.
Jetzt aber möchte ich nur noch nach Hause zu meiner Tochter. Eine große Sehnsucht überfällt mich, sie endlich wieder in die Arme zu schließen und ihr von ihrer afrikanischen Familie zu berichten.
Bildteil
Bei meiner ersten Kenia-Reise 1986
Der geschmückte Samburu-Krieger Lketinga 1987
In verliebten Zeiten
Meine
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